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Homöopathie-Weiterbildung Baden-Württembergs Gesundheitsminister kündigt Ärzteschaft fachliche Überprüfung an

Globuli aus einem Fläschchen
Zwölf von 17 Landesärztekammern sind sich einig: Homöopathie gehört nicht länger in medizinische Weiterbildungsordnungen. © Bruno Germany / Pixabay

Baden-Württembergs Ärztekammer spricht sich gegen HomöopathieHomöopathie Der deutsche Arzt Samuel Hahnemann postulierte gegen Ende des 18. Jh.s: »Ähnliches heilt Ähnliches«. So leitet sich das Wort Homöopathie von Homoion (für ähnlich) und Pathos (für Leiden) ab. Hahnemann verfolgte die Theorie, dass der Auslöser einer Krankheit oder der Auslöser für bestimmte Symptome auch zu deren Therapie genutzt werden kann. Bekanntestes Beispiel dafür ist die Chinarinde, mit der früher Malaria behandelt wurde. Die Einnahme dieser löste in einem Selbstversuch Hahnemanns Symptome einer Malaria aus. Damit sah er seine Theorie bestätigt. Die Homöopathie ist heute eine eigenständige Therapieform in der Alternativmedizin. Häufig werden für Globuli und Tinkturen die eingesetzten Substanzen zur Behandlung so stark verdünnt, dass in ihnen kein Wirkstoff mehr vorhanden ist. Für die Wirkung der Verdünnungen (Potenzen) wird ein Gedächtnis des Lösungsmittels, z.B. Wasser, angenommen. Für solch ein Gedächtnis von Wasser oder für eine generelle Wirkweise der Homöopathie über den Effekt eines Placebos hinaus gibt es jedoch keine wissenschaftlichen Belege; trotz mehr als 200 hochwertiger Studien dazu. in der Weiterbildungsordnung aus. Baden-Württembergs Gesundheitsminister widerspricht. Wer hat das letzte Wort, wenn es um die Homöopathie-Weiterbildung geht?

Zwölf von 17 Landesärztekammern sind sich einig: Homöopathie gehört nicht länger in medizinische Weiterbildungsordnungen. Zusatzweiterbildungen müssen auf Evidenz basieren. Schließlich existiert nach jahrelanger Forschung für homöopathische Verfahren kein einziger Wirksamkeitsnachweis, der über einen Placebo-Effekt hinausgeht. Auch die Landesärztekammer Baden-Württemberg entschied im Juli 2022, künftig keine Homöopathie-Weiterbildungen mehr anzubieten.

Was bedeutet diese Entscheidung konkret? Homöopathische Verfahren bleiben Ärzten und Ärztinnen in Anamnese, Diagnostik und TherapieTherapie Therapie bezeichnet eine Heil- oder Krankenbehandlung im weitesten Sinn. Es kann hierbei die Beseitigung einer Krankheitsursache oder die Beseitigung von Symptomen im Mittelpunkt stehen. Ziel einer jeden Therapie ist die Widerherstellung der physischen und psychischen Funktionen eines Patienten durch einen Therapeuten. Soweit dies unter den jeweiligen Bedingungen möglich ist. erlaubt. Haben sie sich in Homöopathie weitergebildet, dürfen sie auch zukünftig im Internet und auf ihrem Praxisschild mit der Zusatzbezeichnung werben. Hilfesuchende können sich weiterhin frei für oder gegen Homöopathika entscheiden und sich Kosten von gesetzlichen KrankenkassenKrankenkassen Eine Krankenkasse ist der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Krankenkassen stellen den Versicherten Leistungen zur Verfügung, die nach Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte in Anspruch genommen werden können. Die meisten dieser Leistungen sind im SGB V festgeschrieben. Krankenkassen sind organisatorisch sowie finanziell unabhängig und unterstehen der Aufsicht von Bund oder Ländern. Im Gegensatz zu gesetzlichen Krankenversicherungen sind private Krankenversicherungsunternehmen Aktiengesellschaften oder Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG). erstatten lassen.

Für angehende Ärzte und Ärztinnen allerdings bieten Ärztekammern in Zukunft keine Homöopathie-Weiterbildungen mehr an. Mediziner und Medizinerinnen können in diesem Bereich keine Zusatzbezeichnung mehr erlangen. Der Anstrich evidenzbasierter Praxis wird homöopathischen Verfahren weiter entzogen.

Beim Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg stieß diese Entscheidung auf wenig Gegenliebe. Gesundheitsminister Manfred Lucha – Unterstützer des Wirtschaftsstandorts großer Homöopathie-Hersteller – kündigte der LandesärztekammerLandesärztekammer Die 17 deutschen Landesärztekammern dienen der Selbstverwaltung der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. Für jeden Arzt und jede Ärztin besteht eine Pflichtmitgliedschaft in ihrer oder seiner jeweiligen Ärztekammer. Welche Kammer zuständig ist, hängt davon ab, in welchem Bundesland er oder sie seine ärztliche Tätigkeit ausübt. Die Aufgaben der einzelnen Landesärztekammern sind durch die jeweiligen Kammergesetze des Landes geregelt. Dazu gehören Aufgabenbereiche aus der Berufs- und Gesundheitspolitik, ärztliche Weiter- und Fortbildung und Qualitätssicherung. Die einzelnen Landesärztekammern haben die Bundesärztekammer als Spitzenorganisation. öffentlich eine umfangreiche Kontrolle der Änderungssatzung an. Sein Ministerium werde den Beschluss „fachlich und rechtlich genau überprüfen“, erklärte er.

Können politische Entscheidungsträger Beschlüsse einer Landesärztekammer fachlich prüfen und vielleicht sogar für nichtig erklären?

Tatsächlich bedürfen Änderungen einer Weiterbildungsordnung der Genehmigung durch die jeweilige Aufsichtsbehörde. Im Fall einer Landesärztekammer handelt es sich dabei um das GesundheitsministeriumGesundheitsministerium Das Gesundheitsministerium ist das Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Es erarbeitet Gesetzesentwürfe, Rechtsverordnungen sowie Verwaltungsvorschriften. Zu seinen Aufgaben gehört es die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung zu erhalten, zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ist zuständig für die Reform des Gesundheitssystems. Wichtige Punkte sind zudem die Bereiche Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Biomedizin. Auch kümmert es sich und die Rahmenvorschriften für Herstellung, klinische Prüfung, Zulassung, Vertriebswege und Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie um die Sicherheit biologischer Arzneimittel wie Blutprodukte. Berufsgesetze für die Zulassung zu den bundesrechtlich geregelten Heil- und Gesundheitsberufen gehören ebenso zu seinem Aufgabenspektrum. des Bundeslandes. Doch das Heilberufe-Kammergesetz von Baden-Württemberg stellt in §8 Abs. 3 klar: „Die Aufsicht [ist] darauf beschränkt, die Einhaltung dieses Gesetzes und der auf Grund seiner Bestimmungen erlassenen Vorschriften zu überwachen.“ Das baden-württembergische Gesundheitsministerium kann also ausschließlich prüfen, ob die Landesärztekammer alle rechtlichen Vorgaben eingehalten hat. Eine fachliche Prüfung steht ihm – entgegen den Worten von Gesundheitsminister Lucha – nicht zu.

Ohne Zweifel ist es kein Rechtsverstoß, eine evidenzlose Zusatzqualifikation aus einer Weiterbildungsordnung entfallen zu lassen. Erst im Januar 2022 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht eine entsprechende Änderung der Weiterbildungsordnung der Bremer Ärzteschaft. Die Überprüfung der Satzungsänderung durch das baden-württembergische Gesundheitsministerium kann also nur zu einem Ergebnis kommen – der Genehmigung.


Redaktion: Nicole Hagen, Martin Rücker


Korrektur

Eine frühere Version des Textes behauptete, Mediziner und Medizinerinnen könnten im Bereich Homöopathie keine Facharztanerkennung mehr erlangen. Den Satz haben wir korrigiert.