„Wir haben zu lange Postfaktisches, wenn nicht sogar Antifaktisches akzeptiert.“ Natalie Grams-Nobmann ist Ärztin. 2015 veröffentlichte sie das Buch „HomöopathieHomöopathie Der deutsche Arzt Samuel Hahnemann postulierte gegen Ende des 18. Jh.s: »Ähnliches heilt Ähnliches«. So leitet sich das Wort Homöopathie von Homoion (für ähnlich) und Pathos (für Leiden) ab. Hahnemann verfolgte die Theorie, dass der Auslöser einer Krankheit oder der Auslöser für bestimmte Symptome auch zu deren Therapie genutzt werden kann. Bekanntestes Beispiel dafür ist die Chinarinde, mit der früher Malaria behandelt wurde. Die Einnahme dieser löste in einem Selbstversuch Hahnemanns Symptome einer Malaria aus. Damit sah er seine Theorie bestätigt. Die Homöopathie ist heute eine eigenständige Therapieform in der Alternativmedizin. Häufig werden für Globuli und Tinkturen die eingesetzten Substanzen zur Behandlung so stark verdünnt, dass in ihnen kein Wirkstoff mehr vorhanden ist. Für die Wirkung der Verdünnungen (Potenzen) wird ein Gedächtnis des Lösungsmittels, z.B. Wasser, angenommen. Für solch ein Gedächtnis von Wasser oder für eine generelle Wirkweise der Homöopathie über den Effekt eines Placebos hinaus gibt es jedoch keine wissenschaftlichen Belege; trotz mehr als 200 hochwertiger Studien dazu. neu gedacht – Was Patienten wirklich hilft“. Ihre darin geäußerte Kritik machte sie bundesweit bekannt – immerhin hatte sie bis dahin selbst als Homöopathin gearbeitet. Sie sieht „alternative Heilmethoden“ und so auch die Homöopathie als eine Ursache für die breite Impfkritik in Deutschland. Und schreibt wieder darüber.
Ursachen für die Skepsis gegenüber Impfungen
MedWatch: Frau Grams-Nobmann, wie erklären Sie sich, dass so viele Menschen in Deutschland eine ImpfungImpfung Eine Impfung hilft, vor schwer verlaufenden Infektionskrankheiten zu schützen. Durch abgeschwächte Erreger, durch Bruchteile von Erregern oder seit Neuestem mit mRNA-Stücken von Erregern wird bei einer aktiven Schutzimpfung das Immunsystem über die gezeigten Antigene spezifisch aktiviert. Dem Körper wird durch eine Impfung vorgegaukelt mit einem echten Erreger infiziert zu sein. Dadurch wird die gesamte Immunsystem-Kaskade in Gang gesetzt, inklusive der Bildung spezifischer Gedächtniszellen. Ist der Organismus später dem tatsächlichen Erreger ausgesetzt, kann er schnell, effizient und spezifisch reagieren ohne schwere Komplikationen zu entwickeln. Eine generelle Impfpflicht gibt es in hierzulande nicht. Die Ausnahme bildet die Masernimpfung: Seit 2020 muss bei Eintritt in eine Kindertagesstätte oder Schule ein Masern-Impfnachweis erbracht werden. Die STIKO gibt für Deutschland Impfempfehlungen heraus, an denen sich orientiert werden kann. gegen CoronaCorona Mit Corona bezeichnet die Allgemeinbevölkerung zumeist SARS-CoV-2 (Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2). Es ist ein neues Beta-Coronavirus, welches zu Beginn des Jahres 2020 als Auslöser der Krankheit COVID-19 identifiziert wurde. Coronaviren waren schon vor 2020 altbekannt. In Menschen verursachen sie vorwiegend milde Erkältungskrankheiten (teils auch schwere Lungenentzündungen) und auch andere Wirte werden von ihnen befallen. SARS-CoV-2 hingegen verursacht wesentlich schwerere Krankheitsverläufe, mit Aufenthalten auf der Intensivstation bis hin zum Tod. Der Virusstamm entwickelte und entwickelt seit seiner Entdeckung verschiedene Virusvarianten, die in ihren Aminosäuren Austausche aufweisen, was zu unterschiedlichen Eigenschaften bezüglich ihrer Infektiosität und der Schwere eines Krankheitsverlaufes führt. Seit Dezember 2020 steht in Deutschland ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zur Verfügung. ablehnen?
Natalie Grams-Nobmann: Wir haben über viele Jahre eine Art Bauchgefühlwissen als Instanz in der Medizin eingeredet bekommen. Ich meine dieses „Was dir gut tut, was dir hilft, das ist entscheidend, wissenschaftliche Belege sind nicht so relevant“. Es geht immer um die herausragende Rolle von Sanftheit, Ganzheitlichkeit – das sind die Schlagwörter, die aber von einem wissenschaftlichen Erkenntnisstand wegführen und dann letztlich leider zu einer Ablehnung führen können.
Und ein anderer Punkt ist, dass ganz viele Menschen ihre Unzufriedenheit mit der PandemiePandemie Pandemie bezeichnet eine globale Epidemie, eine zeitlich begrenzte und zugleich weltweit stattfindende Infektionskrankheit. Fehlende Grundimmunitäten gegen, z.B. neu mutierte, Bakterien- oder Virenstämme erhöhen Infektions- und Todesraten. Während einer Pandemie mit schweren Krankheitsverläufen sind Überlastungen von Gesundheitsversorgungsstrukturen und des öffentlichen Lebens schnell erreicht. Bekannte Beispiele für durch Viren hervorgerufene Pandemien sind HIV (seit den 80er Jahren), das Influenza-A-Virus (H1N1) von 2009 sowie Corona (seit 2019). Der weltweite Handel, eine globale Mobilität sowie immer weniger Rückzugsorte für andere Lebewesen begünstigen nicht nur die Entstehung von Infektionskrankheiten, sondern auch deren Ausbreitung. Die WHO kontrolliert in einem ständigen Prozess das Auftreten und die Verbreitung von Infektionskrankheiten, die potentiell epidemisch oder pandemisch werden könnten. selbst, aber auch mit dem Staat, mit der Regierung einfach ausdrücken wollen. Und das geht dadurch, dass sie sagen „Nee, also das mit dem ImpfenImpfen Eine Impfung hilft, vor schwer verlaufenden Infektionskrankheiten zu schützen. Durch abgeschwächte Erreger, durch Bruchteile von Erregern oder seit Neuestem mit mRNA-Stücken von Erregern wird bei einer aktiven Schutzimpfung das Immunsystem über die gezeigten Antigene spezifisch aktiviert. Dem Körper wird durch eine Impfung vorgegaukelt mit einem echten Erreger infiziert zu sein. Dadurch wird die gesamte Immunsystem-Kaskade in Gang gesetzt, inklusive der Bildung spezifischer Gedächtniszellen. Ist der Organismus später dem tatsächlichen Erreger ausgesetzt, kann er schnell, effizient und spezifisch reagieren ohne schwere Komplikationen zu entwickeln. Eine generelle Impfpflicht gibt es in hierzulande nicht. Die Ausnahme bildet die Masernimpfung: Seit 2020 muss bei Eintritt in eine Kindertagesstätte oder Schule ein Masern-Impfnachweis erbracht werden. Die STIKO gibt für Deutschland Impfempfehlungen heraus, an denen sich orientiert werden kann., das mache ich nicht“.
MedWatch: Es ist also gar keine direkte Ablehnung der medizinischen Intervention?
Grams-Nobmann: Ich vermute zum Teil eher eine Trotzreaktion, die vielleicht emotional verständlich und nachvollziehbar ist, aber die halt unterm Strich nicht zu einem besseren Ergebnis für alle führt. Deswegen halte ich das auch für ziemlich unsolidarisch.
Und dass Menschen, die zum Beispiel an die Homöopathie glauben, auch Impfungen eher skeptisch gegenüberstehen, das hat sich schon vor der Pandemie immer wieder gezeigt in wissenschaftlichen Untersuchungen. Zuletzt auch durch eine Arbeit der Uni Regensburg, die diesen Zusammenhang auch noch mal empirisch erhärtet hat. Es ist also gar nicht so verwunderlich, dass wir das in dieser Pandemie wieder gesehen haben.
Zusammenhang zwischen Homöopathie und Impfkritik
MedWatch: Welche Ideen in der Homöopathie machen eine Impfung für die Anhänger ablehnenswert?
Grams-Nobmann: Man hält sie wohl für ein Produkt von BigPharma, böse Chemie oder gar böse Gen-Technik, oder schlicht für zu nebenwirkungsreich. Dass Dinge, die wirken, auch (seltene) Nebenwirkungen haben können, ist in der Homöopathie ja nicht so bekannt. Andererseits glaubt man, dass das natürliche Durchmachen der Erkrankung viel besser sei – da blitzen anthroposophische Mythen mit durch -, und auch, dass man mit GlobuliGlobuli Globuli (Plural für „Kügelchen“) sind eine in der Homöopathie verwendete Darreichungsform. Auch in der Bach-Blütentherapie oder bei Schüßler-Salzen finden sie Anwendung. Die Kügelchen werden in verschiedenen Potenzen angeboten, d.h. in verschiedenen Verdünnungen der eigentlichen Substanz. Die Verdünnungen sind jedoch so hoch, dass die Stoffe in den Globuli nicht mehr vorhanden sind. Die Theorie des Potenzierens basiert darauf, dass das Wasser, in dem die Stoffe verdünnt wurden, ein Gedächtnis für die Substanz hat und auf Grund dessen wirkt. Die weißen bis gelben Zuckerkügelchen bestehen aus Rohrzucker (Saccharose). Mit der HPLC (einer sehr sensitiven chromatographischen Analysemethode) können in der Regel keine weiteren Zusatzstoffe nachgewiesen werden. Bis heute gibt es keine Belege für eine Wirksamkeit über die eines Placebos hinaus. wirksame Prophylaxe oder auch Behandlung anbieten kann.
MedWatch: Es gab und gibt viele Versuche, die Bedeutung und den Nutzen der Impfung gegen Corona zu zeigen. Und auch über diese ganzen Impfmythen, die aktuell unterwegs sind, wurde und wird immer wieder berichtet. Man hat dennoch das Gefühl, das kommt bei vielen Menschen gar nicht an?
Grams-Nobmann: Unser Gehirn macht es sich gern einfach, wenn es komplex wird. Dann geht man eben den kürzesten Weg und das ist manchmal eben der einfachste oder am einfachsten klingende Weg. Da sind einfache Antworten oft das Beste oder ganz starke Behauptungen sind das, was man am meisten gehört hat. Oder was im Netz geteilt wird. Daraus entstehen manchmal auch FakeFake Der englische Begriff Fake bezeichnet u.a. unwahre Informationen, Imitate und Fälschungen sowie Dinge, die vortäuschen echt zu sein, es jedoch nicht sind. Im Bereich der Nachrichten und Fakten spricht man von sog. Fake-News und Fake-Facts. Solche werden gezielt eingesetzt, um (falsche) öffentliche Meinungen zu bilden oder gar Wahlen zu beeinflussen. News oder richtiggehende Lügen. Es ist sehr schwierig, diese Dinge wissenschaftlich wieder aufzuarbeiten und richtigzustellen. Debunking dauert immer länger, als dass Fake News in die Welt kommen. Deswegen ist es sehr schwer, dem hinterherzukommen.
Im Grunde genommen sieht man an der Homöopathie exemplarisch, wie es laufen kann, wenn sich ein Fake Fact erst mal etabliert hat, wenn dieser zum Common Sense geworden ist. Dann kann man mitunter über 200 Jahre falsch liegen, und zwar als Gesellschaft, als große Strömung in der Medizin. Die Anfänge davon, wie das passiert, haben wir jetzt in der Pandemie wieder gesehen in Bezug aufs Impfen und auf die verschiedenen Impfstoffe und die Mythen, die dazu kursiert haben.
Verstärken Sie in Ihrem Buch die Impfkritik in der Welt der Homöopathie?
MedWatch: In Ihrem aktuellen Buch arbeiten Sie mit Überschriften, die Impf-Mythen wiederholen, etwa „Ungeimpfte Kinder sind gesünder als geimpfte“? Ist das nicht eine gefährliche Verstärkung?
Grams-Nobmann: Ich habe die letzten sechs Jahre intensiv in den sozialen Medien verbracht und gehört und gelesen, was da geschrieben wird. Daher kenne ich viele populäre Mythen, gerade in Bezug aufs Impfen. Ich hatte das Gefühl, es gibt so ein paar Sätze, die fallen einfach immer wieder und aus unterschiedlichsten Richtungen und den unterschiedlichsten Zusammenhängen. Die sind dann schon fast so was wie geflügelte Worte. Deswegen habe ich die auch bewusst als Überschriften aufgegriffen, weil ich denke, die sind sowieso so bekannt, die werde ich jetzt nicht noch bekannter machen, indem ich sie nenne und dann versuche eben dagegen anzuschreiben und zu sagen: Nee, Moment mal, wie ist es denn eigentlich wirklich, wie sieht es wirklich aus. Ungeimpfte Kinder sind nicht gesünder als geimpfte, im Gegenteil. Es hat sich gezeigt, dass geimpfte Kinder signifikant weniger die üblichen „Kinderkrankheiten“ bekommen, gegen die sie geimpft sind.
Welche Maßnahmen gegen Impfkritik sind denkbar?
MedWatch: Was wären die gesundheitspolitisch wichtigsten Schritte, um impfkritische Menschen zum Umdenken anzuregen?
Grams-Nobmann: Die Bewältigung der Pandemie durch Maßnahmen, die wirklich wirken, das steht derzeit natürlich politisch im Vordergrund. Aber ich denke, dass viele Missstände in dieser Pandemie deutlicher geworden sind und die waren schon vorher da und die wird es auch danach geben, zum Beispiel die Probleme in der Pflege. Dazu gehört aber auch, dass wir Pseudomedizin oder pseudowissenschaftliche Aussagen in der Medizin lange Zeit akzeptiert haben und dass das die Ursache auch von weitaus größeren Problemen als einer vielleicht falschen persönlichen Gesundheitsentscheidung ist.
Ich glaube, dass jetzt der richtige Moment ist, politisch etwas zu unternehmen. Ich sehe die Homöopathie da oft einfach als Symbol. Für sich genommen mag das gar nicht das größte Thema sein, aber dass sie immer noch an Universitäten gelehrt wird, dass sie immer noch im Arzneimittelgesetz privilegiert ist und auch geschützt wird dadurch, dass immer noch die Apothekenpflicht hochgehalten wird. Das sind einfach Punkte, die darauf hinweisen, dass wir Postfaktisches, wenn nicht sogar Antifaktisches akzeptieren und politisch schützen und das kann es einfach nicht sein. Spätestens jetzt nicht mehr.
Ein MedWatch-Artikel von Henrik Müller erläutert, wie Hausarztpraxen mit alternativmedizinischen Angeboten für sich werben.
MedWatch: Was fordern Sie?
Grams-Nobmann: Was wirklich wirkt ist im Zweifel die Aufklärung und Ehrlichkeit, also – ja – dass man einfach keine falschen Heilsversprechen gibt oder sie legitimiert und dass man entschieden gegen Fake News vorgeht, zum Beispiel auch was das Impfen betrifft. Die Forderung wäre jetzt speziell in Bezug auf die Homöopathie, die in weiten Teilen nur vorgibt zu wirken, dass man dem auch wirklich einen Riegel vorschiebt, dass man sie nicht privilegiert im Arzneimittelgesetz, dass man sie nicht erstatten lässt durch KrankenkassenKrankenkassen Eine Krankenkasse ist der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Krankenkassen stellen den Versicherten Leistungen zur Verfügung, die nach Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte in Anspruch genommen werden können. Die meisten dieser Leistungen sind im SGB V festgeschrieben. Krankenkassen sind organisatorisch sowie finanziell unabhängig und unterstehen der Aufsicht von Bund oder Ländern. Im Gegensatz zu gesetzlichen Krankenversicherungen sind private Krankenversicherungsunternehmen Aktiengesellschaften oder Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG)., dass man nicht erlaubt, dass sie an Universitäten gelehrt wird, dass man keine Zusatzbezeichnung für Ärzt:innen dafür schafft, weil das quasi einfach den Glauben an Pseudomedizin, an Pseudowissenschaft fördert und das ist nicht zeitgemäß. Und natürlich raus aus den Apotheken. Das bedeutet nicht, dass sie verboten wird, wer weiter daran glauben möchte, kann sie auf eigene Kosten und Verantwortung nutzen und im Supermarkt erwerben. Und dann kann man andere Verfahren wie AnthroposophieAnthroposophie Eine von Rudolf Steiner (1861–1925) begründete esoterische Weltanschauung, die die gemeinsame Evolution von Mensch, Erde und Weltall beschreibt. Auf Grund antisemitischer und rassistischer Wurzeln kritisch zu betrachtendes Weltbild, welches auch einen medizinischen Anspruch erhebt, jedoch ohne Evidenz., Akupunktur oder auch Osteopathie in ähnlicher Weise angehen.
Mehr zu den Themen Pseudomedizin und Anthroposophie erfahren Sie im MedWatch-Artikel über den nicht vorhandenen Unterschied von Schul- und Alternativmedizin sowie im aufschlussreichen Interview mit Oliver Rautenberg.
Es fehlt das Humane in der Humanmedizin
MedWatch: Sie sagen, wir haben zu lange alternative Praktiken toleriert. Wenn wir dies ändern, ist dann alles gut?
Grams-Nobmann: Dreh- und Angelpunkt ist doch: Die meisten Menschen wenden sich ja nicht von der Medizin ab, weil sie wirklich wirkt, sondern weil sie, obwohl sie Humanmedizin heißt, das Humane oft so schmerzlich vermissen lässt. Und man sucht sich quasi eine menschlichere Alternative und kümmert sich nicht mehr so sehr um die Wirksamkeit. Wenn wir was verändern wollen, müssen wir, denke ich, auch an dieser Ursache etwas ändern und die Menschlichkeit in die Medizin zurückholen.
Übrigens nicht nur auf Patient:innenseite, sondern auch ja auch auf Seite der Behandelnden, weil denen geht es ja oft genauso schlecht in diesem GesundheitssystemGesundheitssystem Das deutsche Gesundheitssystem ist ein duales Krankenversicherungssystem bestehend aus der GKV (Gesetzlichen Krankenversicherung) und der PKV (private Krankenversicherungen). Seit der Gesundheitsreform 2007 muss jeder, der in Deutschland seinen Wohnsitz hat, eine Krankenversicherung haben. Wichtig ist zudem das Prinzip der Selbstverwaltung und der Sachleistung. D.h. Krankenkassen erfüllen die ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung. Es existiert eine gemeinsame Selbstverwaltung der Leistungserbringer und Kostenträger. Wichtigstes Organ hierbei auf Bundesebene ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)..
Deswegen wäre eine weitere Forderung, dass man wirklich auch die Basis der Medizin umstrukturiert, dass mehr Zeit für sprechende Medizin oder vielmehr für zuhörende Medizin da ist, dass es auch möglich gemacht wird, sei es über die Abrechnung, über die Praxisstruktur, die Ausbildung dazu noch mehr während des Medizinstudiums. Es ist niemandem geholfen, wenn man mit einem Patienten, einer Patientin länger spricht und dafür zehn andere im Wartezimmer länger warten müssen, oder wenn das Gespräch nicht fundiert verläuft. Wir sollten nicht auf die Wissenschaft allein setzen, sondern eben auch auf die gute Behandlung, sprichwörtlich auf die gute Behandlung. Dafür braucht es keinen Hokuspokus.
MedWatch: Vielen Dank für dieses Gespräch.
Redaktion: Nicole Hagen
Der Wertlosigkeit der Sprechenden Kassen-Medizin ist es zu verdanken, dass die “HomöopathieHomöopathie Der deutsche Arzt Samuel Hahnemann postulierte gegen Ende des 18. Jh.s: »Ähnliches heilt Ähnliches«. So leitet sich das Wort Homöopathie von Homoion (für ähnlich) und Pathos (für Leiden) ab. Hahnemann verfolgte die Theorie, dass der Auslöser einer Krankheit oder der Auslöser für bestimmte Symptome auch zu deren Therapie genutzt werden kann. Bekanntestes Beispiel dafür ist die Chinarinde, mit der früher Malaria behandelt wurde. Die Einnahme dieser löste in einem Selbstversuch Hahnemanns Symptome einer Malaria aus. Damit sah er seine Theorie bestätigt. Die Homöopathie ist heute eine eigenständige Therapieform in der Alternativmedizin. Häufig werden für Globuli und Tinkturen die eingesetzten Substanzen zur Behandlung so stark verdünnt, dass in ihnen kein Wirkstoff mehr vorhanden ist. Für die Wirkung der Verdünnungen (Potenzen) wird ein Gedächtnis des Lösungsmittels, z.B. Wasser, angenommen. Für solch ein Gedächtnis von Wasser oder für eine generelle Wirkweise der Homöopathie über den Effekt eines Placebos hinaus gibt es jedoch keine wissenschaftlichen Belege; trotz mehr als 200 hochwertiger Studien dazu.” gepampert wurde. Es ist ein Skandal, dass niedergelassene MedizinerInnen für die ärztliche Beratung mit 4,36 € “honoriert” werden, wo doch allein die Betriebskosten für eine Praxis mit 200.-€/Stunde zu Buche schlagen. Es wäre sehr wohl vielen PatientInnen geholfen, wenn sie bei ihrem Hausarzt/Hausärztin eine ausführliche Beratung erhalten, bei der auch der Praxisinhaber nicht Gefahr läuft, seine eigene Existenzgrundlage unnötig zu gefährden. Ich mache in meiner Praxis ausführliche Beratungen – wenn sie gewünscht sind. Das ist nicht nur für den jeweiligen Patienten gut, sondern auch für mich sehr entspannend. Es ist wirtschaftlich, weil z.B. die Anfertigung von Prothetik sehr gut bezahlt wird – ich kann die aufgewendete Sprechzeit gut damit refundieren. Hausärzte können das nicht, daher wäre es sinnvoll, die Gebührenposition einer “Intensivberatung” für Kassen-PatientInnen einzuführen bei:
– Tumorerkrankung – V.a. Depressionen – Polymorbidität
Das hätte den Vorteil, dass man den Nachfragedruck im Bereich der Scharlatanerie spürbar senken könnte, weil sich PatientInnen, die sich in einer existenziellen Gefährdung wähnen, endlich Gehör fänden. Sprechende Medizin darf nicht nur im Kombi-Pack mit €soterik verkauft werden – die Nebenwirkungen gefährden den sozialen Frieden.