Melatoninhaltige Medikamente sind besonders nach Interkontinentalflügen beliebt. In Deutschland gibt es nur ein zugelassenes ArzneimittelArzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die angewandt werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Es kann sich hierbei ebenfalls um Mittel handeln, die dafür sorgen, dass Krankheiten oder Beschwerden gar nicht erst auftreten. Die Definition beinhaltet ebenso Substanzen, die der Diagnose einer Krankheit nutzen oder seelische Zustände beeinflussen. Die Mittel können dabei im Körper oder auch am Körper wirken. Das gilt sowohl für die Anwendung beim Menschen als auch beim Tier. Die gesetzliche Definition von Arzneimitteln ist im § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) enthalten. aus der Apotheke und einige Präparate, die in der Drogerie erhältlich sind. Diese werden als NahrungsergänzungsmittelNahrungsergänzungsmittel Nahrungsergänzungsmittel werden den Lebensmitteln zugeordnet und sind abgegrenzt von Medikamenten zu betrachten. So dürfen sie, wie der Name schon sagt, die normale Ernährung ergänzen, sie jedoch nicht ersetzen und zudem keine arzneiliche Wirkung zeigen. Sie werden als Kapseln, Tabletten, Tropfen oder Ähnliches angeboten und enthalten oft Vitamine, Mineralstoffe oder sonstige Nährstoffe, die eine Wirkung erzielen sollen. Sie dürfen jedoch nicht wie ein Arzneimittel beworben werden. Die Hersteller dürfen keine spezifische Wirkung wie die Linderung oder Vorbeugung einer Krankheit anpreisen oder für ein definiertes Anwendungsgebiet werben. angeboten, was aber umstritten ist. In den USA hingegen werden große Dosen der Einschlafhilfen gleich im Supermarkt angeboten. Auch online lassen sich melatoninhaltige Einschlafhilfen bestellen. Doch was ist da eigentlich genau drin? Wer garantiert, dass MelatoninMelatonin Melatonin – ein Hormon, welches den Tag-Nacht-Rhythmus steuert – wird größtenteils im Gehirn durch die Zirbeldrüse synthetisiert. Seine Ausschüttung ist abhängig von der Tageslichtmenge, die auf die Netzhaut des Auges fällt. Dunkelheit regt die Ausschüttung an, weswegen es auch Schlafhormon genannt wird. Melatonin wird in letzter Zeit vermehrt als Wundermittel gehandelt. Es soll zusätzlich zu Schlafstörungen als Anti-Aging-Agenz und gegen Krebs wirken. In Deutschland wurde bisher nur ein Medikament mit Melatonin zugelassen. Dies ausschließlich zur kurzfristigen Einnahme von Patienten über 55, bei denen eine (auf keiner Krankheit beruhende) Schlafstörung besteht. Hochdosierte Melatonin-Präparate sind zudem verschreibungspflichtig. Über die schlafstimulierende Wirkung hinausgehende Anwendungen sind bisher nur unzureichend untersucht. Dies gilt ebenso für Langzeit-, Neben- und Wechselwirkungen des Hormons sowie für die Einnahme durch Schwangere und Stillende. Ungeachtet dessen wird das Hormon in Form von Nahrungsergänzungsmitteln und Sprays vertrieben. enthalten ist und das auch die weiteren Zutaten gut verträglich sind? Nach aktuellem Stand tatsächlich: Lediglich die Hersteller.
„In den letzten Jahren kamen immer mehr Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt, denen Stoffe zugesetzt wurden, die bisher nur im Arzneimittelbereich zu finden waren“, erklärt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Dies sei „in vielerlei Hinsicht problematisch“, da die Wirkung der Inhaltsstoffe nicht nachgewiesen sei und Nebenwirkungen nicht beschrieben. „Daneben werden vermehrt Produkte nicht mehr als Nahrungsergänzungsmittel, sondern als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (ergänzende bilanzierte Diäten) vermarktet.
Die Verbraucherschützer kritisieren diese Entwicklung: „Weil Nahrungsergänzungsmittel keinem Zulassungsverfahren unterliegen und Festlegungen zu zugesetzten Stoffen und deren Höchstmengen in der Nahrungsergänzungsmittel-Verordnung fehlen, obliegt den Landesüberwachungsbehörden die Verantwortung, die Einstufung der Produkte als Nahrungsergänzungsmittel sowie deren Wirksamkeit und Sicherheit in jedem Einzelfall zu bewerten sowie bestehende Mängel zu ahnden.“
Was aber passiert tatsächlich, wenn so ein Fall vorliegt?
Wir haben testweise ein Produkt namens „Dreamquick“ bestellt. Es ist eines von vielen „Schlafoptimierern“, die im Netz angeboten werden, wenn man nach „Melatonin“ googelt. Laut Hersteller Organic Alpha hilft dieses Mittel bei „Einschlaf- und Durchschlaf-Problemen“. Das Mittel „verkürzte in einer JAWBONE® Nutzerstudie mit 435 Probanden die Einschlafzeit um durchschnittlich 27 Minuten und verlängerte die durchschnittliche Schlafdauer pro Nacht um +46 Prozent“, heißt es auf der deutschsprachigen Website. Die zugehörige Studie ist nicht verlinkt, was eine „Jawbone“-Nutzerstudie“ genau ist, wird nicht näher erläutert. Vielleicht ist mit „Jawbone“ ein Hersteller von Fitnessbändern gemeint? Dieses Unternehmen ging 2017 in die Insolvenz.
Vermeintliches Einschlafwunder: An allen Kontrollen vorbei
Organic Alpha sitzt laut Impressum in Los Angeles, dort ist eine Telefonnummer aus den USA angegeben sowie auch eine E-Mail-Adresse. „Dreamquick“ wird laut Website aber in Deutschland produziert und sei „natürlich & vegan“.
Einige Tage nach unserer Bestellung kommt das angebliche Schlafwunder per Post. Ein kleiner Karton, drinnen eine blaue Dose mit der Aufschrift „Dreamquick“. Anders als zwei Melatonin-Produkte deutscher Hersteller, enthält „Dreamquick“ nicht 0,5 oder 2 Milligramm Melatonin, sondern gleich 3 Milligramm des Schlafhormons. Zur Erinnerung: Das Verbraucherschutzministerium (BVL) und das Bundesinstitut für Risikoberwertung (BfRBfR Das BfR, das Bundesinstitut für Risikobewertung, ist eine Bundesbehörde die dem BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) zugeordnet ist. Sie soll unabhängig von wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Interessen z.B. die Sicherheit von Lebensmitteln, Chemikalien, Bioziden, Pflanzenschutzmitteln, Textilien, Lebensmittelverpackungen, Kosmetika und Tabakerzeugnisse bewerten. Auch die Bewertung gentechnisch veränderter Organismen in Lebens- und Futtermitteln, Pflanzen und Tieren zählt hier dazu. Die wissenschaftsbasierte Risikobewertung geschieht als Grundlage für den gesundheitlichen Verbraucherschutz innerhalb und außerhalb von Deutschland.) sehen melatoninhaltige Präparate ab 0,28 Milligramm als Arzneimittel und damit als zulassungspflichtig an. Doch der Händler von „Dreamquick“ mit Firmensitz Los Angeles schickt sein Mittel einfach per Post zum deutschen Verbraucher, an Kontrollen und sämtlichen Mitarbeitern möglicherweise zuständiger Gesundheitsämter vorbei.
„Dreamquick“ ist übrigens nicht als Nahrungsergänzungsmittel gekennzeichnet, sondern laut Packungsaufdruck ein „diätisches Lebensmittel“. Die Einschlafhilfe wird dadurch also eigentlich zu einem Mittel für „spezielle Gruppen mit besonderen Ernährungserfordernissen wie etwa für Kranke, Schwangere, Kleinkinder oder Säuglinge“. Dabei sollen diese speziellen Produkte laut EU-Verordnung unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden, aus ihrer Kennzeichnung muss zudem der vorgesehene Verwendungszweck hervorgehen. Sie dürfen lediglich dem Diätmanagement von Patienten dienen, also der Deckung eines spezifischen Nährstoffbedarfs und nicht der Behandlung einer Erkrankung im Sinne einer Medikation mit Arzneimitteln dienen.
Bei „Dreamquick“ ist von alledem nicht die Rede.
Verbraucher schützen sich besser selbst
Weil wir „Dreamquick“ von Hamburg aus bestellt und auch hier in Empfang genommen haben, ist die zuständige Behörde in Sachen PatientenschutzPatientenschutz Der Patientenschutz wird auf verschiedenen Ebenen erwirkt. Wichtig zu wissen ist, dass Patient*innen mit ihren Behandler*innen in ein Vertragsverhältnis treten. Dieser Behandlungsvertrag besagt, dass der Behandler (Ärzt*in, Physiotherapeut*in…) seine Patienten und Patientinnen bestmöglich und nach neuestem wissenschaftlichem Standard behandelt. Dafür existieren in Deutschland Gesetzte und Regelwerke. Darin finden sich bezüglich des Patientenschutzes u.a. Rechte der Patient*innen bei Behandlungs- oder Kunstfehlern, das Recht auf Akteneinsicht, Hinweise zum Datenschutz und Vorgaben zur ärztlichen Schweigepflicht. Es ist zu beachten, dass die Beziehung zwischen einem Behandler und seinen Patient*innen zumeist nicht äquivalent ist. Es existiert ein Gefälle von der behandelnden hin zur behandelten Person. Zudem werden enge Verhältnisse erzeugt, die den Schutz der Patienten gewährleisten müssen.So vertritt z.B. die Deutsche Stiftung Patientenschutz die Interessen schwerstkranker, pflegebedürftiger und sterbender Menschen. Dafür hat sie u.a. ein bundesweites kostenfreies Patientenschutztelefon eingerichtet und engagiert sich für eine selbstbestimmte Sterbebegleitung. Die Schiedsstelle Patientenverfügung bietet zudem jedem kostenfreie Unterstützung bei Konflikten rund um die Patientenverfügung. Auch bietet sie ein Anwaltsberatungsnetz an.Die Patientenvertretung des G-BA möchte die Interessen von Patient*innen in die Politik und den G-BA einbringen und so für eine Verbesserung von Patientensicherheit und patientenorientierter Patientenversorgung sorgen. Dazu gehören u.a. eine patientenorientierte Qualitätssicherung, der gleichberechtigte Zugang für Jedermann, Barrierefreiheit und Inklusion. Auch eine unabhängige Forschung zählt hier mit rein. Der Deutsche Behindertenrat (DBR), die BundesArbeitsGemeinschaft der PatientInnenstellen (BAGP), die deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. sowie die Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. haben diesbezüglich im G-BA –Mitberatungs- und Antragsrechte, jedoch kein Stimmrecht. das hiesige Gesundheitsamt. Die Mitarbeiterin ist zunächst ratlos, wie in diesem Fall zu verfahren ist. Nach einer Rückfrage beim Zollamt antwortet sie uns umso deutlicher: „Dreamquick“ wird von der Behörde als Arzneimittel eingeordnet, es bräuchte also eine Zulassung. Hat es aber nicht. In Deutschland nicht zugelassene oder nicht registrierte Arzneimittel dürften laut Arzneimittelgesetz von Privatpersonen grundsätzlich nicht nach Deutschland gebracht werden:
„Dazu gehören neben offensichtlichen Arzneimitteln unter Umständen auch Präparate, die in ihrem Herkunftsland zum Beispiel als Nahrungsergänzungsmittel frei verkäuflich sind, in Deutschland aber aufgrund Ihrer Zusammensetzung/Aufmachung als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes einzustufen sind. Offensichtliche und potentielle Arzneimittel werden von den Zolldienststellen, sofern das bemerkt wird, gemäß der für die Zolldienststellen gültigen Dienstvorschriften bei einer Einfuhr aufgehalten und kontrolliert und in Zusammenarbeit mit den Landesbehörden bewertet.“
Wir haben Organic Alpha angefragt, ob sich die Firma ihres nach Arzneimittelgesetz möglicherweise ordnungswidrigen Handelns bewusst sei. Doch auf mehrfache Anfragen per E-Mail und Telefon reagierte bislang niemand.
Und jetzt?
„Da in diesem konkreten Fall weder die vertreibende Firma noch der Internetshop in Hamburg ansässig sind, ist es der Landesbehörde nicht möglich, gegen den Anbieter Maßnahmen einzuleiten. Vielmehr kann nur dringend an alle Verbraucher appelliert werden, sich kritisch mit Internetangeboten auseinanderzusetzen“, schreibt uns das Gesundheitsamt Hamburg.
Fazit: Bei dem Produkt „Dreamquick“ gibt es – wie beim Schlankheitswunder aus den Komoren – ein ungelöstes Problem: Keine derzeit hierzulande im VerbraucherschutzVerbraucherschutz Verbraucherschutz ist deutschland- und europaweit ein breit gefächertes Gebiet. So gibt es ein Amt für Verbraucherschutz, ein Bundesinstitut für Risikobewertung, die EFSA – die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit – und eine Health-Claims-Verordnung. In Deutschland existieren 16 Verbraucherzentralen und weitere verbraucherpolitische Organisationen, die in einem gemeinsamen Bundesverband gebündelt sind. Verbraucherschutz beinhält Rechtsvorschriften und Verbraucherrechte die z.B. Bereiche wie Lebensmittelsicherheit, Kaufverträge und Verträge mit Banken und Geldinstituten berücksichtigen. aktive Behörde oder Organisation könnte es im Sinne des Verbraucherschutzes vom Markt nehmen. Gleichzeitig gibt es offenbar keine Kontrollen, welche Stoffe in den Kapseln tatsächlich enthalten sind.
Ich kann nur vor diesem Produkt warnen. Kein Schlaf, Herzrythmusstörungen und Magenprobleme waren die Folge nach der Einnahme von QuickDream. Es ist dringend erforderlich, dass eine neutrale Behörde, den Inhalt der Pillen untersucht.
Schönen guten Tag,
Mein Kommentar ist unabhängig von diesem Produkt und Hersteller. Ich finde es jedoch schwer eträglich zu lesen, wie dramatisch über MelatoninMelatonin Melatonin – ein Hormon, welches den Tag-Nacht-Rhythmus steuert – wird größtenteils im Gehirn durch die Zirbeldrüse synthetisiert. Seine Ausschüttung ist abhängig von der Tageslichtmenge, die auf die Netzhaut des Auges fällt. Dunkelheit regt die Ausschüttung an, weswegen es auch Schlafhormon genannt wird. Melatonin wird in letzter Zeit vermehrt als Wundermittel gehandelt. Es soll zusätzlich zu Schlafstörungen als Anti-Aging-Agenz und gegen Krebs wirken. In Deutschland wurde bisher nur ein Medikament mit Melatonin zugelassen. Dies ausschließlich zur kurzfristigen Einnahme von Patienten über 55, bei denen eine (auf keiner Krankheit beruhende) Schlafstörung besteht. Hochdosierte Melatonin-Präparate sind zudem verschreibungspflichtig. Über die schlafstimulierende Wirkung hinausgehende Anwendungen sind bisher nur unzureichend untersucht. Dies gilt ebenso für Langzeit-, Neben- und Wechselwirkungen des Hormons sowie für die Einnahme durch Schwangere und Stillende. Ungeachtet dessen wird das Hormon in Form von Nahrungsergänzungsmitteln und Sprays vertrieben. geschrieben wird – wenn bei den kommentaren wert auf sachlichkeit gelegt wird wäre es auch wünschenswert dass der artikel selbst neutral geschrieben ist und nicht mit „angeblich“ und „Gleich im Supermarkt“ beginnt. Ich jedenfalls erfahre dabei sofort was meine Meinung werden soll, was ich schade finde.
Aber nun der eigentliche Grund für meinen Kommentar: melatonin ist das natürliche schlafhormon welches die zirbeldrüse im gehirn produziert wenn es abend wird und welches uns müde werden lässt. Unanhängig davon ob es um natürliches melatonin oder eine synthetische nachbildung geht finde ich es sehr schade, diesen – noch am ehesten natürlichen – Stoff schlecht zu machen, denn: wenn die Leute chemische Medikamente mit unzähligen Nebenwirkungen als Einschlafhilfe benutzen, ist dies kein Artikel wert? Ich finde es sehr sehr wichtig das mit in die waagschale zu legen und in die argumentation zu integrieren zumal ich persönlich der meinung bin, dass bei einer gesunden ernährungs- und lebensweise weder melatoninpräparate noch schlafmittel erforderlich sind. Ich bedanke mich für die Möglichkeit zu kommentieren und wünsche viel Gesundheit!
Hallo, vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir haben im Herbst / Winter gleich mehrere Berichte zum Schlafmitteln veröffentlicht, die auch in diesem Text verlinkt sind. Informationen zu anderen Präparaten und auch zur Funktion der Zirbeldrüse finden sich darunter, etwa hier: https://www.helmholtz-muenchen.de/aktuelles/uebersicht/pressemitteilungnews/article/46908/index.html
Viele Grüße aus Hamburg, Nicola Kuhrt