Im Dezember 2023 berichteten wir über Etienne Blinn, der sich selbst als Hypnotiseur und Mentalcoach bezeichnet. In dieser Funktion will er auch ADHS-Betroffene von ihren Symptomen heilen. Diese leiden unter einer verminderten Fähigkeit, sich zu konzentrieren, handeln impulsiv und spüren oft eine innere Unruhe. Nun wurde er abgemahnt.
Blinn bietet Hypnose als Behandlung an, zweifelt gleichzeitig aber die Existenz der Entwicklungsstörung an. In einem Instagram-Reel vom 20.11.2023 sagte er: „ADHS ist in meinen Augen Schwachsinn und die größte Verarsche der Menschheit.“ Weiter im Video wirbt er dann für seine Hypnoseanwendung: „Ich brauche ein bis zwei Sitzungen, dann ist das Thema erledigt.“ Er behauptet, das Kind mit ADHS könne sich dann wieder konzentrieren und hätte „dieses Thema“ dann nicht mehr. Blinn gibt sogar eine Erfolgsgarantie, obwohl es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass ADHS-Symptome sich durch Hypnose bessern können.
Dafür wurde er von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen abgemahnt. Blinn löscht daraufhin sein zweifelhaftes ADHS-Video.
Was ist eine Abmahnung?
Eine Abmahnung ist eine schriftliche Aufforderung, öffentlich getätigte Aussagen zurückzunehmen. Wer nachweislich falsche Aussagen veröffentlicht hat, kann abgemahnt werden. Beziehen sich die falschen oder unbelegten Aussagen auf die Linderung oder Heilung von körperlichen oder seelischen Leiden, liegt ein Verstoß gegen das HeilmittelwerbegesetzHeilmittelwerbegesetz Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) regelt den Wortlaut im Zusammenhang mit Heilversprechen. Es darf nach dem HWG nichts behauptet werden, was nicht stimmt. Wird damit geworben, dass ein Medikament oder eine Therapie wirkt, muss diese Wirksamkeit auch wissenschaftlich belegt sein. Dafür muss der Bewerber selbst wissenschaftliche Studienergebnisse vorlegen. Da kaum eine alternativmedizinische Behandlungsmethode wissenschaftlich belegt ist, dürfen Heilpraktiker keine Heilversprechen abgeben. vor.
Die Abmahnung gegen Etienne Blinn kam von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Der Mentalcoach löschte das Video. Zudem unterzeichnete er eine sogenannte Unterlassungserklärung. Dieser Schritt folgt der Abmahnung und ist ein Vertrag, in dem Blinn sich dazu verpflichtet, die kritischen Aussagen nicht an anderer Stelle zu wiederholen – auch nicht sinngemäß. Hätte Blinn nicht unterzeichnet, hätte die Verbraucherzentrale NRW die Möglichkeit gehabt, die Unterlassung gerichtlich durchzusetzen.
Was bringen Unterlassungserklärungen?
Natürlich ist es mühsam, einzelne Aussagen von Tausenden von Unternehmen und Influencer:innen zu Gesundheitsprodukten oder -anwendungen durchzugehen und zu prüfen, ob sie wissenschaftlich belegt sind. Und es gibt keine staatliche Stelle, die Werbeaussagen auf Social Media großflächig prüft. Trotzdem sind Unterlassungserklärungen sinnvoll und bringen immer wieder neue Behauptungen aufs Tableau.
Ob gesundheitsbezogene Aussagen, sogenannte Health Claims, erlaubt sind, kann man auf der Website der EU-Kommission nachlesen. Gegebenenfalls haben Influencer:innen auch die Möglichkeit, sich bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (IHK) beraten zu lassen, welche Werbeaussagen zulässig sind und welche eben nicht. Denn anders als vielleicht vermutet, ist eine Aussage wie „…ist in meinen Augen Schwachsinn“ keine private Meinung. Sie steht im Zusammenhang mit dem Angebot einer Dienstleistung und ist somit Teil der Werbung dafür. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man Social-Media-Kanäle betreibt.
Redaktion: Nicole Hagen