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MedWatch-Check Einschlafhilfen (1) Schlafmittel mit Melatonin – bedenklich viel drin, dennoch auf dem Markt

Schlafender Mann, fast komplett eingehüllt in seiner Decke.
© Hans / Pixabay

Heiße Milch, Schäfchen zählen, Yoga: Wer nicht gut einschlafen kann oder nachts nicht gut schläft, dem werden die verschiedensten Tipps gegeben. Wenn das aber alles nicht funktioniert, locken auch Einschlafhilfen, die es in Drogerien zu kaufen gibt. Sie versprechen gute Träume – aber kann man hier tatsächlich sorglos zugreifen? Welche Nebenwirkungen haben diese Präparate? Dies wollte ein Leser von uns wissen.

Es gibt viele freiverkäufliche Einschlaf-Hilfen. Wir haben uns in diesem ersten Stück auf die Frage konzentriert, warum manche Mittel mit dem Wirkstoff MelatoninMelatonin Melatonin – ein Hormon, welches den Tag-Nacht-Rhythmus steuert – wird größtenteils im Gehirn durch die Zirbeldrüse synthetisiert. Seine Ausschüttung ist abhängig von der Tageslichtmenge, die auf die Netzhaut des Auges fällt. Dunkelheit regt die Ausschüttung an, weswegen es auch Schlafhormon genannt wird. Melatonin wird in letzter Zeit vermehrt als Wundermittel gehandelt. Es soll zusätzlich zu Schlafstörungen als Anti-Aging-Agenz und gegen Krebs wirken. In Deutschland wurde bisher nur ein Medikament mit Melatonin zugelassen. Dies ausschließlich zur kurzfristigen Einnahme von Patienten über 55, bei denen eine (auf keiner Krankheit beruhende) Schlafstörung besteht. Hochdosierte Melatonin-Präparate sind zudem verschreibungspflichtig. Über die schlafstimulierende Wirkung hinausgehende Anwendungen sind bisher nur unzureichend untersucht. Dies gilt ebenso für Langzeit-, Neben- und Wechselwirkungen des Hormons sowie für die Einnahme durch Schwangere und Stillende. Ungeachtet dessen wird das Hormon in Form von Nahrungsergänzungsmitteln und Sprays vertrieben. in der Drogerie sein dürfen.

Einschlafhilfen mit Melatonin: Wie funktioniert das?

Melatonin ist ein körpereigenes Hormon und wird von der Zirbeldrüse, einem Teil des Zwischenhirns, produziert. Es beeinflusst das Schlaf-Wachverhalten von Lebewesen. Melatonin wird bei Dunkelheit ausgeschüttet – deswegen werden wir abends müde. Die Konzentration von Melatonin im Blut steigt dabei langsam an. Mitten in der Nacht, so gegen zwei oder drei Uhr, erreicht diese den Höhepunkt. In den frühen Morgenstunden fällt die Hormonkonzentration dann wieder ab.

Melatonin beeinflusst nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus, sondern auch weitere biologische Funktionen des Körpers wie den Blutdruck oder die Nierenfunktion. Aufgrund der breiten Wirkung sollte die Einnahme gut überlegt erfolgen, sagt Gerd GlaeskeGerd Glaeske Gerd Glaeske (1945 bis 2022) war Pharmakologe, Gesundheitswissenschaftler und u.a. jahrelanger Mitarbeiter für Bittere Pillen. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er durch Funk, Fernsehen und diverse Printmedien bekannt. 23 Jahre lange hatte er die Professur für Arzneimittelanwendungsforschung am Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen inne und war zudem Mitglied des MedWatch-Beirates., PharmakologePharmakologe Eine Pharmakologin und ein Pharmakologe sind Expert*innen auf dem Gebiet der Pharmakologie. Ihr Arbeitsgebiet ist die Erforschung von Wirkungen und Wechselwirkungen eines Stoffes auf einen Organismus. Dies ist besonders bei der Neuentwicklung von Medikamenten wichtig. Ein Pharmakologe untersucht die biochemischen und physiologischen Effekte, also die Aufnahme, die Verteilung, den biochemischen Um-und Abbau im Körper sowie die Ausscheidung des Mittels. Die Pharmakologin prüft erwünschte und unerwünschte Nebenwirkungen, Wechselwirkungen mit anderen Stoffen und berücksichtigt hierbei genetische Faktoren. Auch Planung, Durchführung und Auswertung von Arzneimittelstudien gehören zum Aufgabengebiet. Zudem diagnostiziert und behandelt ein Pharmakologe Vergiftungen und führt toxikologische Beratungen durch. der Uni Bremen und Mitglied des Beirats von MedWatch. Mit seinem Team hat er in diesem Jahr für die Stiftung Warentest Einschlafhilfen genauer angeschaut. Niedrige Melatoninwerte gehen laut Glaeske nicht automatisch mit Schlafstörungen einher.

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Melatonin-Präparate können zu unterschiedlichen allergischen Reaktionen führen, außerdem zu Rachenentzündungen, Bronchitis, Rückenschmerzen sowie in seltenen Fällen zu Gelenkschmerzen. Diese Nebenwirkungen werden unter Melatonin häufiger gemeldet als unter Placebo, berichtet Glaeske. Melatonin kann das Immunsystem beeinflussen und eigne sich daher nicht für Patienten mit AutoimmunerkrankungenAutoimmunerkrankungen Bei Autoimmunerkrankungen handelt es sich um Erkrankungen, die das eigene Immunsystem hervorruft. Es produziert hierbei eine große Menge an Abwehrstoffen. Diese Überproduktion schädigt nicht nur die Zellen des eigenen Immunsystems, sondern kann jegliches Gewebe und sämtliche Organe im Körper angreifen. Das Ungleichgewicht der Immunabwehr führt zu ganz unterschiedlichen Symptomen, die nicht immer auf Anhieb als Autoimmunerkrankung zu erkennen sind. Eine Diagnose gestaltet sich daher in manchen Fällen als langwierig. Eine solche chronische Erkrankung – wie z.B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa – begleitet die Patienten ein Leben lang, da die Ursache nicht behandelt werden kann.. Eine beobachtete Zunahme von Infektionen soll nach der Zulassung weiter überprüft werden.

Als schwere Nebenwirkungen werden auch Bewusstlosigkeit, Stürze, Frakturen sowie Störungen der Blutversorgung des Herzens und des Gehirns angesehen. Aus Tierstudien ergeben sich zudem Risikosignale hinsichtlich Schäden an der Netzhaut im Auge, Tumore der Schilddrüse und Vergiftungen der LeberLeber Die Leber ist ein Stoffwechselorgan im menschlichen Körper. Als Hauptentgiftungsstelle verantwortet sie die Verwertung von Nahrungsbestandteilen, den Abbau und die Ausscheidung von Stoffen. Sie baut, zusammen mit anderen Organen, alte oder beschädigte Blutkörperchen ab. Auch die Produktion lebenswichtiger Proteine gehört zu ihren Aufgaben. Sie speichert Vitamine und Spurenelemente und stellt mit Hilfe von Vitamin K Eiweiße her, die für die Blutgerinnung wichtig sind. Die Leber steuert zusätzlich den Blutzuckerspiegel und stellt Ausgangsprodukte für die Hormonproduktion her. Sie nimmt eine wichtige Rolle im Fettstoffwechsel ein. Eine Besonderheit der Leber ist, dass sie sich nach Verletzungen zu einem Großteil regenerieren kann, was für andere Organe nicht der Fall ist..

ArzneimittelArzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die angewandt werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Es kann sich hierbei ebenfalls um Mittel handeln, die dafür sorgen, dass Krankheiten oder Beschwerden gar nicht erst auftreten. Die Definition beinhaltet ebenso Substanzen, die der Diagnose einer Krankheit nutzen oder seelische Zustände beeinflussen. Die Mittel können dabei im Körper oder auch am Körper wirken. Das gilt sowohl für die Anwendung beim Menschen als auch beim Tier. Die gesetzliche Definition von Arzneimitteln ist im § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) enthalten. sollen dazu dienen, Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, physiologische Körperfunktionen positiv zu verändern oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Arzneimittel unterliegen den strengen Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (AMG). Sofern es sich nicht um homöopathische oder andere Mittel der „besonderen Therapierichtungen“ handelt, müssen sie zugelassen werden. Arzneimittel können rezeptpflichtig oder rezeptfrei sein. Fast alle Arzneimittel sind apothekenpflichtig, doch gibt es auch einige wenige, die etwa in Drogerien verkauft werden dürfen.

NahrungsergänzungsmittelNahrungsergänzungsmittel Nahrungsergänzungsmittel werden den Lebensmitteln zugeordnet und sind abgegrenzt von Medikamenten zu betrachten. So dürfen sie, wie der Name schon sagt, die normale Ernährung ergänzen, sie jedoch nicht ersetzen und zudem keine arzneiliche Wirkung zeigen. Sie werden als Kapseln, Tabletten, Tropfen oder Ähnliches angeboten und enthalten oft Vitamine, Mineralstoffe oder sonstige Nährstoffe, die eine Wirkung erzielen sollen. Sie dürfen jedoch nicht wie ein Arzneimittel beworben werden. Die Hersteller dürfen keine spezifische Wirkung wie die Linderung oder Vorbeugung einer Krankheit anpreisen oder für ein definiertes Anwendungsgebiet werben. (NEM) sind eine besondere Gruppe Lebensmittel, die der Förderung der Gesundheit dienen sollen. Sie sind dazu bestimmt, die normale Ernährung zu ergänzen. NEM können beim Bundesamt für VerbraucherschutzVerbraucherschutz Verbraucherschutz ist deutschland- und europaweit ein breit gefächertes Gebiet. So gibt es ein Amt für Verbraucherschutz, ein Bundesinstitut für Risikobewertung, die EFSA – die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit – und eine Health-Claims-Verordnung. In Deutschland existieren 16 Verbraucherzentralen und weitere verbraucherpolitische Organisationen, die in einem gemeinsamen Bundesverband gebündelt sind. Verbraucherschutz beinhält Rechtsvorschriften und Verbraucherrechte die z.B. Bereiche wie Lebensmittelsicherheit, Kaufverträge und Verträge mit Banken und Geldinstituten berücksichtigen. und LebensmittelsicherheitLebensmittelsicherheit Lebensmittelsicherheit ist ein komplexer Bereich. Es wird zwischen sog. horizontalen und vertikalen Bestimmungen unterschieden. Ersteres bedient Bestimmungen für die Lebensmittelkennzeichnung, für Zusatzstoffe in Lebensmitteln sowie für Rückstände in Lebensmitteln. Vertikale Bestimmungen beziehen sich auf Nahrungsergänzungsmittel, Milch, Eier, Fisch, Fruchtsäfte und vieles mehr. Auch für kosmetische Produkte wie z.B. Zahncreme, Shampoo, Nagellack sowie Bedarfsgegenstände (Spielzeug, Geschirr, Schuhe, Textilien, Modeschmuck…) gilt das Lebensmittelrecht. Zusatzstoffe und neuartige Lebensmittel müssen zugelassen sein, schädliche Rückstände von Pflanzenschutzmitteln sind verboten. Kennzeichnungen müssen erkennbar machen, ob zum Beispiel Allergene enthalten sind. (BVL) registriert werden, danach ist die sofortige Vermarktung möglich. Behördliche Kontrollen erfolgen nur auf Verdacht beziehungsweise Aufforderung durch die Lebensmittelüberwachungsbehörden der Länder. Nahrungsergänzungsmittel dürfen nicht als Arzneimittel beworben oder mit Aussagen, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen, angeboten werden.

Diätische Lebensmittel für spezielle Gruppen sollen besonderen Ernährungserfordernissen etwa für Kranke, Schwangere, Kleinkinder oder Säuglinge entsprechen. Die Anforderungen an Lebensmittel für spezielle Gruppen sind in Deutschland in der Verordnung über diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) sowie in EU-Verordnungen geregelt. Dort ist auch festgelegt, dass sich Lebensmittel für spezielle Gruppen für den angegebenen Ernährungszweck eignen und aufgrund ihrer besonderen Zusammensetzung oder Herstellung deutlich von normalen Lebensmitteln unterscheiden müssen.

Welche Produkte sind auf dem Markt?

Als Arzneimittel ist das Präparat Circadin (2 mg Melatonin) zur Behandlung von Schlafstörungen bei über 55-Jährigen zugelassen und in Apotheken erhältlich.

In deutschen Drogerien sind aktuell zwei Nahrungsergänzungsmittel erhältlich, die – nach der grundsätzlichen Einschätzung des Bundesinstitut für Arzneimittel und MedizinprodukteMedizinprodukte Medizinprodukte sind z.B. Implantate, Katheder, Infusionen, Herzschrittmacher und Co. Sie definieren sich durch eine vom jeweiligen Hersteller bestimmte medizinische Zweckbestimmung für die Anwendung beim Menschen. Anders als bei Arzneimitteln entfaltet sich ihre Hauptwirkung auf physikalische Weise. Verschiedenste Vorgaben regeln das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Medizinprodukten. Dadurch soll für die Sicherheit und Eignung der Medizinprodukte gesorgt werden. Es geht hierbei zudem um den Schutz von Patienten, Anwendern und Dritter. (BfArMBfArM Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist zuständig für die Zulassung und Registrierung von Arzneimitteln, Arzneimittelsicherheit (Pharmakovigilanz) sowie für die Risikoerfassung und -bewertung von Medizinprodukten. Es regelt sowohl das legale Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln und ihren Ausgangsstoffen als auch deren Herstellung, Anbau und Handel. Das BfArM agiert ebenso dafür Forschung und regulierende Tätigkeiten miteinander zu vernetzen.) – so viel Melatonin enthalten, dass sie auf Basis wissenschaftlicher Studien eigentlich eine Zulassung als Arzneimittel bedürften. Das sind:

  • Alsiroyal GutEinschlafen (2 mg Melatonin pro Kapsel), Hersteller Alsitan ist ansässig in Bayern.
  • Greendoc Schneller Einschlafen Kapseln (0,5 mg Melatonin pro Kapsel), Herstel­ler Windstar ist ansässig in Hessen.

„Es gibt eine klare Einschätzung zum Melatoningehalt seitens der Bundesbehörde“, sagt ein BfArM-Sprecher MedWatch. Das BfArM und das frühere Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz hätten bereits 1996 zu dieser Frage Stellung bezogen:

„…Danach handelt es sich bei Melatonin um eine Substanz mit pharmakologischer Wirkung und nicht um ein Nahrungs- oder Nahrungsergänzungsmittel. Diese Bewertung erfolgt dosisunabhängig. D.h. sie gilt auch für geringe Melatoningehalte wie z.B. 0,1 mg. Als Fertigarzneimittel bedarf Melatonin einer Zulassung durch das BfArM; Voraussetzung hierfür ist der Nachweis von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit.“

Präparate mit Melatoningehalten von 0,1 bis 2,0 mg erhöhen die messbare Konzentration von Melatonin im Blut bereits in einem Maß, wie er durch das körpereigene Hormon als Spitzenspiegel in der Nacht erreicht wird, berichteten die Behörden damals. Schon diese Werte könnten schlaffördernd wirken und zu einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit führen.

Melatonin in isolierter und konzentrierter Form aus pflanzlichen Lebensmitteln diene weder der Ernährung oder dem Genuss, noch bestehe ein Bedarf im Sinne eines lebensnotwendigen Mikronährstoffes (siehe Kasten). Damit sei Melatonin nicht als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen. Wegen der unerwünschten Wirkungen bestehen außerdem erhebliche gesundheitliche Bedenken gegen die unkontrollierte Aufnahme größerer Stoffmengen von Melatonin.

Und jetzt?

Laut Gesetz sind die Landesbehörden gefragt. „Die Einschätzung des BfArM (Anmerk. der Red.: Melatonin hat eine pharmakologische Wirkung, es ist kein Nahrungsergänzungsmittel) versetzt die für die Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln zuständigen Behörden der Länder in die Lage, ordnungsbehördliche Maßnahmen zum Schutz der Patientinnen und Patienten einzuleiten, zum Beispiel die Einfuhr oder den Vertrieb dieser Produkte zu untersagen“, sagt uns der BfArM-Sprecher.

Wir haben also bei den zuständigen Landesbehörden in Bayern (Alsiroyal) und Hessen (Greendoc) nachgefragt, ob sie bereits aktiv geworden sind. Und tatsächlich: In beiden Ämtern war das Problem bekannt. Aber: „Der Bescheid des BfArMs wird zurzeit angefochten, damit ist dieser nicht rechtskräftig und kann daher auch nicht in eine Maßnahme der Landesbehörde umgesetzt werden.“, schreibt uns ein Sprecher des Landesgesundheitsamts Hessen. Der Hersteller von Greendoc hatte gegen die Entscheidung Widerspruch eingelegt, eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster steht noch aus. Derweil darf das Präparat weiter vertrieben werden, so lange kein rechtskräftiges Urteil vorliegt. „Da nicht von einem akuten gesundheitlichen Risiko für den Verbraucher ausgegangen werden kann, wäre eine Untersagung des Inverkehrbringens mit Sofortvollzug weder erforderlich noch angemessen.“

Die Antwort der in Sachen Alsiroyal zuständigen Regierung von Oberbayern fällt ähnlich aus:

Im Zusammenhang mit dem Vertrieb melatoninhaltiger Produkte durch die Firma Alsitan GmbH sind der Regierung von Oberbayern zwei Produkte bekannt, die unter dem Handelsnamen „Alsiroyal Gut Einschlafen Melatonin“ in Form von Kapseln sowie in Form eines Schokotrunkes in den Verkehr gebracht werden. Das Inverkehrbringen der in Rede stehenden Produkte wurde seitens der Regierung von Oberbayern gegenüber der Firma Alsitan GmbH wegen fehlender Zulassung mit sofortiger Wirkung untersagt.

Allerdings sei der Entscheid nach einer Klage des Herstellers wieder aufgehoben worden. Daher ist das Mittel wieder im Handel erhältlich. Die Behörde erklärt gegenüber MedWatch, sie prüfe derzeit die Möglichkeiten, rechtlich gegen die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vorzugehen.

Was sagen die Hersteller?

Die Firma Alsitan (Alsiroyal) teilt mit, ihr Produkt sei in der Dosierung von 2 mg pro Tag sehr wohl als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig – es brauche nicht den strikteren Arzneimittel-Regeln unterworfen werden:

Eine objektive Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSAEFSA Die EFSA ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. Sie wurde 2002 mit Sitz in Parma eingerichtet, um die Lebensmittelsicherheit in der EU zu verbessern und ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten. Zu ihren Aufgaben gehört die wissenschaftliche Beratung zu bestehenden und aufkommenden Risiken in der Lebensmittelkette durch wissenschaftliche Gremien und Ausschüsse. Der Großteil ihrer Arbeit erfolgt auf Ersuchen durch die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten, manche der wissenschaftlichen Arbeiten werden auf eigene Initiative durchgeführt. Die EFSA kooperiert mit dem BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung – und wird über den EU-Haushalt finanziert. Die Bewertung von lebensmittelbedingten Risiken erfolgt unabhängig von politischen Entscheidungsfindungen.), welche die Wirksamkeit von Nahrungsergänzungs- und Lebensmitteln in Europa verantwortet, hat für Melatonin die folgende gesundheitsbezogene Angabe zugelassen:

„Melatonin trägt dazu bei, die Einschlafzeit zu verkürzen.“

Diese Einstufung basiere auf verschiedenen, den strengen Maßstäben der EFSA entsprechenden, klinischen Studien. Mit dieser Einstufung der EFSA könnten Verwender sicher sein, dass die Alsiroyal Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel wirksam sind.

Das Verwaltungsgericht Köln hat allerdings eine solche Argumentation bereits 2014 nicht gelten lassen: „Die Feststellung, ob es sich bei einem bestimmten Erzeugnis um ein Arzneimittel handelt, obliegt nach der Rechtsprechung des EuGH den nationalen Gerichten und Behörden“, schreibt es in ihrer Urteilsbegründung.

Die Windstar GmbH (Greendoc) erklärt, die „entsprechende Auffassung des BfArM und einige ältere, die Auffassung des BfArM bestätigende Urteile“ seien bekannt. Doch „möglicherweise ist Ihnen nicht bekannt, dass die Mehrzahl der aktuellen gerichtlichen Entscheidungen aufgrund neuer Tatsachenerkenntnisse zu einer anderen rechtlichen Bewertung gekommen ist“, erklärt die Pressesprecherin von Windstar. Dabei verweist sie etwa darauf, dass „sich entsprechende Mengen an Melatonin auch über die übliche Ernährung aufnehmen“ lassen, was „das Überschreiten der sogenannten Erheblichkeitsschwelle, die zwingende Voraussetzung für die Einstufung eines Funktionsarzneimittel ist“, widerlege.

Das stimmt laut der Erklärung der Bundesbehörden von 1996 allerdings nicht:

Melatonin „kommt in sehr geringen Mengen auch in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Um dem Körper nur 0,1 mg des Hormons zuzuführen, müssten allerdings z. B. 1 Tonne Gurken oder 200 Kilogramm Bananen verzehrt werden. Präparate mit Melatoningehalten von 0,1 bis 2,0 mg dagegen erhöhen den Plasmaspiegel von Melatonin bereits in einem Maß, wie er durch das körpereigene Hormon als Spitzenspiegel in der Nacht erreicht wird.“

Die nächste Entscheidung eines Gerichts in Sachen Melatonin wird für 2019 erwartet. Bis dahin stehen Aussage gegen Aussage und die Einschlafkapseln bleiben auf dem Markt.

Für Gerd Glaeske ist die Situation ein Skandal. „Es wird etwas aufgedeckt, aber es folgen keine adäquaten Konsequenzen, der Verbraucherschutz fällt hinten runter.“ Es gäbe nun mal eine offizielle Behörde für die Definition von Arzneimitteln und für die Notwendigkeit von Zulassungen. Und die hat Mittel mit Melatonin als zulassungspflichtig eingestuft. Wie kann es sein, fragt Glaeske, dass Firmen über Jahre immer wieder Lücken suchen und finden, den Arzneimittelstatus, den das BfArM für melatoninhaltige Produkte festgestellt hat, auszuhebeln?

Ausblick

In einem weiteren Artikel zum Thema Einschlafhilfen geht es um die melatoninhaltigen Produkte, die über das Netz bestellt werden können. Außerdem begeben wir uns in die „Höhle des Löwen“ – in der Fernsehshow gewann das Produkt „Sleep well“ die Gunst der Juroren um Carsten Maschmeyer und Frank Thelen, es ist seit kurzem in Drogerien erhältlich. Hier stellt sich die Frage: Wie gut schläft  man – mit „Sleep well“?

Außerdem bleiben wir natürlich an den beiden hier genannten Melatonin-Mitteln dran.


6 comments
  1. Hallo Zusammen,
    es wird auch CBDCBD CBD (Cannabidiol) ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Cannabinoide und wird aus den Blüten und Blättern der Hanfpflanze gewonnen. Im Gegensatz zu THC (Tetrahydrocannabinol) ist CBD nicht psychoaktiv und erzeugt keinen Rausch. Es wird als Arzneimittel für die Behandlung von Epilepsien bei Kindern eingesetzt. Unter anderem wird es auch als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt, z.B. zur Beruhigung oder Schlafunterstützung. Wegen seiner entkrampfenden Eigenschaften kommt es zur Behandlung von Krämpfen bei Multipler Sklerose zum Einsatz.-Produkten MelatoninMelatonin Melatonin – ein Hormon, welches den Tag-Nacht-Rhythmus steuert – wird größtenteils im Gehirn durch die Zirbeldrüse synthetisiert. Seine Ausschüttung ist abhängig von der Tageslichtmenge, die auf die Netzhaut des Auges fällt. Dunkelheit regt die Ausschüttung an, weswegen es auch Schlafhormon genannt wird. Melatonin wird in letzter Zeit vermehrt als Wundermittel gehandelt. Es soll zusätzlich zu Schlafstörungen als Anti-Aging-Agenz und gegen Krebs wirken. In Deutschland wurde bisher nur ein Medikament mit Melatonin zugelassen. Dies ausschließlich zur kurzfristigen Einnahme von Patienten über 55, bei denen eine (auf keiner Krankheit beruhende) Schlafstörung besteht. Hochdosierte Melatonin-Präparate sind zudem verschreibungspflichtig. Über die schlafstimulierende Wirkung hinausgehende Anwendungen sind bisher nur unzureichend untersucht. Dies gilt ebenso für Langzeit-, Neben- und Wechselwirkungen des Hormons sowie für die Einnahme durch Schwangere und Stillende. Ungeachtet dessen wird das Hormon in Form von Nahrungsergänzungsmitteln und Sprays vertrieben. zugesetzt. So enthält “Hanf Schlafformel” 1 mg pro Dosis. Das finde ich beunruhigend …

  2. Hallo,
    hier schreibt Euch ein langjähriger Anwender von MelatoninMelatonin Melatonin – ein Hormon, welches den Tag-Nacht-Rhythmus steuert – wird größtenteils im Gehirn durch die Zirbeldrüse synthetisiert. Seine Ausschüttung ist abhängig von der Tageslichtmenge, die auf die Netzhaut des Auges fällt. Dunkelheit regt die Ausschüttung an, weswegen es auch Schlafhormon genannt wird. Melatonin wird in letzter Zeit vermehrt als Wundermittel gehandelt. Es soll zusätzlich zu Schlafstörungen als Anti-Aging-Agenz und gegen Krebs wirken. In Deutschland wurde bisher nur ein Medikament mit Melatonin zugelassen. Dies ausschließlich zur kurzfristigen Einnahme von Patienten über 55, bei denen eine (auf keiner Krankheit beruhende) Schlafstörung besteht. Hochdosierte Melatonin-Präparate sind zudem verschreibungspflichtig. Über die schlafstimulierende Wirkung hinausgehende Anwendungen sind bisher nur unzureichend untersucht. Dies gilt ebenso für Langzeit-, Neben- und Wechselwirkungen des Hormons sowie für die Einnahme durch Schwangere und Stillende. Ungeachtet dessen wird das Hormon in Form von Nahrungsergänzungsmitteln und Sprays vertrieben..
    Mehr als 20 Jahre litt ich an Durchschlafstörungen. Jahrelang zogen nicht wenige Hausärzte und auch Fachärzte meine Beschwerden ins Lächerliche und taten sie eher als Bagatelle ab. Erst die Testergebnisse aus Schlaflabors wurden widerwillig akzeptiert. Trotz ständiger ambulanter und mehrerer stationärer wochenlanger Behandlungen mit allen möglichen Therapieformen der Schulmedizin und klassischen Psychotherapie gab es keinerlei Besserung – mein Leistungsvermögen ging gegen Null; Ergebnis: vorzeitige Verrentung mit Anfang 50 . Als unter einer vorgeschlagenen Behandlung mit Pyschopharmaka während eines stationären Aufenthaltes akute Suizidgefahr mit Bewußtseinsstörungen und Halluzinationen auftrat, habe ich angefangen, neben der Schulmedizin nach anderen, ergänzenden Behandlungsmöglichkeiten zu suchen. Dabei begegnete mir auch Ende der 1990-er Jahre der Stoff “Melatonin”. Anfangs noch in Apotheken auf Rezept erhältlich, dann verboten, um 2012 rezeptpflichtig wieder zugelassen, aber bis heute von vielen Seiten erbittert bekämpft. Meine Erfahrung: seit etwa 13 Jahren nehme ich 3 bis 3,5 mg Melatonin (seit ca. 3 Jahren Alsiroyal 2 mg + 1 bis 1,5 mg aus dem Internet oder den USA) und erfreue mich seither eines erholsamen Schlafes und ansonsten altersgemäßer Gesundheit. Das Ganze mittlerweile wieder unter ärztlicher und labormäßiger Begleitung. Meine Erkenntnis: man muß sich auch schon mal selbst auf den Weg machen. Nach dem alten etwas saloppen Spruch: “Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner”. Oder in zeitgemäßerer Form: man darf auch irgendwann mal anfangen, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen.

  3. Sie möchten also ein wirksames Mittel dem Verbraucher im Namen des Verbraucherschutzes entziehen. Die aufgeführten schlimmen möglichen Nebenwirkungen scheinen nicht schlimmer als bei Paracetamol zu sein. Gehen Sie auch gegen Paracetamol vor? Deutschland hat schon eine der restriktivsten Politiken bzgl. frei verfügbaren Medikamenten. Am besten nehmen Sie sich noch auch Vitamin D vor. Ist ja auch ein Hormon. Klingt gefährlich…

    1. Hallo,

      Hallo Alex B., danke für Ihren Kommentar. Es geht – wie Sie dem Text auch entnehmen können – darum, dass der Verbraucher aus Melantonin-Präparaten wählen kann, die jeweils sicher sind, da sie zuvor u.a. auf ihren Melantonin-Gehalt überprüft wurden und zugelassen sind. Viele der derzeit freiverkäuflich angebotenen Produkte sind das nicht und enthalten zu viel Melantonin, das zu Nebenwirkungen führen kann.

      Beste Grüße, Nicola

    2. Tatsächlich kann man zu viel Vitamin D einnehmen und Mittel mit 10.000 Einheiten pro Tablette sind eigentlich zu viel.

      Nur das dort überall drauf steht, wieviel man höchstens einnehmen darf.
      Das ist schon mal mehr Information als bei MelatoninMelatonin Melatonin – ein Hormon, welches den Tag-Nacht-Rhythmus steuert – wird größtenteils im Gehirn durch die Zirbeldrüse synthetisiert. Seine Ausschüttung ist abhängig von der Tageslichtmenge, die auf die Netzhaut des Auges fällt. Dunkelheit regt die Ausschüttung an, weswegen es auch Schlafhormon genannt wird. Melatonin wird in letzter Zeit vermehrt als Wundermittel gehandelt. Es soll zusätzlich zu Schlafstörungen als Anti-Aging-Agenz und gegen Krebs wirken. In Deutschland wurde bisher nur ein Medikament mit Melatonin zugelassen. Dies ausschließlich zur kurzfristigen Einnahme von Patienten über 55, bei denen eine (auf keiner Krankheit beruhende) Schlafstörung besteht. Hochdosierte Melatonin-Präparate sind zudem verschreibungspflichtig. Über die schlafstimulierende Wirkung hinausgehende Anwendungen sind bisher nur unzureichend untersucht. Dies gilt ebenso für Langzeit-, Neben- und Wechselwirkungen des Hormons sowie für die Einnahme durch Schwangere und Stillende. Ungeachtet dessen wird das Hormon in Form von Nahrungsergänzungsmitteln und Sprays vertrieben..

  4. Danke für diesen Artikel. ich bin sehr dafür, das das Mittel apothekenpflichtig wird. Ich kaufe es selbst, ursprünglich aus dem Internet, habe endlich keine Probleme mehr mit Einschlafen nach 20 Jahren
    aber
    nirgendwo wird auf Risiken hingewiesen. Es gibt keine Beratung. Ich kann Mittel mit 5 mg kaufen und kein Hinweis wieviel es höchstens sein sollte noch wie es längstens am Stück genommen werden darf.
    Das ist nicht richtig.

    Im Vergleich dazu, gibt es GlobuliGlobuli Globuli (Plural für „Kügelchen“) sind eine in der Homöopathie verwendete Darreichungsform. Auch in der Bach-Blütentherapie oder bei Schüßler-Salzen finden sie Anwendung. Die Kügelchen werden in verschiedenen Potenzen angeboten, d.h. in verschiedenen Verdünnungen der eigentlichen Substanz. Die Verdünnungen sind jedoch so hoch, dass die Stoffe in den Globuli nicht mehr vorhanden sind. Die Theorie des Potenzierens basiert darauf, dass das Wasser, in dem die Stoffe verdünnt wurden, ein Gedächtnis für die Substanz hat und auf Grund dessen wirkt. Die weißen bis gelben Zuckerkügelchen bestehen aus Rohrzucker (Saccharose). Mit der HPLC (einer sehr sensitiven chromatographischen Analysemethode) können in der Regel keine weiteren Zusatzstoffe nachgewiesen werden. Bis heute gibt es keine Belege für eine Wirksamkeit über die eines Placebos hinaus. nur in Apotheken.
    Das ist verrückt.