Es ist ein Affront gegen die Amtsinhaberin – aber nach Ansicht von Experten dringend nötig: Das BundesgesundheitsministeriumBundesgesundheitsministerium Das Bundesgesundheitsministerium, oder auch Bundesministerium für Gesundheit, erarbeitet Gesetzesentwürfe, Rechtsverordnungen sowie Verwaltungsvorschriften. Zu seinen Aufgaben gehört es die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung zu erhalten, zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ist zuständig für die Reform des Gesundheitssystems. Wichtige Punkte sind zudem die Bereiche Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Biomedizin. Auch kümmert es sich und die Rahmenvorschriften für Herstellung, klinische Prüfung, Zulassung, Vertriebswege und Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie um die Sicherheit biologischer Arzneimittel wie Blutprodukte. Berufsgesetze für die Zulassung zu den bundesrechtlich geregelten Heil- und Gesundheitsberufen gehören ebenso zu seinem Aufgabenspektrum. will die BZgABZgA Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), hat – wie der Name schon sagt – die gesundheitliche Aufklärung in Deutschland als Ziel und Aufgabe. Die BZgA nimmt dies auf Bundesebene als Fachbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wahr. Zu ihren Aufgabengebieten gehört die Erarbeitung von Grundsätzen und Richtlinien für Inhalte und Methoden der praktischen Gesundheitserziehung. Sie koordiniert und verstärkt z.B. die gesundheitliche Aufklärung und Gesundheitserziehung im Bundesgebiet, wie Sexualaufklärung und Familienplanung, Aufklärung zum Thema Organ- und Gewebespende sowie Aufklärung über Blut- und Plasmaspende. Sie leistet auch Beiträge zur Entwicklung und Umsetzung auf nationaler Ebene, wie Prävention von Infektionskrankheiten und Sucht sowie die Förderung der Kinder- und Jugendgesundheit. unter neuer Leitung deutlich reformieren. Doch dies könnte zu Lasten von Wissenschaftlichkeit und Unabhängigkeit gehen.
Es ist eine Stellenanzeige, die es in sich hat: „Die BZgA braucht ein Update“, beginnt die Aufgabenbeschreibung für den neuen Direktorenposten. „Im Auftreten, im Selbstverständnis, in der Kommunikation.“ Mit diesen Worten wird die bisherige Direktorin Heidrun Thaiss planmäßig in den Ruhestand verabschiedet – 2015 trat sie die Stelle an, nachdem ihre Vorgängerin Elisabeth Pott die Behörde rund 30 Jahre geleitet hatte. Bei Thaiss‘ Amtsantritt war das vom Bundesgesundheitsministerium (BMGBMG BMG ist die Abkürzung für das Bundesministerium für Gesundheit. Es erarbeitet Gesetzesentwürfe, Rechtsverordnungen sowie Verwaltungsvorschriften. Zu seinen Aufgaben gehört es die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung zu erhalten, zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ist zuständig für die Reform des Gesundheitssystems. Wichtige Punkte sind zudem die Bereiche Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Biomedizin. Auch kümmert es sich und die Rahmenvorschriften für Herstellung, klinische Prüfung, Zulassung, Vertriebswege und Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie um die Sicherheit biologischer Arzneimittel wie Blutprodukte. Berufsgesetze für die Zulassung zu den bundesrechtlich geregelten Heil- und Gesundheitsberufen gehören ebenso zu seinem Aufgabenspektrum.) nun geplante „Update“ weit weg: „Sie sind verantwortlich für die Erfüllung der der Bundeszentrale übertragenen Aufgaben“, las sich die damalige Aufgabenbeschreibung stattdessen. Statt den Vertrag auch angesichts der Coronakrise mit ihr zu verlängern, griff das Haus von Gesundheitsminister Jens SpahnSpahn Spahn, Jens; Bankkaufmann und Politologe, war 2018 bis 2021 Bundesminister für Gesundheit. Seit 2002 ist er Mitglied des Bundestages. (CDU) nun zu einem klaren Schnitt.
Bei ihrer Gründung wurde die BZgA 1967 mit der Aufgabe der „Gesundheitserziehung“ bedacht. Inzwischen hat sich auch das Selbstverständnis der oberen Bundesbehörde hin zu einem von Aufklärung und Prävention entwickelt. Zu diesem Ziel entwickelt die BZgA Kampagnen und führt sie durch – zu Themen wie HIVHIV HIV – Human Immunodeficiency Virus; zu Deutsch: »Humanes Immundefizienz-Virus« ist ein Virus, welches AIDS auslösen kann. AIDS ist die Abkürzung für Acquired Immunodeficiency Syndrome, was mit »Erworbenes Immunschwächesyndrom« übersetzt werden kann. Durch eine Infektion mit dem HI-Virus kommt es zu einer Schwächung des körpereigenen Immunsystems, so dass zumeist unproblematisch verlaufende Krankheiten zu einem Problem werden. Eine Infektion mit HIV wurde zum ersten Mal 1981 diagnostiziert und hat sich seitdem zu einer Pandemie entwickelt. Die Therapie wurde in den letzten Jahren massiv verbessert, so dass Infizierten ein wesentlich längeres Leben mit hoher Qualität ermöglich wird., Sexualaufklärung, Impfungen, Sucht oder Organspende. Manche wurden bundesweit bekannt wie „Gib AIDSAids AIDS ist die Abkürzung für Acquired Immunodeficiency Syndrome, was mit »Erworbenes Immunschwächesyndrom« übersetzt werden kann. Durch eine Infektion mit dem HI-Virus kommt es zu einer Schwächung des körpereigenen Immunsystems, so dass zumeist unproblematisch verlaufende Krankheiten zu einem Problem werden. Eine Infektion mit HIV wurde zum ersten Mal 1981 diagnostiziert und hat sich seitdem zu einer Pandemie entwickelt. Die Therapie wurde in den letzten Jahren massiv verbessert, so dass Infizierten ein wesentlich längeres Leben mit hoher Qualität ermöglich wird. keine Chance“. Insgesamt betreibt die BZgA über 50 Internetangebote – auch mit Gesundheitsinfos für Migranten oder zur Prävention sexuellen Missbrauchs. Die Präventionsangebote will sie mit Vereinen und anderen Partnern vor Ort möglichst gut an die Lebenswelten der Zielgruppen angepasst umsetzen.
Während CoronaCorona Mit Corona bezeichnet die Allgemeinbevölkerung zumeist SARS-CoV-2 (Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2). Es ist ein neues Beta-Coronavirus, welches zu Beginn des Jahres 2020 als Auslöser der Krankheit COVID-19 identifiziert wurde. Coronaviren waren schon vor 2020 altbekannt. In Menschen verursachen sie vorwiegend milde Erkältungskrankheiten (teils auch schwere Lungenentzündungen) und auch andere Wirte werden von ihnen befallen. SARS-CoV-2 hingegen verursacht wesentlich schwerere Krankheitsverläufe, mit Aufenthalten auf der Intensivstation bis hin zum Tod. Der Virusstamm entwickelte und entwickelt seit seiner Entdeckung verschiedene Virusvarianten, die in ihren Aminosäuren Austausche aufweisen, was zu unterschiedlichen Eigenschaften bezüglich ihrer Infektiosität und der Schwere eines Krankheitsverlaufes führt. Seit Dezember 2020 steht in Deutschland ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zur Verfügung. erstaunlich unsichtbar
Doch ausgerechnet während der PandemiePandemie Pandemie bezeichnet eine globale Epidemie, eine zeitlich begrenzte und zugleich weltweit stattfindende Infektionskrankheit. Fehlende Grundimmunitäten gegen, z.B. neu mutierte, Bakterien- oder Virenstämme erhöhen Infektions- und Todesraten. Während einer Pandemie mit schweren Krankheitsverläufen sind Überlastungen von Gesundheitsversorgungsstrukturen und des öffentlichen Lebens schnell erreicht. Bekannte Beispiele für durch Viren hervorgerufene Pandemien sind HIV (seit den 80er Jahren), das Influenza-A-Virus (H1N1) von 2009 sowie Corona (seit 2019). Der weltweite Handel, eine globale Mobilität sowie immer weniger Rückzugsorte für andere Lebewesen begünstigen nicht nur die Entstehung von Infektionskrankheiten, sondern auch deren Ausbreitung. Die WHO kontrolliert in einem ständigen Prozess das Auftreten und die Verbreitung von Infektionskrankheiten, die potentiell epidemisch oder pandemisch werden könnten. hat die BZgA viele Möglichkeiten nicht genutzt – sie war erstaunlich unsichtbar, obwohl diese Gesundheitskrise doch eigentlich ihre Stunde sein sollte. Die für einige hunderttausend Euro entwickelten Kampagnen „Zusammen gegen Corona“ sowie jene zur „AHA“-Regel, die für mehr als 10 Millionen Euro deutschlandweit plakatiert und in sozialen Medien verbreitet wurde, entwickelte das BMG federführend: Es sei notwendig gewesen, „schnell Informationskampagnen zu entwickeln, um die Bevölkerung rasch und umfassend zu informieren“, erklärt der Sprecher Spahns auf Nachfrage. Es habe aber eine enge Abstimmung mit BZgA und Robert-Koch-Institut (RKIRKI Das RKI – Robert-Koch-Institut – ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Seine Kernaufgaben sind die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, insbesondere von Infektionskrankheiten. Das RKI wirkt bei der Entwicklung von Normen und Standards mit. Es informiert und berät die Fachöffentlichkeit, sowie die breite Öffentlichkeit.) gegeben.
Im Frühjahr veröffentlichte die Behörde auf der Kampagnenseite infektionsschutz.de Fragen und Antworten, die auf Inhalten vom RKI basierten – erst langsam kamen weitere Informationsangebote hinzu. Die BZgA sieht hier keine Probleme: „Die aktive Themensetzung hat bedarfsbezogen sehr rasch und agil seit Beginn der Pandemie zu einer vielfältigen Angebots- und Produktpalette für verschiedenste Zielgruppen und Bedarfe auf www.infektionsschutz.de geführt“, sagt Thaiss. Doch die Inhalte sind nicht immer medial professionell aufbereitet, und auch inhaltlich hapert es teils: Durch gründliches Händewaschen könne die Übertragung von Infektionskrankheiten „wirksam unterbrochen werden – das ist gerade jetzt in Zeiten der Coronavirus-Pandemie wichtig“, erklärte die BZgA etwa kürzlich in einer Pressemitteilung zum Welthändewaschtag. Dabei wird das Coronavirus höchstens vereinzelt über diesen Weg übertragen, ein sicherer Schutz vor Übertragungen ist durch das Händewaschen keinesfalls möglich.
Verdreifachung der Mitarbeiterzahl, Leitbild von 2006
Dabei ist sie in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen: 2005 erhielt sie rund 45 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt, 2015 waren es gut 60 Millionen Euro – durch das 2015 in Kraft getretene Präventionsgesetz erhält die Behörde mehr als 30 Millionen Euro jährlich zusätzlich. 2007 arbeiteten rund 120 Menschen bei der BZgA – 2015 doppelt so viel, nun ungefähr dreimal so viel. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) oder das Bundesinstitut für ArzneimittelArzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die angewandt werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Es kann sich hierbei ebenfalls um Mittel handeln, die dafür sorgen, dass Krankheiten oder Beschwerden gar nicht erst auftreten. Die Definition beinhaltet ebenso Substanzen, die der Diagnose einer Krankheit nutzen oder seelische Zustände beeinflussen. Die Mittel können dabei im Körper oder auch am Körper wirken. Das gilt sowohl für die Anwendung beim Menschen als auch beim Tier. Die gesetzliche Definition von Arzneimitteln ist im § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) enthalten. und MedizinprodukteMedizinprodukte Medizinprodukte sind z.B. Implantate, Katheder, Infusionen, Herzschrittmacher und Co. Sie definieren sich durch eine vom jeweiligen Hersteller bestimmte medizinische Zweckbestimmung für die Anwendung beim Menschen. Anders als bei Arzneimitteln entfaltet sich ihre Hauptwirkung auf physikalische Weise. Verschiedenste Vorgaben regeln das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Medizinprodukten. Dadurch soll für die Sicherheit und Eignung der Medizinprodukte gesorgt werden. Es geht hierbei zudem um den Schutz von Patienten, Anwendern und Dritter. ist sie dem Bundesgesundheitsministerium untergeordnet, eine Abteilung steht unter der Aufsicht des Bundesfamilienministeriums.
Als der deutsche Wissenschaftsrat – ein Beratergremium für Bund und Länder zu Wissenschaftsfragen – 2008 die BZgA evaluierte, bezeichnete er sie als eine leistungsstarke, erfolgreiche Einrichtung, „deren Forschung und Dienstleistungen dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen und ganz überwiegend von hoher Qualität sind“. Dennoch bemängelte der Rat die nicht hinreichende Ausstattung mit wissenschaftlichem Personal, der eine signifikante und dauerhafte Intensivierung der Forschung anmahnte. Vier Jahre später meldete das Bundesgesundheitsministerium bei der turnusmäßigen Berichterstattung, es gebe nun anderthalb zusätzliche, befristete Stellen. Trotz des enormen Personalzuwachses blieb die Mitarbeiterzahl im Referat für Forschung und Qualitätssicherung über die letzten zehn Jahre unverändert bei zehn Beschäftigten – weitere acht Mitarbeiter arbeiten in einem Parallelreferat, das im Zuge des Präventionsgesetzes geschaffen wurde.
„Wir bitten um etwas Geduld“
Mehrere Gesundheitsexperten, die ungenannt bleiben wollen, kritisieren die BZgA für ihre oftmals nicht ausreichend wissenschaftsbasierte Arbeit. So wird sie – anders als das RKI – auch noch nicht als offizieller Partner des kürzlich gestarteten Nationalen Gesundheitsportals des BMG genannt. „Um dem hohen Qualitätsanspruch mit jedem Beitrag gerecht zu werden“, arbeite das Portal mit ausgewählten Partnern zusammen, heißt es auf dessen Webseite. Die BZgA liefert nur vereinzelt Informationen zu. Thaiss sagt, dies liege daran, dass das Portal bislang überwiegend krankheitsorientiert ausgelegt sei – während die BZgA ja auf Prävention setze.
Und obwohl der Wissenschaftsrat schon 2008 mehr Publikationen angemahnt hatte, sieht es auf der BZgA-Webseite teils noch düster aus: Zwar führt diese viele eigene Studien auf, Infos zu Artikeln in begutachteten Fachzeitschriften seien jedoch „aktuell noch in der Bearbeitung“, „wir bitten um etwas Geduld“ – ähnlich etwa bei einer Übersichtsseite zu eingeworbenen Forschungsprojekten oder bei einer Seite zu Kooperationen. Auf der Seite zu Methoden und Verfahren findet sich nicht etwa ein Übersichtspapier zum methodischen Vorgehen der Behörde, sondern eine lange Liste verschiedenster Ansätze – und das Leitbild der Behörde stammt noch von 2006. Auch sonst ist die Kommunikation teils alles andere als modern: Die Entwicklung von Kampagnen und Materialien „erfolgt in der Regel partizipativ mit den Endadressatengruppierungen“, sagte Thaiss beispielsweise kürzlich in Bürokratendeutsch in einem Interview. Und auf Facebook und Youtube hat die BZgA zwar einige Angebote, auf Instagram ist sie praktisch aber noch nicht aktiv: Seit 2018 gab es nur einen Kanal zur Kampagne „Alkohol? Kenn Dein Limit“ – im Juli kam ein Kanal zur Kampagne „LiebesLeben“ hinzu, deren Beiträge jedoch bislang oft kein einziges Like erhalten.
Als MedWatch Mitte März anfragte, ob es repräsentative Umfragen zur Erfassung des Kenntnisstands der Bevölkerung zu Covid-19Covid-19 COVID-19 ist ein Akronym für die englische Bezeichnung Coronavirus Disease 2019, was so viel wie Corona-Virus-Krankheit 2019 heißt. Sie wird von dem neuen Beta-Coronavirus SARS-CoV-2 und seinen Varianten ausgelöst. Eine Erkrankung mit COVID-19 äußert sich zumeist – ca. vier bis sechs Tage nach Infektion – relativ unspezifisch durch Husten, Schnupfen, Halsschmerzen und Fieber sowie Störungen des Geruchs- und/oder Geschmackssinns. Atemnot, Kopf- und Gliederschmerzen, allgemeine Schwäche oder auch Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall können hinzukommen. Die Symptome können je nach Virusvariante variieren. Auch schwere Verläufe mit Aufenthalten auf der Intensivstation bis hin zum Tod sind möglich. plane, hieß es, dies sei „als weiterer Schritt denkbar“: Es würden zunächst „alle verfügbaren Kapazitäten auf Aufklärungsarbeit zu den wichtigen Maßnahmen der Primärprävention konzentriert, um das Ausbreitungsgeschehen zu verlangsamen“. Einige Tage später schloss sich die Behörde der von der Erfurter Psychologin Cornelia Betsch initiierten Befragungskampagne „Cosmo“ an. Thaiss behauptet nun, das Projekt fuße auf den Empfehlungen der BZgA, während es laut Betsch ausschließlich von ihrem Team konzipiert und initiiert wurde.
„Patriarchalisch in eine Richtung“
„Ich war total entsetzt, als es diesen März mit Corona losging und nur top-down und ziemlich patriarchalisch in eine Richtung kommuniziert wurde“, sagt Rolf Rosenbrock gegenüber MedWatch – er ist Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und war viele Jahre Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der BZgA. Er habe Thaiss dies Ende März mit einem Konzeptvorschlag geschrieben – „aber sie antwortete, die BZgA habe ohnehin zu viel zu tun“, sagt Rosenbrock. Insgesamt sieht er die Kommunikation der Bundesregierung und der BZgA in Sachen Corona als ungenügend an, während es sich früher um eine hochmoderne, wissensbasierte Behörde gehandelt habe, die mit Wendigkeit und Kreativität den präventionspolitischen Herausforderungen begegnet sei. Thaiss bestätigt auf Nachfrage den „regen fachlichen Austausch“ mit Rosenbrock, dem das Kommunikationsangebot zu Corona ausführlich vorgestellt worden sei – sie weist die Kritik jedoch generell zurück.
Schutz und Solidarität: Jede/r kann mithelfen, die Ausbreitung des #Coronavirus zu verlangsamen. Die #BZgA unterstützt dabei mit Empfehlungen für das Verhalten im Alltag: https://t.co/5c2PRwSx2y #wirbleibenzuhause #zusammengegencorona #COVID19de pic.twitter.com/E01a4XoFc7
— BZgA (@bzga_de) March 19, 2020
Doch obwohl der Reformbedarf klar ist, kritisieren Rosenbrock wie auch andere Gesundheitsexperten die Ausschreibung des BMG für die BZgA-Direktorin deutlich. „Sie sollten den Anspruch mitbringen, die Bundesbehörde zur zentralen Vertrauensinstanz in Gesundheitsfragen und einer echten Kommunikationsagentur zu machen“, heißt es dort. Nachdem mit Thaiss und ihrer Vorgängerin Pott zwei Ärztinnen aus dem Bereich des Öffentlichen Gesundheitsdienstes die Behörde geleitet haben, sucht das BMG vorzugsweise einen Geistes- oder Sozialwissenschaftler, der „umfassende Berufserfahrung im Bereich der Kommunikation und im strategischen Kampagnenmanagement“ mitbringen sollte – „idealerweise mit journalistischem Hintergrund“.
„Da fürchte ich Schlimmes“
Erfahrung mit wissenschaftlicher Arbeit wird hingegen nicht als Kriterium erwähnt. 2014 war dies noch deutlich anders: Damals wurde „ein ausgeprägtes Verständnis der Forschung und der Entwicklungen in der Gesundheitsförderung und der Prävention“ gefordert. Klar scheint, dass das BMG diesmal schon einen Kandidaten in der engeren Auswahl hat: Während die Ausschreibung 2014 in der „Zeit“ veröffentlicht wurde und fünf Wochen lief, lief sie diesmal offenbar nur zwei Wochen – und wurde auf einer Regierungswebseite statt in der Zeitung veröffentlicht.
„Die Ausschreibung ergibt einen ganz anderen Zuschnitt, die wissenschaftliche Arbeit scheint sehr zurückgedrängt“, sagt Rosenbrock. Das bedeute „eine sehr reduzierte Wahrnehmung der Aufgaben der BZgA“. Der journalistische Zuschnitt irritiere ihn sehr. „Da fürchte ich Schlimmes – dass ein Marketing-Typ die BZgA leiten wird.“ Es könne darauf hinauslaufen, dass die Behörde zukünftig hauptsächlich Kommunikationsaufgaben für das BMG übernehmen werde. „Das wäre wirklich ein Jammer – und weit unter den Möglichkeiten und Notwendigkeiten“, sagt Rosenbrock. „Wenn man Prävention auf Kommunikation reduziert, dann ist man eigentlich schon auf dem falschen Gleis.“
Die neue Ausrichtung der Leitungsposition – hin zu einem starken kommunikativen Anforderungsprofil – entspräche „vielmonatigen Überlegungen“, erklärt ein Sprecher des BMG gegenüber MedWatch. Die BZgA verfüge über eine hohe Glaubwürdigkeit, die weiter gestärkt werden solle. „Dafür ist insbesondere in dynamischen Situationen wie der aktuellen Pandemie und vor dem Hintergrund eines sich schnell verändernden Kommunikations- und Informationsverhaltens der Bürgerinnen und Bürger eine organisatorische Weiterentwicklung der BZgA nötig, die auch bereits begonnen hat.“ So wurden Vorschläge entwickelt, die Behörde grundsätzlich neu zu strukturieren.
„Enges Miteinander mit unseren aufsichtsführenden Behörden“
Wenn die BZgA zu einer „echten Kommunikationsagentur“ werden soll, wie das BMG es sich wünscht, ist auch fraglich, ob sie gleichzeitig zur „zentralen Vertrauensinstanz“ werden kann: Viele Themen wie die Organspende, Familienplanung oder Corona sind politisch aufgeladen – um vertrauenswürdig tätig sein zu können braucht die BZgA braucht eine gewisse Eigenständigkeit. Doch mit Letzterer ist es nicht weit her. „Wir stehen in enger Kooperation – und zwar in allen Themen. Wir stimmen unsere Themen ab“, sagte Thaiss im Podcast „Gesundheit.Macht.Politik.“ Es gebe „ein enges Miteinander mit unseren aufsichtsführenden Behörden“. Doch eine „gewisse Eigenständigkeit“ sei für die BZgA als Fachbehörde und Ressortforschungseinrichtung wichtig, sagt Thaiss auf Nachfrage von MedWatch: „Um eine fachlich neutrale Beratung der Politik auf dem Gebiet der gesundheitlichen Aufklärung, Gesundheitsförderung und Prävention leisten zu können.“
Mehrere Mitglieder des aktuellen Wissenschaftlichen Beirats der BZgA melden sich auf mehrere Anfragen nicht zurück. Eine Ausnahme ist der Kommunikationswissenschaftler Heinz Bonfadelli, der früher an der Universität Zürich tätig war. Im Bereich Gesundheits- und Präventionskampagnen leiste die BZgA wie früher „eine sehr gute Arbeit“ – auch bezüglich der vielfältigen Kommunikation zum Thema Corona, sagt er. Als Schweizer und Kommunikationswissenschaftler sei er aber nicht unbedingt die geeignete Auskunftsperson, speziell was deutsche Aspekte anbelange.
Wenn Thaiss im Frühjahr 2021 die BZgA verlässt, wird sie weiterhin verschiedene Aufgaben haben: Sie ist etwa Mitglied des Hochschulrats in Münster – und seit April dieses Jahres auch Honorarprofessorin für das Fachgebiet „Health Promotion“ an der Technischen Universität München. Dort trifft sie auf ihr bekannte Gesichter: Im November 2019 startete Thaiss eine Kooperation der BZgA mit der Hochschule, sie lobte diese als „neue Partnerin von ausgewiesener Exzellenz“. Die Professur sei nun aber kein Dankeschön hierfür gewesen, erklärt die Uni: Beides stehe „in keinem kausalen Zusammenhang“, die Berufung von Frau Thaiss bedeute „aufgrund ihrer Expertise in der GesundheitspolitikGesundheitspolitik Das Hauptaugenmerk der Gesundheitspolitik liegt auf der Verbesserung der gesundheitlichen Lage der Bevölkerung. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ist hierbei federführend. Dem BMG obliegt es entsprechende Gesetzesvorhaben, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften auszuarbeiten. Der BMG konzipiert die Gesetze im Gesundheitsbereich, der Bundestag verabschiedet sie. Andere Geschäftsbereiche wie Verbraucherschutz, soziale Sicherung und Finanzierung finden Beachtung und müssen miteinander in Einklang gebracht werden, auch der Bundesrat spielt hier mit rein. einen erheblichen Mehrwert für die Fakultät und das Lehrportfolio“.
„Grundsätzlich bedarf es politischer Unabhängigkeit“
An ihrer Behörde gibt es derweil weiter viel zu tun. „Die Stärkung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung bleibt die größte Herausforderung in unserem Gesundheitswesen“, sagt der Würzburger Infektiologe Andrew Ullmann, der Obmann der FDP-Fraktion im GesundheitsausschussGesundheitsausschuss Der Gesundheitsausschuss entwickelt auf nationaler und EU-Ebene die Reformen der gesetzlichen Krankenkassen. Patientenrechte, ärztliche Belange, ethische Fragen der Medizin sowie Arzneimittelversorgung und -sicherheit gehören ebenso zu seinen Aufgabengebieten. Im Bereich der Krankenversicherungen beschäftigt sich der Gesundheitsausschuss mit dem Leistungs- und Beitragsrecht und kümmert sich zudem um die Rechte der Vertragsärzte sowie Verbände und vieles mehr. Der Gesundheitsausschluss kann ausschließlich Beschlussempfehlungen abgeben, die Sitzungen sind nicht öffentlich. des Bundestags ist. Der BZgA komme dabei eine herausgehobene Position zu. „Es reicht nicht, Informationen nur zur Verfügung zu stellen“, sagt er. Die BZgA dürfe „keine reine Kommunikationsbehörde sein“. Eigene Forschungsvorhaben, die die aufklärende Arbeit unterstützen, müssten weiterhin ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit sein. Zudem müsste sie regelmäßig evaluiert werden.
Gesundheitsinformationen gebe es zuhauf, sagt Kirsten Kappert-GontherKirsten Kappert-Gonther Kirsten Kappert-Gonther, Medizinerin und Politikerin (Bündnis 90/Die Grünen) ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ist in ihrer Fraktion Berichterstatterin für seelische Gesundheit, Bioethik sowie für die Legalisierung von Cannabis. Seit Januar 2022 ist sie stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses (Stand 2022)., Sprecherin für Gesundheitsförderung der Grünen-Bundestagsfraktion – oftmals seien sie jedoch verzerrt, ihre Qualität intransparent und es sei schwer, wissenschaftsbasierte Informationen zu finden. „Hier muss die BZgA stärker als bisher eingesetzt und zu einer echten Vertrauensinstanz aufgebaut werden.“ Im Zentrum der gesundheitlichen Aufklärung der BZgA sollte die Vermittlung einer kritischen Gesundheitskompetenz stehen. „Grundsätzlich bedarf es dazu politischer Unabhängigkeit“ – diese muss sich auch in der Besetzung von Leitungsfunktionen widerspiegeln.
Die Bereiche Qualitätssicherung und Evidenzbasierung müssten deutlich gestärkt werden, sagt Kappert-Gonther. „Die BZgA sollte zu einer echten Public Health-Behörde weiterentwickelt werden, die das Ziel verfolgt, die gesundheitliche Chancengleichheit in der Bevölkerung anzugleichen.“ Dazu bedürfe es zielgruppengenauer Präventionsansätze, die insbesondere einkommensschwache Gruppen, Menschen mit Migrationserfahrung und auch Menschen mit seltenen Erkrankungen erreichen, die noch immer einen erschwerten Zugang zu unserem GesundheitssystemGesundheitssystem Das deutsche Gesundheitssystem ist ein duales Krankenversicherungssystem bestehend aus der GKV (Gesetzlichen Krankenversicherung) und der PKV (private Krankenversicherungen). Seit der Gesundheitsreform 2007 muss jeder, der in Deutschland seinen Wohnsitz hat, eine Krankenversicherung haben. Wichtig ist zudem das Prinzip der Selbstverwaltung und der Sachleistung. D.h. Krankenkassen erfüllen die ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung. Es existiert eine gemeinsame Selbstverwaltung der Leistungserbringer und Kostenträger. Wichtigstes Organ hierbei auf Bundesebene ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). haben.
Update: Versehentlich hatten wir geschrieben, Frau Thaiss würde im Frühjahr 2022 statt 2021 die BZgA verlassen. Dies wurde korrigiert.