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YouTube Health Ein Label für seriöse Gesundheitsinfos? Warum YouTube nicht hält, was es verspricht

Person sieh auf einem Laptop medizinisches Fachpersonal.
Gesundheitsinformationen sollen mittels YouTube Health Label Vertrauen erwecken. © tirachardz / Freepik

YouTube will seinen Nutzer:innen mit seinem neuen YouTube Health Siegel zeigen, auf welchen Kanälen sie verlässliche Informationen zum Thema Gesundheit finden. Doch wie und an wen das „Health Label“ vergeben wird, ist fragwürdig.

Spätestens seit Beginn der Covid-19Covid-19 COVID-19 ist ein Akronym für die englische Bezeichnung Coronavirus Disease 2019, was so viel wie Corona-Virus-Krankheit 2019 heißt. Sie wird von dem neuen Beta-Coronavirus SARS-CoV-2 und seinen Varianten ausgelöst. Eine Erkrankung mit COVID-19 äußert sich zumeist – ca. vier bis sechs Tage nach Infektion – relativ unspezifisch durch Husten, Schnupfen, Halsschmerzen und Fieber sowie Störungen des Geruchs- und/oder Geschmackssinns. Atemnot, Kopf- und Gliederschmerzen, allgemeine Schwäche oder auch Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall können hinzukommen. Die Symptome können je nach Virusvariante variieren. Auch schwere Verläufe mit Aufenthalten auf der Intensivstation bis hin zum Tod sind möglich.-PandemiePandemie Pandemie bezeichnet eine globale Epidemie, eine zeitlich begrenzte und zugleich weltweit stattfindende Infektionskrankheit. Fehlende Grundimmunitäten gegen, z.B. neu mutierte, Bakterien- oder Virenstämme erhöhen Infektions- und Todesraten. Während einer Pandemie mit schweren Krankheitsverläufen sind Überlastungen von Gesundheitsversorgungsstrukturen und des öffentlichen Lebens schnell erreicht. Bekannte Beispiele für durch Viren hervorgerufene Pandemien sind HIV (seit den 80er Jahren), das Influenza-A-Virus (H1N1) von 2009 sowie Corona (seit 2019). Der weltweite Handel, eine globale Mobilität sowie immer weniger Rückzugsorte für andere Lebewesen begünstigen nicht nur die Entstehung von Infektionskrankheiten, sondern auch deren Ausbreitung. Die WHO kontrolliert in einem ständigen Prozess das Auftreten und die Verbreitung von Infektionskrankheiten, die potentiell epidemisch oder pandemisch werden könnten. ist klar: Nicht alle Gesundheitsinformationen bei YouTube sind seriös. Dabei sind Videos über Themen wie Rückenschmerzen oder gesunde Ernährung gefragt. Allein in Deutschland gab es laut YouTube im Jahr 2021 rund 1,6 Millionen Suchanfragen und Aufrufe zu Gesundheitsthemen.

Mit YouTube Health präsentiert die Video-Plattform ein Angebot, das Nutzer:innen zeigen soll, wem sie in Gesundheitsfragen vertrauen können. In den USA gibt es diese Funktion bereits seit Oktober 2022, nun also auch in Deutschland. Am 28. Februar 2023 war es soweit: Auf einer Pressekonferenz im Berliner Google Office stellten YouTube-Health-Chef Götz Gottschalk und Georg Nolte, YouTubes Pressesprecher für die DACH-Region, die neuen Funktionen vor. 

Gesundheitslabel YouTube Health soll zeigen, wer auf YouTube vertrauenswürdig ist

Im Prinzip besteht YouTube Health aus zwei verschiedenen Funktionen: dem „Health Label“ und dem „Health Shelf“.

Das Label ist ein hellblauer Kasten direkt unter einem Video. Hier erfahren Nutzer:innen, dass es sich bei den Betreiber:innen des Kanals zum Beispiel um eine:n approbierte:n Ärzt:in oder Psycholog:in handelt. 

Die so markierten Videos erscheinen bei der Suche nach Gesundheitsthemen hervorgehoben – in einem gesonderten Abschnitt unter der Überschrift „Von Gesundheitsinformationsquellen“. YouTube nennt diese Sammlung „Health Shelf“, übersetzt: Gesundheitsregal. 

So verifiziert YouTube Kanäle

Nur Partner:innen von YouTube Health erhalten das Label. Sie müssen formale Kriterien erfüllen, etwa eine Video-Wiedergabezeit von mehr als 2000 Stunden in den letzten zwölf Monaten. Außerdem darf der Kanal in den vergangenen 90 Tagen nicht wegen eines Verstoßes gegen die YouTube-Communityregeln verwarnt worden sein. 

Die Partner:innen unterteilt YouTube in drei Kategorien. Institutionen wie Universitätskliniken und Krankenhäuser qualifizieren sich automatisch. Denn laut Youtube unterliegen sie ohnehin standardisierten Prüfmechanismen. Christian Sina, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein und Podiumsgast bei der YouTube-Pressekonferenz, erwartet einen Mehrwert darin, dass Personen leichter Informationen von Spezialist:innen etwa der Unikliniken erhielten.

Ärzt:innen und Psycholog:innen – die zweite Gruppe – müssen sich bewerben und eine ApprobationApprobation Die Approbation (lateinisch approbatio ‚Anerkennung‘, ‚Genehmigung‘) entspricht der Genehmigung zur eigenverantwortlichen Berufsausübung entsprechend der jeweiligen Approbationsordnung. Wichtige Voraussetzungen für eine Approbation ist ein erfolgreich abgeschlossenes Studium, auch ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis gehört dazu, ebenso gesundheitliche Eignung und ausreichende Sprachkenntnisse. Weitere Voraussetzungen für die Berufserlaubnis variieren und unterscheiden sich je nach Heilberuf. Approbationen werden für die Bereiche Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Apotheker oder Tierarzt erteilt. Die dazugehörigen Approbationsordnungen erlässt das Bundesministerium für Gesundheit. nachweisen. Die prüft laut YouTube der externe Dienstleister LegitScript LLC. Das US-Unternehmen zertifiziert und überwacht unter anderem Internetseiten, die Gesundheitsprodukte verkaufen.

Organisationen, Stiftungen oder Gesundheitsmedien bilden die dritte Kategorie. Auch sie müssen sich bewerben und nachweisen, dass ein:e appropierte:r Mediziner:in die Inhalte des Kanals kontrolliert. Damit können verschiedenste Verbände und Interessengruppen ihre Inhalte mit seriösem Anstrich verbreiten, wenn sie nur eine anerkannte Person in einem Gesundheitsberuf in ihren Reihen hat. 

Alle Kanäle müssen speziellen Richtlinien entsprechen, die vom Council of Medical Specialty Societies (CMSS), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der National Academy of Medicine (NAM) entwickelt wurden. Sie besagen zum Beispiel, dass die Partner:innen von YouTube Health evidenzbasierte Informationenevidenzbasierte Informationen Evidenzbasierte Informationen werden für verschiedene Bereiche zur Verfügung gestellt. So gibt es evidenzbasierte Gesundheitsinformationen sowie evidenzbasierte Patienteninformationen. Letztere sind besonders wichtig für eine autonome medizinische Entscheidung durch einen Patienten, welche ein verbrieftes Recht ist. Es ist unabdingbar einen Patienten über das Nutzen-Schaden-Verhältnis z.B. einer Behandlungsmethode verständlich und wahrheitsgetreu aufzuklären, hierfür setzt sich u.a. das EbM-Netzwerk ein. vermitteln und auf qualitativ hochwertige wissenschaftliche Publikationen verweisen sollen. Sie müssen klare Hinweise darauf geben, von wann die Informationen stammen und dass sich der Stand der Wissenschaft verändern kann.

Die Richtlinien verlangen zudem, Gesundheitsinformationen von kommerziellen Inhalten zu trennen. Soweit die Theorie. 

Umstrittene YouTuber jetzt verlässliche Quelle?

Auf der Pressekonferenz präsentierte YouTube einige deutsche Partner:innen von YouTube Health, darunter Petra BrachtPetra Bracht Die Ärztin Petra Bracht ist einer der Köpfe von Liebscher & Bracht, ein Familien-Unternehmen, welches sich auf Schmerztherapie mit einem passendem Online-Shop spezialisiert hat. In Kritik geriet die Ärztin u.a. durch ihre Behauptung mit Intervallfasten könne einer Corona-Infektion vorgebeugt werden. Mit strategisch gut platzierten Marketing-Maßnahmen erreicht Petra Pracht zusammen mit ihrem Mann eine große Menge gesundheitsbewusster Menschen. Es ist davon auszugehen, dass dies eher unter ökonomischen Gesichtspunkten passiert als aus medizinischer Selbstlosigkeit. Die Autoren-Eheleute Roland Liebscher-Bracht und Petra Bracht suggerieren, dass es – im Zusammenhang mit einer Schmerztherapie (z.B. bei Arthrose) – immer eine Alternative zu einer Operation gäbe. Sie lassen Patienten glauben, dass diese durch Ärzte absichtlich getäuscht würden. Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht sprechen von einem »Jahrhundertirrtum« in der Medizin. dem Ehepaar konnte nachgewiesen werden, dass sie Produkte-Bewertungen in ihrem Internet-Shop aktiv zu ihren Gunsten beeinflussen. Sie wurden für bestimmte Werbeaussagen abgemahnt, da diese gegen das Nahrungsergänzungsmittel- und die EU-Lebensmittelinformationsverordnung sowie gegen das Heilmittelwerbegesetz verstießen. Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis für ihre Behauptungen und Methoden. Verwertbare Studien dazu fehlen – trotz gegenteiligen Behauptungen – ganz. und Roland Liebscher-Bracht. Das Ehepaar betreibt einen der erfolgreichsten deutschen Videokanäle mit gesundheitsbezogenen Inhalten. Rund 1,87 Millionen Abonnent:innen folgen ihnen.

In der Vergangenheit fielen die Ärztin und der Maschinenbauer allerdings durch mangelnde Evidenz und Transparenz auf. So gibt es für die Hypothese von Liebscher & BrachtLiebscher & Bracht Die Autoren-Eheleute Liebscher & Bracht bezeichnen sich selbst als Schmerz-Spezialisten. Sie suggerieren, dass es – im Zusammenhang mit einer Schmerztherapie (z.B. bei Arthrose) – immer eine Alternative zu einer Operation gäbe. Sie lassen Patienten glauben, dass diese durch Ärzte absichtlich getäuscht würden. Sie sprechen von einem »Jahrhundertirrtum« in der Medizin. Ihnen konnte nachgewiesen werden, dass sie Produkte-Bewertungen in ihrem Internet-Shop aktiv zu ihren Gunsten beeinflussen. Sie wurden für bestimmte Werbeaussagen abgemahnt, da diese gegen das Nahrungsergänzungsmittel- und die EU-Lebensmittelinformationsverordnung sowie gegen das Heilmittelwerbegesetz verstießen. Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis für ihre Behauptungen und Methoden. Verwertbare Studien dazu fehlen – trotz gegenteiligen Behauptungen – ganz. Liebscher & Bracht fallen durch massive Internetpräsens im Gesundheitsbereich auf. Internetsuchen mit dem Begriff »Schmerz« führen oft direkt zu Liebscher & Bracht. Über einen gut bestücken Online-Shop bieten sie Hilfsmittel zur Schmerzbeseitigung an und propagieren ihre eigene Schmerztherapie, welche Operationen vollkommen überflüssig machen soll. Sie bieten Mitgliedschaften, Kurse und Apps an, geben Fortbildungen für Ärzte, Physiotherapeuten, Heilpraktiker und sog. Gesundheits-Coaches. Viele aus diesen Bereichen arbeiten mittlerweile nach dem Liebscher & Bracht Prinzip. Liebscher & Bracht sind auf YouTube, TikTok, Instagram und Co unterwegs. Sie kurbeln Kooperationen mit Prominenten an, die in großen Medien zusätzlich durch Berichterstattungen beworben werden. Auch Interaktionen mit Krankenkassen haben stattgefunden. Mit der Täuschung von Schmerzpatienten und einer gut ausgebauten Internetpräsens verdienen Liebscher & Bracht ihr Geld., wie etwa ArthroseArthrose Degenerative Gelenkerkrankung, bei welcher der Knorpel an den Gelenken verschleißt. Verursacht wird der Gelenkverschleiß durch Alter, Über- oder auch Fehlbelastungen oder Verletzungen. Manches Mal sind auch Stoffwechselerkrankungen ursächlich. Bewegung und Schmerztherapie können in vielen Fällen helfen eine OP zu vermeiden; eine Heilung gibt es jedoch nicht. Oft sind Knie, Hüfte, Schultern, Hände und Finger sowie die Füße betroffen. entsteht, keine wissenschaftlichen Belege:

Anfang 2022 wurde das Paar zudem von den Verbraucherzentralen NRW und Rheinland-Pfalz abgemahnt. Der Vorwurf: Irreführende Werbeaussagen und unzulässige Gesundheitsversprechen rund um NahrungsergänzungsmittelNahrungsergänzungsmittel Nahrungsergänzungsmittel werden den Lebensmitteln zugeordnet und sind abgegrenzt von Medikamenten zu betrachten. So dürfen sie, wie der Name schon sagt, die normale Ernährung ergänzen, sie jedoch nicht ersetzen und zudem keine arzneiliche Wirkung zeigen. Sie werden als Kapseln, Tabletten, Tropfen oder Ähnliches angeboten und enthalten oft Vitamine, Mineralstoffe oder sonstige Nährstoffe, die eine Wirkung erzielen sollen. Sie dürfen jedoch nicht wie ein Arzneimittel beworben werden. Die Hersteller dürfen keine spezifische Wirkung wie die Linderung oder Vorbeugung einer Krankheit anpreisen oder für ein definiertes Anwendungsgebiet werben., die Liebscher & Bracht verkaufen:


YouTube Health verifiziert – trotzdem nicht evidenzbasiert

Für die Verifizierung als „vertrauenswürdige Gesundheitsquelle“ räumten Liebscher & Bracht ihren YouTube-Kanal gründlich auf: 360 Videos seien überarbeitet, 118 weitere gelöscht worden, erklärten sie auf der Pressekonferenz. 

Evidenzbasierte Videos kann man auf dem Kanal dennoch nicht erwarten. Man greife auch auf Erfahrungen zurück, sagte Petra Bracht. Zu diesen Erkenntnissen gebe es noch keine wissenschaftlichen Studien. Die Ärztin erklärte: „Der Unterschied ist, dass es jetzt immer dazu gesagt wird.“

YouTube scheint eine solche Kennzeichnung der Videos von Liebscher & Bracht für ausreichend zu halten. Auch wenn die Prüfkriterien eigentlich besagen, dass verifizierte Kanäle „Informationen bereitstellen sollen, welche der besten wissenschaftlichen Evidenz zur Zeit der Veröffentlichung entsprechen“. Auf schriftliche Nachfrage, wie das zusammenpasst, antwortete YouTube nicht.

Zwei Artikel als Evidenz für alle Videos

Die YouTube Health-Richtlinien sehen außerdem vor, dass Kanäle ihre Aussagen mit wissenschaftlichen Quellen belegen sollen. Liebscher & Bracht beschränken sich in der Regel auf dieselben zwei wissenschaftlichen Artikel, die sie unter fast jedem Video verlinken.1https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/acm.2015.0222, 2https://link.springer.com/article/10.1007/s40279-020-01422-5 Zu diesen beiden Studien vermerken sie: „Die Grundlagen der gezeigten Übungen (Dehnzeiten und Wirkungsweisen) basieren neben unseren langjährigen Erfahrungen unter anderem auf diesen Studien.“

Allerdings beschreibt die erste Studie lediglich die Ergebnisse einer Befragung von Arthritis-Patient:innen über alternative Bewegungstherapien wie Yoga oder Feldenkrais. Inwiefern dies eine Grundlage für die Übungen von Liebscher & Bracht bildet, bleibt unklar.

Die zweite verlinkte Arbeit ist eine Metaanalyse, für die das Autorenteam anhand von elf Einzelstudien auswertete, ob Stretching die Muskelbeweglichkeit verbessern kann und wie lange eine solche Dehnung dauern sollte. Hier besteht zwar ein Zusammenhang zu den Übungen von Liebscher & Bracht. Alle Übungen wissenschaftlich belegen kann der Review jedoch nicht.

Es reicht nicht, dieselben zwei Studien unter fast jedem Video zu verlinken, um Inhalte als „wissenschaftsbasiert“ zu bezeichnen. Vielmehr scheint dies eine Alibihandlung zu sein, um den Richtlinien zu entsprechen, die YouTube akzeptiert. 

Unklare Definition von Werbung

Statt zu weiteren wissenschaftlichen Studien führen die meisten Links unter den Videos von Liebscher & Bracht auf deren Webseite. Dort verkaufen sie Faszienrollen, Bücher und die bereits genannten Nahrungsergänzungsmittel. YouTube Health verlangt in seinen Richtlinien, dass verifizierte Kanäle Gesundheitsinformationen von kommerziellen Botschaften trennen. Wie ist das vereinbar? 

Ein YouTube-Sprecher erklärt schriftlich: „Partner:innen müssen Videos markieren, bei denen es sich um bezahlte Werbung handelt, einschließlich für Produkte, die sie selbst produzieren“. Wenn Roland Liebscher-Bracht in einem seiner Videos jedoch Übungen mit einer Faszienrolle zeigt und dieses Produkt in der Infobox verlinkt, stellt das für YouTube anscheinend keine kommerzielle Werbung dar. Auf Nachfrage gab das Unternehmen hierzu keine weitere Auskunft.

Undurchsichtiger Prüfprozess für YouTube Health

Generell bleiben viele Fragen offen. Zum Beispiel ist unklar, wer die Kanäle entsprechend der Richtlinien prüft und wie diese Menschen ausgebildet sind. Können sie beurteilen, ob es sich um evidenzbasierte Gesundheitsinformationen handelt? YouTube erklärt, die Überprüfung werde von „Google Clinical“ durchgeführt. Auf Nachfrage, was genau das sei und wer dort arbeite, geht YouTube nicht ein.

Und: Wie überprüft YouTube die Kanäle nach der Verifizierung, um die Qualität dauerhaft zu gewährleisten? Auf der Pressekonferenz sagte ein Sprecher, man habe „Kollegen, die da mal reinschauen“. Professioneller Umgang mit dem Vertrauen der Nutzer:innen sieht anders aus.

In einer schriftlichen Stellungnahme erklärt das Unternehmen nur, dass Nutzer:innen Fehlinformationen melden könnten. Generell verweist YouTube darauf, dass es sich bei den Richtlinien um eine Selbstverpflichtung handele. So kann sich das Unternehmen im Zweifel aus der Verantwortung ziehen.

Schönfärberei auf Kosten der Nutzer:innen

Insgesamt scheint es YouTube darum zu gehen, mit dem Versprechen von vermeintlich seriösen Gesundheitsinformationen mehr Menschen auf die Plattform zu ziehen und damit höhere Einnahmen zu generieren. Das Unternehmen stört sich anscheinend nicht daran, dass es mit dem Label auch Kanälen einen evidenzbasierten Anstrich verleiht, die fragwürdige Inhalte verbreiten. Diese Schönfärberei geht im Zweifel auf Kosten der Nutzer:innen, die auf YouTubes Siegel vertrauen.

Auch die Präsentation der „vertrauenswürdigen Videos“ ist nicht gerade nutzer:innen-freundlich. Wer YouTube in der Browserversion nach einem Gesundheitsthema durchsucht, landet zwar bei Videos verifizierter Gesundheitskanäle im „Health Shelf”. Dies ist aber nur durch feine, hellgraue Striche von Videos nicht-verifizierter Kanäle darüber und darunter getrennt. Wer nicht genau hinschaut, übersieht die Markierungen leicht. Das birgt die Gefahr, dass Nutzer:innen nicht-verifizierte Videos für ebenfalls vertrauenswürdig halten.

Was bringt das Label YouTube Health?

Bringt die Kennzeichnung von vertrauenswürdigen Gesundheitsquellen auf YouTube überhaupt etwas? Eine Studie aus den USA zeigt: Beim Thema Schlaf(losigkeit) werden Videos von verifizierten Gesundheitskanälen signifikant weniger aufgerufen als solche von nicht-verifizierten Kanälen. Aufgrund der geringen Anzahl der Videos (21 von nicht-verifizerte Kanälen und 5 von Kanälen mit Gesundheitssiegel) ist die Studie nur bedingt aussagekräftig. Doch sie könnte darauf hinweisen, dass das Label für Nutzer:innen aus den USA wenig Relevanz hat. Es wird sich zeigen, wie die Funktion in Deutschland ankommt.


Redaktion: Sigrid März, Martin Rücker, Nicole Hagen

  • 1
    https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/acm.2015.0222
  • 2
    https://link.springer.com/article/10.1007/s40279-020-01422-5