Ein ChlordioxidChlordioxid Chlordioxid, ClO2, ist bei Raumtemperatur ein bernsteinfarbenes Gas, welches bei einer Konzentration von über 10% in der Luft explosiv ist. Deshalb wird es zumeist in wässriger, nicht explosiver, Lösung angeboten (CDL). Chlordioxid besitzt eine oxidative Wirkung, so dient es z.B. als Bleichmittel von Zellstoff (z.B. Papier) oder auch der Desinfektion von Trinkwasser. Auf vielen Foren wird es als Allheilmittel – auch gegen Corona – beschrieben, oft mit verehrenden gesundheitlichen Folgen. Die Anrufe beim Giftnotruf häufen sich und auch die Gabe von CDL (oder MMS) an kleine Kinder wird propagiert. Für die angepriesene Heilung der verschiedensten Krankheiten gibt es aktuell keine wissenschaftliche Grundlage.-Kongress will Gegenentwurf sein, 41 Sprecher aus Europa, Asien oder Südamerika bewerben die Einnahme der gesundheitsgefährlichen Bleiche Chlordioxid. Die Organisatoren werfen Kritikern aus Wissenschaft, Politik und Medien manipulatives Verhalten vor, man selbst erklärt sich zu frei denkenden Pionieren. Ein MedWatch-Team hat sich das Ganze genauer angesehen.
Die Kritik ist deutlich: Wenn man nach Informationen zu Chlordioxid im Internet suche, dann erschienen in der Regel als Erstes „Schreckensnachrichten aus den ,Mainstream-Medien‘“, Chlordioxid sei „eine hochgiftige Chlorbleiche, mit der man sich verätzen würde und eine gesundheitlich positive Wirkung sei ausgeschlossen.“
Auf der Start-Seite der Online-Konferenz „Paradigma“, die in diesem Sommer stattgefunden hat, findet sich für „Medien. Politik. Wissenschaft“ eine eigene Rubrik. „Warum analysiert niemand die Fakten“, klagt man dort weiter. Schließlich habe es Fortschritt doch immer durch mutige Forschung und Entdeckungen frei denkender Pioniere gegeben.
Ob wir – ob Medwatch – angesprochen wird?
Wenn man uns zu den Mainstream-Medien zählen möchte, okay. Und ja, man findet diverse MedWatch-Berichte zu Chlordioxid bei uns. Wir warnen vor der Einnahme, auf Basis wissenschaftlicher Analysen und Studien – wie auch Gesundheitsbehörden aus der ganzen Welt (siehe Kasten) es tun, denn: Chlordioxid ist eine Chlorbleiche, mit welcher man sich verätzen kann und eine gesundheitlich positive Wirkung durch die Einnahme ist ausgeschlossen!
Die offiziellen Fakten zu Chlordioxid (MMSMMS MMS ist die Kurzform für Miracle Mineral Supplement. Damit wird eine Chlordioxid-Lösung, auch CDL genannt, bezeichnet. Der Begriff geht auf Jim Humble zurück, welcher ein ehemaliges und langjähriges Scientology-Mitglied war und 2010 eine weitere Sekte gründete (Genesis II, Church of Health & Healing). Chlordioxid, ClO2, ist bei Raumtemperatur ein bernsteinfarbenes Gas, welches bei einer Konzentration von über 10% in der Luft explosiv ist. Deshalb wird es zumeist in wässriger, nicht explosiver, Lösung angeboten (MMS / CDL). Chlordioxid besitzt eine oxidative Wirkung, so dient es z.B. als Bleichmittel von Zellstoff (z.B. Papier) oder auch der Desinfektion von Trinkwasser. Auf vielen Foren wird es als Allheilmittel – auch gegen Corona – beschrieben, oft mit verehrenden gesundheitlichen Folgen. Die Anrufe beim Giftnotruf häufen sich und auch die Gabe von CDL / MMS an kleine Kinder wird propagiert. Für die angepriesene Heilung der verschiedensten Krankheiten gibt es aktuell keine wissenschaftliche Grundlage.)
In der DACH-Region
- Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät davon ab, MMS einzunehmen. Zudem stufte das BfArMBfArM Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist zuständig für die Zulassung und Registrierung von Arzneimitteln, Arzneimittelsicherheit (Pharmakovigilanz) sowie für die Risikoerfassung und -bewertung von Medizinprodukten. Es regelt sowohl das legale Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln und ihren Ausgangsstoffen als auch deren Herstellung, Anbau und Handel. Das BfArM agiert ebenso dafür Forschung und regulierende Tätigkeiten miteinander zu vernetzen. im Jahr 2015 MMS als zulassungspflichtiges Arzneimittel ein, „weil mit der Einnahme schädliche Wirkungen verbunden sind, die über ein vertretbares Maß hinausgehen.“ Eine Zulassung hat MMS nie erhalten. Deshalb darf es nicht als Heilmittel verkauft werden. Im Jahr 2019 verurteilte der BundesgerichtshofBundesgerichtshof Der BGH, der Bundesgerichtshof ist das oberste Gericht in Deutschland und die letzte Instanz im Bereich der Zivil- und Strafrechtspflege und hat seinen Sitz in Karlsruhe. Der BGH befindet sich in der Trägerschaft des Bundes. Oberstes Ziel ist die Sicherung der Rechtseinheit und die Klärung grundsätzlicher Fragen. Der BGH prüft Entscheidungen der vorgeschalteten Gerichte in der Regel ausschließlich auf Rechtsfehler. Die Rechtspraxis des Zivilrechtes orientiert sich in den meisten Fällen an den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes. einen Händler zu einer Gefängnisstrafe von mehr als drei Jahren – „wegen fahrlässigen Inverkehrbringens von bedenklichen Arzneimitteln“. Er hatte in seinem Online-Shop unter anderem MMS verkauft, MedWatch berichtete damals.
- Die Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für ArzneimittelArzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die angewandt werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Es kann sich hierbei ebenfalls um Mittel handeln, die dafür sorgen, dass Krankheiten oder Beschwerden gar nicht erst auftreten. Die Definition beinhaltet ebenso Substanzen, die der Diagnose einer Krankheit nutzen oder seelische Zustände beeinflussen. Die Mittel können dabei im Körper oder auch am Körper wirken. Das gilt sowohl für die Anwendung beim Menschen als auch beim Tier. Die gesetzliche Definition von Arzneimitteln ist im § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) enthalten. und MedizinprodukteMedizinprodukte Medizinprodukte sind z.B. Implantate, Katheder, Infusionen, Herzschrittmacher und Co. Sie definieren sich durch eine vom jeweiligen Hersteller bestimmte medizinische Zweckbestimmung für die Anwendung beim Menschen. Anders als bei Arzneimitteln entfaltet sich ihre Hauptwirkung auf physikalische Weise. Verschiedenste Vorgaben regeln das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Medizinprodukten. Dadurch soll für die Sicherheit und Eignung der Medizinprodukte gesorgt werden. Es geht hierbei zudem um den Schutz von Patienten, Anwendern und Dritter. swissmedic warnt „vor der Einnahme des sogenannten Wundermittels ‚Miracle Mineral Supplement‘, kurz MMS, und weiteren ähnlichen Produkten wie Chlordioxid, CDLCDL CDL, Chlordioxid, wird aus Natriumchlorit und einer Säure, z.B. Salzsäure, hergestellt. Es wird als gasförmiges ClO2 in der Lösung freigesetzt. Auf vielen Foren wird es als Allheilmittel – auch gegen Corona – beschrieben, oft mit verehrenden gesundheitlichen Folgen. Die Anrufe beim Giftnotruf häufen sich und auch die Gabe von CDL an kleine Kinder wird propagiert. Für die angepriesene Heilung der verschiedensten Krankheiten gibt es aktuell keine wissenschaftliche Grundlage., CDSCDS CDS ist die englische Bezeichnung für Chlordioxid Lösung (CDL): Chlorine Dioxide Solution. Chlordioxidlösung, wird aus Natriumchlorit und einer Säure, z.B. Salzsäure, hergestellt. Es wird als gasförmiges ClO2 in der Lösung freigesetzt. Auf vielen Foren wird es als Allheilmittel – auch gegen Corona – beschrieben, oft mit verehrenden gesundheitlichen Folgen. Die Anrufe beim Giftnotruf häufen sich und auch die Gabe von CDL an kleine Kinder wird propagiert. Für die angepriesene Heilung der verschiedensten Krankheiten gibt es aktuell keine wissenschaftliche Grundlage., Master Mineral Solution.“
- In Österreich erklärt das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG): „Produkte, welche die angeführte, behauptete Wirkung von MMS bzw. CDL/CDS erzielen könnten, sind per Definition Arzneimittel und dürfen nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn deren Wirksamkeit und Sicherheit im Rahmen von klinischen Prüfungen belegt und in einem behördlichen Zulassungsverfahren bestätigt worden sind. Für die […] angeführten Chlordioxid-Produkte liegen keinerlei derartige Daten vor. Folglich ist die klinische Wirksamkeit und somit auch die Sicherheit nicht erwiesen und es gibt keine aufrechte Zulassung als Arzneimittel. Für die genannten Produkte bestehen schwere Sicherheitsbedenken.“1https://www.basg.gv.at/marktbeobachtung/amtliche-nachrichten/detail/warnung-vor-chlordioxidloesungen-mms-cds-cdl
In Nord- und Süd-Amerika
- Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDAFDA FDA ist die US-amerikanische Arzneimittelbehörde U.S. Food and Drug Administration. Zu ihren Aufgabengebieten gehören u.a. die Zulassung, Kontrolle und Überwachung von Arzneimitteln, Impfungen und Medizinprodukten in den USA. Das deutsche Äquivalent ist die EMA, die europäische Arzneimittel-Agentur. erneuerte ihre Warnungen im Hinblick auf die CoronaCorona Mit Corona bezeichnet die Allgemeinbevölkerung zumeist SARS-CoV-2 (Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2). Es ist ein neues Beta-Coronavirus, welches zu Beginn des Jahres 2020 als Auslöser der Krankheit COVID-19 identifiziert wurde. Coronaviren waren schon vor 2020 altbekannt. In Menschen verursachen sie vorwiegend milde Erkältungskrankheiten (teils auch schwere Lungenentzündungen) und auch andere Wirte werden von ihnen befallen. SARS-CoV-2 hingegen verursacht wesentlich schwerere Krankheitsverläufe, mit Aufenthalten auf der Intensivstation bis hin zum Tod. Der Virusstamm entwickelte und entwickelt seit seiner Entdeckung verschiedene Virusvarianten, die in ihren Aminosäuren Austausche aufweisen, was zu unterschiedlichen Eigenschaften bezüglich ihrer Infektiosität und der Schwere eines Krankheitsverlaufes führt. Seit Dezember 2020 steht in Deutschland ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zur Verfügung.-PandemiePandemie Pandemie bezeichnet eine globale Epidemie, eine zeitlich begrenzte und zugleich weltweit stattfindende Infektionskrankheit. Fehlende Grundimmunitäten gegen, z.B. neu mutierte, Bakterien- oder Virenstämme erhöhen Infektions- und Todesraten. Während einer Pandemie mit schweren Krankheitsverläufen sind Überlastungen von Gesundheitsversorgungsstrukturen und des öffentlichen Lebens schnell erreicht. Bekannte Beispiele für durch Viren hervorgerufene Pandemien sind HIV (seit den 80er Jahren), das Influenza-A-Virus (H1N1) von 2009 sowie Corona (seit 2019). Der weltweite Handel, eine globale Mobilität sowie immer weniger Rückzugsorte für andere Lebewesen begünstigen nicht nur die Entstehung von Infektionskrankheiten, sondern auch deren Ausbreitung. Die WHO kontrolliert in einem ständigen Prozess das Auftreten und die Verbreitung von Infektionskrankheiten, die potentiell epidemisch oder pandemisch werden könnten.2https://www.fda.gov/consumers/consumer-updates/danger-dont-drink-miracle-mineral-solution-or-similar-products, 3https://www.fda.gov/news-events/press-announcements/coronavirus-covid-19-update-fda-warns-seller-marketing-dangerous-chlorine-dioxide-products-claim und berichtet von schwerwiegenden Vergiftungserscheinungen nach dem Konsum von Chlordioxidprodukten:
– Atemstillstand nach einem Sauerstoffmangel (Methämoglobinämie);
– Vorboten potenziell tödlicher Herzrhythmusstörungen;
– Lebensbedrohlich niedriger Blutdruck aufgrund von Dehydration;
– Akutes Leberversagen;
– Niedrige Blutzellzahlen, da rote Blutkörperchen schneller zerstört wurden, als der Körper sie bilden konnte (hämolytische Anämie), was eine Bluttransfusion erforderlich machte;
– starkes Erbrechen und
– schwerer Durchfall.
Außerdem verwarnte die FDA im Mai 2021 ein Unternehmen, das nicht zugelassene Chlordioxid-Produkte verkaufte, die angeblich gegen Covid-19Covid-19 COVID-19 ist ein Akronym für die englische Bezeichnung Coronavirus Disease 2019, was so viel wie Corona-Virus-Krankheit 2019 heißt. Sie wird von dem neuen Beta-Coronavirus SARS-CoV-2 und seinen Varianten ausgelöst. Eine Erkrankung mit COVID-19 äußert sich zumeist – ca. vier bis sechs Tage nach Infektion – relativ unspezifisch durch Husten, Schnupfen, Halsschmerzen und Fieber sowie Störungen des Geruchs- und/oder Geschmackssinns. Atemnot, Kopf- und Gliederschmerzen, allgemeine Schwäche oder auch Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall können hinzukommen. Die Symptome können je nach Virusvariante variieren. Auch schwere Verläufe mit Aufenthalten auf der Intensivstation bis hin zum Tod sind möglich. helfen sollten, und fügte hinzu: „Die FDA warnt die Verbraucher weiterhin davor, Chlordioxid-Produkte […] zu trinken.“ - Diesen Warnungen schließt sich die Panamerikanische Gesundheitsorganisation (PAHO) an, die für Nord- und Südamerika zuständig ist.
Wir haben die indirekte Einladung der Paradigma-Macher dennoch einmal angenommen – und uns die Konferenz genau angesehen. Die „Fakten analysiert“ – wenn Sie so möchten.
Paradigma: Die Konferenz. Ihr Veranstalter
Die Paradigma-Konferenz fand auf Initiative des „Lebensenergie-Projekts“ statt. Es ist kein wissenschaftlich zertifiziertes Angebot, das etwa durch eine Ärzte-Kammer oder eine Gesundheitsbehörde geprüft und abgenommen wurde. Veranstalter Helge Grotelüschen ist kein Mediziner oder Wissenschaftler anderer Disziplin, er ist ein „Herzmensch“, wie auf seiner Website zu erfahren ist. Bisher hat es vier seiner Online- und zwei Live-Lebensfreude-Konferenzen gegeben, außerdem schreibt er den dazu passenden Blog.
Helge Grotelüschen
Grotelüschen beschreibt sich als einen Menschen, der immer auf der Suche gewesen sei, das Leben „lebendiger, lustvoller, genussvoller und bewusster“ werden zu lassen. „Mehr Leben ins Leben zu bringen und mehr Lebensfreude und Lebenssinn finden“. Als 15-Jähriger habe er das Buch „Die Kunst des Liebens“ von Erich Fromm entdeckt – eine lebensprägende Lektüre. Weitere Einflüsse seien aus den „Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften, aus der Medizin und NaturheilkundeNaturheilkunde Die Naturheilkunde verfolgt einen ganzheitlichen Gesundheits-Ansatz. Hierbei wird der Mensch im Ausgangspunkt der Handlungskette als etwas Gesundes betrachtet. Die sog. Schulmedizin stellt im Gegensatz dazu, zunächst die Krankheit in den Mittelpunkt. In der Naturheilkunde geht es um Selbstheilungskräfte, Wiederherstellung eines inneren Gleichgewichtes, sowie um die Vorbeugung von Krankheiten. Nicht die Krankheit, sondern der gesamte Organismus wird therapiert. Die Naturheilkunde kann sowohl von Ärzten als auch von Nichtärzten betrieben werden, sie ist jedoch von der sog. alternativen Medizin, zu der auch die Homöopathie gehört, abzugrenzen. Klassische Verfahren der Naturheilkunde sind zu einem großen Anteil in die Schulmedizin integriert. Hierzu zählen: Bewegungs- und Aromatherapie, Behandlung mit pflanzlichen Wirkstoffen, gesunde Ernährung und Heilfasten.Hinzu gesellen sich die eigenständigen Therapieformen der traditionellen Naturheilverfahren wie TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) und die altindische Ayurveda Therapie. von indigenen Völkern, Bewegungsmethoden, Tanz, Musik, Reisen…“ gekommen.
Alles will Grotelüschen wie ein „Schwamm in sich aufgesaugt“ haben, stets angetrieben, „die wahren Perlen aus den vielen Glasmurmeln herauszukristallisieren.“
Das alles sei ihm sehr gegönnt, das schöne Leben – aber befähigt dies, große Gesundheits-Konferenzen im Netz zu veranstalten, auf der Menschen erfahren, dass sie ungesunde Substanzen einnehmen sollen? Und dafür noch Geld bezahlen? Grotelüschen hat auf unsere Anfrage nicht reagiert. Laut Impressum liegt der „Lebensfreude“-Hauptsitz in der „Sunshine-City“ St. Petersburg in Florida.
Weitere Fürsprecher
Übrigens: Auf den Lebensfreude-Konferenzen berichten Sprecher wie Vitamin D-Befürworter Jörg Spitz über „Das Geheimnis der Evolution“ oder auch Petra und Roland Liebscher-Bracht über den „Schmerz-Code – Schlüssel zur Schmerzfreiheit“. Zum Selbstkostenpreis von 99 Euro sind 20 Vorträge erhältlich.
Nun aber die Paradigma-Konferenz – die im wortwörtlichen Sinn wohl eine „Weltsicht“, ein „Erklärungsmodell“ sein möchte. „41 Experten aus 24 Ländern“ mit „hochkarätigen Interviews“ wurden angekündigt. Neben den Vorträgen in Livestreams gab es eine „Erfahrungsbericht Sammlung“ und Praxisworkshops. Wir haben uns die Vorträge, unter anderem von Andreas Kalcker, angehört und mit Wissenschaftlern und Behörden dazu gesprochen, wie auf der Paradigma-Startseite eingefordert (und wie wir es sowieso immer tun).
Es ändert nichts: Wir warnen vor Chlordioxid und Substanzen wie DSMO. Deren Wirkung ist im besten Fall wirkungslos, kostet die Zuhörer:innen aber unnötig Geld, führt auf falsche und dann doch ungesunde Therapiewege.
Gefährliche Info-Lücken
Zum Beispiel der Vortrag von Hartmut Fischer. Dieser wirbt massiv für eine eigenverantwortliche Selbstmedikation mit DMSODMSO DMSO – Dimethylsulfoxid – ist ein farb- und geruchloser Wirkstoff aus der Gruppe der Antiphlogistika und wird zur äußerlichen Behandlung von Schmerzen, Entzündungen und Schwellungen eingesetzt. DMSO soll ausschließlich äußerlich angewandt werden. Dies kann als Gel, Creme oder Spray erfolgen. Eine besondere Eigenschaft von DMSO ist die Förderung der Aufnahme anderer Wirkstoffe in die Haut. Deshalb ist davon abzuraten, auf dem gleichen Hautareal, welches mit DMSO behandelt wurde, andere Arzneimittel aufzutragen. Im Körper wird DMSO zu Dimethylsulfid (DMS) und Dimethylsulfon metabolisiert. DMS wird über die Lunge und die Haut ausgeschieden, was unerwünschte Wirkungen wie allergische Reaktionen, Rötungen, Juckreiz, Brennen, ein knoblauchartiger Mund- und Körpergeruch sowie Verdauungsstörungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung und Appetitmangel verursachen. Dimethylsulfoxid kann die Freisetzung von Histamin erhöhen. Sowohl bei Kindern als auch in der Schwangerschaft und Stillzeit soll es nicht angewandt werden. (Dimethylsulfoxid). Er leugnet die Existenz von Prionen und Viren und zweifelt den Nutzen von Krebstherapien an. Derartige Behauptungen sind fern der evidenzbasierten Wissenschaft und können gesundheitsgefährdende Folgen haben.
Behandlung mit DMSO und Chlordioxid
Sein diesbezügliches Buch erreicht nach zehn Jahren im Handel die neunte Auflage, mittlerweile in mehreren Sprachen. In Fischers Paradigma-Interviews bewirbt er den „Gesundheitswerkzeugkasten“, welcher u.a. auf DMSO und CDL (Chlordioxid-Lösung) beruht. Diese Kombination soll gegen eine Vielzahl von Krankheiten helfen: Parkinson, Osteoporose, Epilepsie… die Aufzählung ist lang.
DMSO ist auf Grund seiner schmerzlindernden und entzündungshemmenden Wirkung in zumeist verschreibungspflichtigen Salben zu finden. Es erleichtert zudem anderen Substanzen das Eindringen in die Haut. Vorsicht ist geboten, da dies genauso für Giftstoffe gilt.
Fischers Erläuterungen klingen auf den ersten Blick plausibel. Vieles jedoch ist fern von wissenschaftlicher Evidenz: „[Eindeutige Heilerfolge] habe ich viel erlebt in der Praxis.“, „Meine Wahrnehmung ist…“. Mit Formulierungen wie: „Prionen oder Viren, wenn man sie denn so nennen will“ und „sogenannte Viren“ bezweifelt er deren Existenz. Covid wird angedeutet, jedoch nicht namentlich genannt: „[…] jetzt eben auch diese Infektionen, über die viel gesprochen wird, die zu Lungenentzündungen führen können.“ Überdies zweifelt er den Nutzen von Krebstherapien an.
DMSO: Wichtige Hinweise fehlen
DMSO ist zur Einnahme nicht freigegeben. Intravenös verabreicht hat es gar toxische Eigenschaften. Dennoch zeigt Fischer, wie eine Infusionslösung hergestellt wird. Er ermuntert den Zuschauer, dass sich jeder eine Infusion legen kann, ohne jeglichen Hygienehinweis. Wer Angst vor Spritzen hat, solle sich die Lösung aus CDL und DMSO rektal verabreichen.
DMSO sollte nicht von Personen genutzt werden, die an Allergien leiden. Dieser Hinweis fehlt bei Fischer komplett. Mit steigenden Konzentrationen nehmen Nebenwirkungen wie Reizungen der Haut bis hin zu Blasenbildung, Übelkeit, Brechreiz und Magen-Darm-Beschwerden zu. Es gibt keine Daten zur oralen, intravenösen bzw. intramuskulären Anwendung von DMSO als Arzneistoff. Ganz im Gegenteil zeigte sich, dass es mit bestimmten KrebsKrebs Statt eine spezifische Krankheit zu benennen, handelt es sich bei Krebs um einen Sammelbegriff für verschiedene Krankheiten. Ihnen allen gemeinsam ist jedoch das unkontrollierte Wachstum von Körperzellen, aufgrund eines Ungleichgewichts zwischen Zellwachstum und Zelltod. Die Folge daraus ist – außer bei Blutkrebsarten – eine Geschwulst ohne organspezifische Funktion. Dringt diese in das umliegende gesunde Gewebe ein, spricht man von bösartigen Tumoren; ausschließlich bösartigen Tumore werden als Krebs bezeichnet. Krebs kann zudem metastasieren, d.h. er breitet sich im Körper aus, indem die Krebszellen über Blut- und Lymphbahnen wandern und infolgedessen in anderen Organen Tochtergeschwülste bilden.-Medikamenten interferiert, und so deren Wirkung hemmt.
Im versuchten Haftungsausschluss auf seiner Internetseite distanziert sich Fischer indes von einer eigenmächtigen Behandlung ohne Abklärung durch einen Arzt. Im Werbevideo für sein neuestes Buch-Bundle spricht er hingegen von einer kreativen und virtuosen Anwendung seiner Medizin zum Selbermachen. Auf unsere Anfrage hat Hartmut Fischer nicht reagiert.
Unwissenschaftliche Diagnostik und Therapien für Tier und Mensch
Seit 2012 behandelt Dirk Schrader Haustiere mit Chlordioxid. Über Formate wie Online-Konferenzen oder seine Social-Media-Accounts bei Facebook und Telegram möchte er selbsthergestelltes Chlordioxid salonfähig machen, preist es als kostengünstige „Waffe“ an, mit der Todkranke gerettet werden können. Zu seinem Behandlungsrepertoire gehören auch „Effektive Mikroorganismen“ und organischer Schwefel.
Auf Telegram propagiert Schrader etwa im Februar 2021 Chlordioxid als „Wunderwaffe gegen Covid-19“, als ein „einfaches und hocheffektives Mittel“, welches nicht nur den Lockdown und Impfungen überflüssig mache, sondern auch jede zukünftige Pandemie erst gar nicht aufkommen lasse.
Seit 2021 verwendet er in seiner Praxis einen „Bodyscanner“ zur „Quantenanalyse“, die er als diagnostische Revolution bezeichnet. Aus zwei Tropfen Blut und einem ausgezupften Büschel Haare würden ursächliche Erklärungen zu Krankheiten seiner tierischen Patienten geliefert. Die Nutzung der Bioresonanz bezeichnet Schrader in einem Facebookpost als „logische Konsequenz der Quantenanalyse“. Darin propagiert er zudem „bei sichtbarer infektiöser Belastung“ seine biooxidative TherapieTherapie Therapie bezeichnet eine Heil- oder Krankenbehandlung im weitesten Sinn. Es kann hierbei die Beseitigung einer Krankheitsursache oder die Beseitigung von Symptomen im Mittelpunkt stehen. Ziel einer jeden Therapie ist die Widerherstellung der physischen und psychischen Funktionen eines Patienten durch einen Therapeuten. Soweit dies unter den jeweiligen Bedingungen möglich ist. mittels Chlordioxid – auch für Menschen.
Von Behandlungsfehlern und wechselseitigen Anklagen
Schrader wurde mehrfach angezeigt. Unter anderem aufgrund von möglichen Verstößen gegen das Arzneimittel- und das HeilmittelwerbegesetzHeilmittelwerbegesetz Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) regelt den Wortlaut im Zusammenhang mit Heilversprechen. Es darf nach dem HWG nichts behauptet werden, was nicht stimmt. Wird damit geworben, dass ein Medikament oder eine Therapie wirkt, muss diese Wirksamkeit auch wissenschaftlich belegt sein. Dafür muss der Bewerber selbst wissenschaftliche Studienergebnisse vorlegen. Da kaum eine alternativmedizinische Behandlungsmethode wissenschaftlich belegt ist, dürfen Heilpraktiker keine Heilversprechen abgeben., das tierärztliche BerufsrechtBerufsrecht Das Berufsrecht regelt durch Rechtsvorschriften den Zugang und die Ausübung eines selbstständig ausgeübten Berufes. Die (Muster-)Berufsordnung-Ärzte enthält die berufsrechtlichen und ethischen Grundlagen des ärztlichen Berufs. Auf diese Muster-Berufsordnung stützen sich die Regelungen der jeweiligen Ärztekammern. Die Berufsordnung regelt z.B. die Pflichten eines Arztes oder einer Ärztin gegenüber seinen und ihren Patienten. Des Weiteren sieht sie Bestimmungen zur Schweigepflicht, Aufklärung und Dokumentation vor. Auch finden sich darin Regelungen zur Haftpflichtversicherung, Werbung, Dokumentation etc. Ärztekammern sorgen für die Einhaltung der Berufspflichten und überprüfen Beschwerden über Ärzte und deren Verstöße gegen das Berufsrecht. und wegen Beleidigung. Während der Paradigmakonferenz schimpft er auf Tierärzt:innen, die die Behandlung mit Chlordioxid ablehnen, spricht von unterlassener Hilfeleistung als dem Prinzip von Behörden.
Ausgezeichnete FakeFake Der englische Begriff Fake bezeichnet u.a. unwahre Informationen, Imitate und Fälschungen sowie Dinge, die vortäuschen echt zu sein, es jedoch nicht sind. Im Bereich der Nachrichten und Fakten spricht man von sog. Fake-News und Fake-Facts. Solche werden gezielt eingesetzt, um (falsche) öffentliche Meinungen zu bilden oder gar Wahlen zu beeinflussen. News
Der umstrittene Tierarzt wettert auch gegen Journalist:innen und Wissenschaftler:innen, denen er vorwirft, nicht richtig zu recherchieren. MedWatch bat Schrader um Stellungnahme, warum er in seinen Vorträgen auf der Paradigma-Konferenz für den Einsatz von Chlordioxid geworben habe. Der Tierarzt antwortete, dass es nicht verboten sei, es anzuwenden. Und weiter: „Verschiedene Behördenvertreter haben sich diese Beurteilung ausgedacht – und sich strafbar gemacht.“
„Der goldene Aluhut“ wird ihm im Jahr 2020 in der Kategorie Medizin & Wissenschaften verliehen. In der Kategorie Politik ging der Preis im selben Jahr übrigens an Donald Trump.
Den Nobelpreis für CDL…
Helena Begenišić Schlachter wurde laut Paradigma-Website 2016 zusammen mit ihrem Mann in Kroatien angeklagt. Es bestand der Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, da sie ihren zwischen 2009 und 2011 geborenen Kindern regelmäßig eine Chlordioxidlösung (CDL) verabreichten.
Das Ehepaar Schlachter wurde freigesprochen, da die verabreichten Mengen gewisse Höchstgrenzen nicht überschritten und somit keine Gefahr für die Kinder bestanden haben soll. Die Entwicklungsstände der Kinder sind laut Aussagen von betreuenden Pädagog:innen ihren Fähigkeiten und ihrem Alter entsprechend. Auf der Paradigma-Seite liest sich der Ausgang der Gerichtsverhandlung so: „Ganz im Gegenteil hatten sich die Kinder mit der Behandlung offensichtlich zum Positiven verändert.“
Helena Schlachter setzt sich dafür ein, dass CDL als Heilmittel deklariert wird. Sie stellt die Behauptung auf, dass der AutismusAutismus Autismus ist ein Sammelbegriff, der verschiedene Entwicklungsstörungen benennt: die sog. Autismus-Spektrum-Störungen. Dabei handelt es sich um tiefgreifende neurologische Entwicklungsstörungen, die das soziale Leben erschweren, zu Problemen mit sozialen Kontakten führen, und auch Einfluss auf die Kommunikation und Sprache haben. Sie wirken sich ebenso auf das Verhaltensrepertoire aus uns führen zu stereotypen Handlungen. Autismus äußert sich in Art, Ausprägung und Schwere sehr individuell. Manche entwickeln nur leichte Symptome, andere sind schwer beeinträchtigt. Es gibt z.B. den frühkindlichen Autismus, das Asperger-Syndrom und den atypischen Autismus. Es kann zu Intelligenzminderung oder zu Inselbegabungen (Savant-Syndrom) kommen., welcher bei zweien ihrer drei Kinder existiert, durch eine Impfreaktion hervorgerufen wurde. Mit dem von Gott geschickten Chlordioxid habe sie ihre Kinder geheilt.
Der Paradigma-Interviewer Grotelüschen und sie sind sich einig: Schlachter verdient für ihr Engagement, für die Überzeugung und Behandlung anderer mit CDL, den Nobelpreis. Ihre Aussagen im Interview rangieren von religiös bis hin zu okkult. So fühle sie sich von Gott berufen und wisse, nach langer Recherche und dem Austausch mit Anthony William und Dr. Mikovits alles über Medizin. William gibt gesundheitliche Ratschläge basierend auf dem, was ein Geist ihm eingebe. Mikovits ist für ihre Verschwörungstheorien im wissenschaftlichen Bereich bekannt.
Schlachter schließt sich der Meinung Mikovits an, dass die moderne Medizin ein großer Betrug sei, der zudem seit den Freimaurern bestehe. Demnach wurden Viren etwa in Laboren gezüchtet. Sie spricht von einer „Covid-Plandemie“ und leugnet die Existenz von Krankheiten. Insbesondere für autoimmun- sowie genetisch bedingte Erkrankungen soll es keine Erklärung geben. Ihre kritische Haltung Impfstoffen gegenüber erläutert sie nicht nur damit, dass sie Autismus auslösen würden. Sie berichtet, dass das MasernMasern Masern sind eine meldepflichtige Erkrankung, die durch Masern-Viren (Morbilliviren) verursacht wird. Die Krankheit ist für alle Altersgruppen über Tröpfcheninfektion und Aerosole hoch ansteckend. Früher war sie hauptsächlich als Kinderkrankheit verbreitet, mittlerweile stecken sich vor allem ungeimpfte Jugendliche und Erwachsene an. Auf Grund eines erhöhten Risikos für Komplikationen sind Masern hier oft mit schwereren Komplikationen verbunden. Masernviren schwächen die körpereigene Abwehr über Monate, manchmal sogar Jahre. Es kann zu weiteren Infektionen wie Mittelohr-, Lungenentzündung oder Magen-Darm-Infekten kommen. Sehr selten führen Masern zu einer Hirnentzündung, die tödlich sein kann. Bei Schwangeren kann eine Infektion mit dem RNA-Virus ein Früh- oder Fehlgeburt nach sich ziehen.Seit 2020 besteht eine Masern-Nachweispflicht für den Besuch einer Kindertagesstätte, einer Schule oder einer anderen Gemeinschaftseinrichtung. Diese gilt für alle Kinder über einem Jahr sowie für dort Beschäftigte, die nach 1970 geboren wurden. Gegen Masernviren gibt es ausschließlich Medikamente, die die Beschwerden mildern, jedoch keine Behandlung an sich.Wer einmal eine Masernerkrankung durchgemacht hat, ist lebenslang immun. In Deutschland vorhandene Impfstoffe sind Kombi-Präparate, meist MMR (Masern-Mumps-Röteln) oder MMRV (MMR + Windpocken/Varizellen).Nach ein bis zwei Wochen Inkubationszeit, tauchen erste Symptome wie Fieber, Husten Schnupfen und Halsschmerzen, Kopfschmerzen und Flecken an der Wangeninnenseite auf. Das Fieber sinkt und es entwickelt sich ein Hautauschlag, welcher im Gesicht beginnt und sich anschließend auf den gesamten Körper ausbreitet. Die einzelnen Flecke werden größer und ‚fließen‘ ineinander. Das Fieber steigt wieder an. Bereits einige Tage vor dem typischen Hautauschlag kann man das Virus übertragen. Da der Ausschlag der Masern leicht mit dem von Röteln oder Scharlach verwechselt werden kann, erfolgt eine genaue Abklärung über einen Rachenabstrich, eine Urinprobe oder einen Bluttest.-Mumps-Röteln-Vakzin bereits lange vor Covid-19 als mRNA-Impfstoff an Kindern getestet worden sei. Diese Argumente sind nicht nachvollziehbar. Auf unsere Anfrage reagiert Schlachter nicht.
Ob Kälberdurchfall, Leishmaniose beim Hund, Leukose bei der Katze – egal!
Monika Rekelhof, die sich selbst als Tierkommunikatorin und Tierheilpraktikerin bezeichnet, stammt ursprünglich aus einem kleinen Dorf im Chiemgau. Sie betreibt derzeit eine Tierheilpraxis im nordrhein-westfälischen Goch.
Auf ihrer Webseite bewirbt sie Tierkommunikation als telepathische Verbindung zwischen Mensch und Tier. Ihre Gabe helfe auch beim Auffinden verschwundener Katzen oder Hunde. Neben „Tiergesprächen“ bietet Rekelhof Energie- und Aromatherapie, gibt Online-Seminare und Vorträge zu MMS im deutschsprachigen Raum.
Mithilfe eines NLS-Analyse-Geräts untersuche sie anhand elektromagnetischer Informationen „kontaktlos, nicht-invasiv, schnell, gefahrlos, hochinformativ“ den Gesundheitszustand eines Tieres. Das Verfahre mache sich die Quanten der Elektromagnetstrahlung im Biofeld zunutze.
Buchautorin „MMS für Tiere“
Während der Tiersprechstunde der Paradigma-Konferenz sagt Rekelhof über MMS, dass Chlordioxid kein Wundermittel sei, das alles heilen, jedoch den Körper „wieder ins Lot bringen“ könne. Sie selbst „saufe das Zeug seit 15 Jahren“ und sei über einen kränkelnden Kater mit struppigem Fell auf MMS gekommen, der nach Gabe einer Mischung aus MMS und Zitronensäure wieder gesundete. Von ihr betreute Tiere kommunizierten ihr: „Chlordioxid tut uns gut!“.
Bekannt geworden ist Rekelhof insbesondere durch ihr Buch „MMS für Tiere“. Hierüber sagt sie im Paradigma-Vortragsgespräch, dass sie aufgrund eines Verlagstricks das Buch habe alleine schreiben müssen. Eine Tierärztin, die den „wissenschaftlichen“ Teil hätte beisteuern sollen, sei nie aufgetaucht. Rekelhof selbst sei mit dem Werk eigentlich überfordert gewesen.
Aufgrund des Buches soll es Anzeigen beim Veterinäramt gegen die Autorin gegeben haben. Diese wurden nach Rekelhofs Angaben fallengelassen. Sie halte sich an die Spielregeln, was bedeute, dass sie selbst MMS nicht verkaufe. Sie empfehle es nur und gebe Tipps: unter anderem zur Heilung von Leishmaniose beim Hund und Leukose bei der Katze, Kälberdurchfall oder Asthma beim Pferd. Auch rät sie zu Chlordioxid zum „Ausschwemmen von Impfungen“, beispielsweise gegen Tetanus.
Die selbsternannte Tierheilpraktikerin behauptet, dass Menschen eigene Krankheiten auf ihre Tiere übertrügen, weil diese so empathisch seien.
Und jetzt, BundesgesundheitsministeriumBundesgesundheitsministerium Das Bundesgesundheitsministerium, oder auch Bundesministerium für Gesundheit, erarbeitet Gesetzesentwürfe, Rechtsverordnungen sowie Verwaltungsvorschriften. Zu seinen Aufgaben gehört es die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung zu erhalten, zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ist zuständig für die Reform des Gesundheitssystems. Wichtige Punkte sind zudem die Bereiche Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Biomedizin. Auch kümmert es sich und die Rahmenvorschriften für Herstellung, klinische Prüfung, Zulassung, Vertriebswege und Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie um die Sicherheit biologischer Arzneimittel wie Blutprodukte. Berufsgesetze für die Zulassung zu den bundesrechtlich geregelten Heil- und Gesundheitsberufen gehören ebenso zu seinem Aufgabenspektrum.?
Insgesamt fanden sich auf der Paradigma-Konferenz unzählige weitere Vorträge. Wir fragen erneut beim Bundesgesundheitsministerium (BMGBMG BMG ist die Abkürzung für das Bundesministerium für Gesundheit. Es erarbeitet Gesetzesentwürfe, Rechtsverordnungen sowie Verwaltungsvorschriften. Zu seinen Aufgaben gehört es die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung zu erhalten, zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ist zuständig für die Reform des Gesundheitssystems. Wichtige Punkte sind zudem die Bereiche Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Biomedizin. Auch kümmert es sich und die Rahmenvorschriften für Herstellung, klinische Prüfung, Zulassung, Vertriebswege und Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie um die Sicherheit biologischer Arzneimittel wie Blutprodukte. Berufsgesetze für die Zulassung zu den bundesrechtlich geregelten Heil- und Gesundheitsberufen gehören ebenso zu seinem Aufgabenspektrum.) nach, ob es nicht doch auch für Online-Konferenzen, in denen offen Mittel und Therapien zur Behandlung etwa von Krebs beworben werden, (andere) Auflagen und Regeln geben müsste – zum Schutz der Verbraucher. Hier die Antwort des BMG:
Das europäische Arzneimittelrecht
„Die Werbung für Arzneimittel ist durch das europäische Recht vollharmonisiert. Das nationale Recht muss sich daher im Rahmen der europäischen Vorgaben bewegen. Das europäische Arzneimittelrecht enthält zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher umfangreiche Vorgaben und Verbote im Bereich der Arzneimittelwerbung, die im nationalen Recht durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) umgesetzt sind. Für den Vollzug und die Überwachung des HWG sind nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes allein die Behörden der Länder zuständig; der Bund hat insoweit keine Vollzugs- oder Weisungsbefugnisse.
Das bedeutet gleichsam: Es wird noch viele weitere Paradigma-Konferenzen geben, da kein Bundesland und kein Gesundheitsamt sich angesprochen fühlt, hier mehr Aufklärung und Transparenz einzufordern.
Auch Verbraucherschützer können wenig tun, wir berichteten, etwa hier. Plant die Politik diesem Missstand zu begegnen, etwa durch die Schaffung einer zuständigen Stelle (Marktwächter) innerhalb des BMG, die das Geschehen im Netz beobachtet und aktiv eingreift?
Das Heilmittelwerbegesetz
Das Heilmittelwerbegesetz gilt für jegliche Art der Werbung für Arzneimittel, also auch für Werbung im Rahmen von Online-Konferenzen. Zudem gilt das „Marktortprinzip“, d.h. es ist nicht relevant, wo die Werbemaßnahme ihren Ursprung hat, sondern an welchen Verbraucherkreis sie sich richtet.
Richtet sich eine Werbung an Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland, muss sie sich an den Vorgaben des HWG orientieren. Das HWG enthält einen Katalog an Vorgaben für den Bereich der Publikumswerbung (§ 11 HWG). Zudem ist u.a. eine irreführende Werbung verboten (§ 3 HWG). Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit beigelegt wird, die sie nicht haben oder wenn fälschlicherweise der Eindruck erweckt wird, dass die Werbung nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltet wird.
Ferner ist eine Werbung für ein Arzneimittel, das der Pflicht zur Zulassung unterliegt und nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen wurde, unzulässig (§ 3a HWG).
Das ist eigentlich nicht die Antwort auf unsere Frage.
Der BMG-Plan für die Zukunft
Ist denn in Zukunft wenigstens – auch in Kenntnis der Ereignisse während der Corona-Pandemie – ein präventiverer Umgang mit Gesundheits-Fake-News (im Netz) geplant?
Ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 3 HWG stellt eine Straftat dar, die gemäß § 14 HWG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden kann.
Die übrigen Verstöße stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die nach § 15 Absatz 1 Nummer 8 HWG mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
Reformbedürftiges HWG
Wir möchten nur noch anmerken: Auch wenn die Länder die Vollziehungskompetenz haben, ist das HWG doch ein Bundesgesetz und nach Ansicht vieler Expert:innen ist dieses Bundesgesetz bzw. das Heilmittelwerberecht generell reformbedürftig. Dies wird im Fall Paradigma besonders offensichtlich, so ist das HWG nur bei produktbezogener Absatzwerbung anwendbar. Selbst wenn man Substanzen wie Chlordioxid als sogenanntes „Präsentationsarzneimittel“ ansehen würde, kämen die Werbeverbote des HWG in diesem Fall nur dann zum Tragen, wenn die Vortragenden in der Konferenz ihre irreführenden Aussagen auf konkrete Produkte und nicht den „Wirkstoff“ allgemein beziehen würden. Diese doch sehr triviale Umgehungsmöglichkeit des HWG ist Werbenden jedoch meist bekannt.
Was wäre wenn?
Doch auch wenn man auf der Grundlage des von Ihnen genannten Marktortprinzips einen Rechtsverstoß gegen das HWG feststellen würde, wären die Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung durch den Auslandsbezug stark eingeschränkt: Für die Zustellung einer Abmahnung oder Unterlassungsklage bräuchte es eine zustellungsfähige Anschrift, die in der Regel von den Teilnehmenden der Online-Vorträge nicht preisgegeben wird. Ein in Deutschland erwirktes Zivil- oder Strafurteil müsste zudem im Ausland vollstreckt werden. Hier kommt selbst innerhalb der EU die zwischenstaatliche Amtshilfe regelmäßig an ihre Grenzen, von Drittstaaten in Asien oder Südamerika ganz zu schweigen.
Auch müssten Verbraucherschützer für die Erwirkung von Vollstreckungstiteln im Ausland in Bezug auf die Prozesskosten in Vorleistung treten, mit dem erheblichen Risiko, dass sich der finanzielle und zeitliche Aufwand niemals auszahlen wird. Falls es überhaupt zu einer Auslandsvollstreckung kommt, vergehen zwischen Verstoß und strafbewehrter Untersagung oft Jahre. In der Zwischenzeit werden tausende Verbraucher:innen in der verzweifelten Hoffnung auf Heilung in die Irre geführt und durch Anwendung gefährlicher Substanzen an Leib und Leben geschädigt.
Umgang mit Gesundheits-Fake-News
Dies sind nur wenige Beispiele großer Probleme eines rein repressiven Ansatzes im gesundheitlichen VerbraucherschutzVerbraucherschutz Verbraucherschutz ist deutschland- und europaweit ein breit gefächertes Gebiet. So gibt es ein Amt für Verbraucherschutz, ein Bundesinstitut für Risikobewertung, die EFSA – die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit – und eine Health-Claims-Verordnung. In Deutschland existieren 16 Verbraucherzentralen und weitere verbraucherpolitische Organisationen, die in einem gemeinsamen Bundesverband gebündelt sind. Verbraucherschutz beinhält Rechtsvorschriften und Verbraucherrechte die z.B. Bereiche wie Lebensmittelsicherheit, Kaufverträge und Verträge mit Banken und Geldinstituten berücksichtigen.. Daher nochmal die Frage an das Bundesgesundheitsministerium: Wäre hier nicht ein präventiverer Umgang mit Gesundheits-Fake-News aus Ihrer Sicht erfolgsversprechender? Die Sprecherin antwortet:
Ob ein Produktbezug vorliegt und damit die Anwendbarkeit des HWG zu bejahen ist, hängt von einer Gesamtbetrachtung der Werbung ab. Es ist nicht erforderlich, dass der Name des Arzneimittels genannt wird; auch eine indirekte Bezugnahme ist ausreichend, wenn dem Verbraucher bewusst wird, um welches Produkt es sich handelt. So kann die Nennung eines ausschließlich von einem bestimmten Unternehmen verwendeten Wirkstoffs ausreichen, um einen Produktbezug zu begründen. Diese auf dem EU-Recht basierende Vorgabe gewährleistet aus Sicht des BMG einen umfangreichen Schutz.
Die EU Kommission hat angekündigt, 2023 einen Legislativvorschlag zur Überarbeitung der Pharmagesetzgebung vorzulegen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Vorschlag auch Regelungen zur Werbung umfasst. Das BMG wird sich dafür einsetzen, dass diese Regelungen einem hohen Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher – auch unter Einbindung sozialer Medien – genügen.
Redaktion: Nicole Hagen, Karin Elli Lason, Arne Weinberg, Nicola Kuhrt
- 1https://www.basg.gv.at/marktbeobachtung/amtliche-nachrichten/detail/warnung-vor-chlordioxidloesungen-mms-cds-cdl
- 2https://www.fda.gov/consumers/consumer-updates/danger-dont-drink-miracle-mineral-solution-or-similar-products
- 3https://www.fda.gov/news-events/press-announcements/coronavirus-covid-19-update-fda-warns-seller-marketing-dangerous-chlorine-dioxide-products-claim