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Nahrungsergänzungsmittel zum Abnehmen Nach MedWatch-Recherche: Auch Behörden bemängeln „Fett Burner“-Werbung – Produkt beschäftigt inzwischen die Gerichte

Vorder- und Rückseite der Sheko Fett Burner Verpackung.
Lebensmittelbehörden bemängeln die Kennzeichnung und Werbung für das Produkt «Sheko Fett Burner». © Allmedica Arzneimittel GmbH; Collage: MedWatch

Nach einer MedWatch-Recherche haben mehrere Lebensmittelbehörden die Gesundheitswerbung für den „Sheko Fett Burner“ als unzulässig eingestuft. Mit neuer Rezeptur sind die angeblichen Abnehm-Pillen weiter im Handel – ob das so bleibt, müssen jetzt Gerichte entscheiden.

Ob die „Sheko Fett Burner“-Kapseln weiter verkauft werden dürfen, müssen Gerichte entscheiden. Nach Informationen von MedWatch hat das Bezirksamt Hamburg-Nord den weiteren Vertrieb untersagt – der Hersteller versucht jedoch, die Entscheidung zu kippen. 

Zuvor hatte das Landeslabor Berlin-Brandenburg Werbeaussagen für das NahrungsergänzungsmittelNahrungsergänzungsmittel Nahrungsergänzungsmittel werden den Lebensmitteln zugeordnet und sind abgegrenzt von Medikamenten zu betrachten. So dürfen sie, wie der Name schon sagt, die normale Ernährung ergänzen, sie jedoch nicht ersetzen und zudem keine arzneiliche Wirkung zeigen. Sie werden als Kapseln, Tabletten, Tropfen oder Ähnliches angeboten und enthalten oft Vitamine, Mineralstoffe oder sonstige Nährstoffe, die eine Wirkung erzielen sollen. Sie dürfen jedoch nicht wie ein Arzneimittel beworben werden. Die Hersteller dürfen keine spezifische Wirkung wie die Linderung oder Vorbeugung einer Krankheit anpreisen oder für ein definiertes Anwendungsgebiet werben. als unzulässig eingestuft. Auch das Hessische Landeslabor hatte bemängelt, dass für zwei Gesundheitsversprechen die Grundlagen fehlten. Das geht aus Prüfberichten der beiden staatlichen Einrichtungen hervor, die unserer Redaktion vorliegen. Die Prüfungen waren nach einer Recherche von MedWatch aus dem vergangenen Herbst eingeleitet worden.

Obwohl mehrere Lebensmittelbehörden die Kennzeichnung und Werbung für das Produkt bemängeln, ist es – mit veränderter Rezeptur, aber derselben Werbemasche – weiter im Handel. Die Drogeriemarktketten dm und Rossmann lassen es gelistet. Nachfragen bei den beteiligten Ämtern und Unternehmen zeigen, warum es selbst in vermeintlich klaren Fällen so kompliziert ist, den VerbraucherschutzVerbraucherschutz Verbraucherschutz ist deutschland- und europaweit ein breit gefächertes Gebiet. So gibt es ein Amt für Verbraucherschutz, ein Bundesinstitut für Risikobewertung, die EFSA – die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit – und eine Health-Claims-Verordnung. In Deutschland existieren 16 Verbraucherzentralen und weitere verbraucherpolitische Organisationen, die in einem gemeinsamen Bundesverband gebündelt sind. Verbraucherschutz beinhält Rechtsvorschriften und Verbraucherrechte die z.B. Bereiche wie Lebensmittelsicherheit, Kaufverträge und Verträge mit Banken und Geldinstituten berücksichtigen. bei der Gesundheitswerbung durchzusetzen.

Darum geht es

„Lässt die Fettpölsterchen schmelzen“: So lautet die Eigenwerbung der Sheko-Tabletten, die Citrus- und Guaranaextrakt sowie Chrom und Zink enthalten. Im Oktober 2022 hatte MedWatch über die angeblichen Fett-weg-Pillen berichtet – und neben den Verbraucherzentralen auch den Juristen Alfred Hagen Meyer zitiert, einen der führenden Experten für Lebensmittelkennzeichnung. Beide bewerteten die Werbeversprechen als unzulässige Irreführung. Darüber informierte MedWatch nach der Veröffentlichung die zuständigen Lebensmittelbehörden.

Darunter das Veterinäramt des Berliner Bezirks Reinickendorf. Dort hatten wir das Nahrungsergänzungsmittel in einem Drogeriemarkt gekauft. Der Bezirk beauftragte das gemeinsame Landeslabor der Länder Berlin und Brandenburg mit einer Prüfung. Dessen Bericht vom 23. Januar 2023 kommt zum gleichen Schluss wie die von MedWatch zitierten Expert:innen: Die Werbung ist unzulässig.

Bereits die Produktbezeichnung „Fett Burner“ stellt aus Sicht der Gutachter eine verbotene Gesundheitswerbung dar. Mit ihr werde „impliziert, dass das vorgelegte Nahrungsergänzungsmittel zu einer Steigerung der Fettverbrennung führe“, heißt es in dem Gutachten. Gesundheitsbezogene Angaben müssten sich jedoch auf einen Nährstoff oder eine bestimmte Zutat beziehen oder für das spezifische Produkt zugelassen werden, was nicht erfolgt sei: „Es handelt sich somit bei der Angabe ‚Fett Burner‘ […] um eine nicht zulässige gesundheitsbezogene Angabe.“


Hintergrund: Seit rund 15 Jahren will die EU Verbraucher:innen mit ihrer Health-Claims-VerordnungHealth-Claims-Verordnung Die Health-Claims-Verordnung ist eine europaweit einheitliche Regelung zu Nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben. So dürfen z.B. Informationen zu Lebensmitteln oder auf Lebensmittelverpackungen wie »fettarm« und »zuckerfrei« nicht falsch oder irreführend sein und müssen zugleich von Verbrauchern verstanden werden. Alle Angaben dazu müssen sich auf wissenschaftliche Daten stützen. Auch müssen demnach auf Lebensmittelverpackungen ausgewiesene Substanzen im Endprodukt in ausreichender Menge vorhanden sein und in einer Form vorliegen, die der menschliche Körper verwerten kann. Wird im Gegenteil dazu mit der Reduzierung oder dem Verzicht auf gewisse Substanzen (z.B. Fett oder Zucker) geworben, dürfen diese tatsächlich nicht vorhanden bzw. müssen sie in ausreichend reduzierter Menge vorliegen. Zudem ist es nach der Health-Claims-Verordnung verboten, auf Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,5% gesundheitsbezogene Angaben zu machen. Die Verordnung dient dem Verbraucherschutz und gilt seit 2007 als unmittelbar anwendbares Recht. vor überbordenden und vor allem unbelegten Gesundheitsversprechen schützen. Seitdem sind Werbeaussagen mit Gesundheitsbezug grundsätzlich erst nach einer Prüfung der wissenschaftlichen Belege durch die EU-Lebensmittelbehörde EFSAEFSA Die EFSA ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. Sie wurde 2002 mit Sitz in Parma eingerichtet, um die Lebensmittelsicherheit in der EU zu verbessern und ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten. Zu ihren Aufgaben gehört die wissenschaftliche Beratung zu bestehenden und aufkommenden Risiken in der Lebensmittelkette durch wissenschaftliche Gremien und Ausschüsse. Der Großteil ihrer Arbeit erfolgt auf Ersuchen durch die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten, manche der wissenschaftlichen Arbeiten werden auf eigene Initiative durchgeführt. Die EFSA kooperiert mit dem BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung – und wird über den EU-Haushalt finanziert. Die Bewertung von lebensmittelbedingten Risiken erfolgt unabhängig von politischen Entscheidungsfindungen. erlaubt.

Doch weil sich die Prüfungen als kompliziert erwiesen, gibt es Ausnahme- und Übergangsregelungen – weshalb nicht immer sofort klar ist, ob ein bisher nicht zugelassener „Claim“ dennoch erlaubt sein könnte.


Die europäische Health-Claims-Verordnung


Auch der auf der Vorderseite der „Fett Burner“-Packungen platzierte Claim „Guarana unterstützt die Fettverbrennung“ sei nicht erlaubt, argumentiert das ebenso für die rechtliche Prüfung zuständige Landeslabor Berlin-Brandenburg. Es stuft damit eine zweite Werbeaussage von Sheko als nicht rechtens ein. Zwar verweist der Hersteller in der Fußnote auf ein noch nicht abgeschlossenes Zulassungsverfahren für diese Aussage – allerdings ist eine dem Sinn entsprechende Wirkungsaussage für Guarana, wie sie das Nahrungsergänzungsmittel nutzt, nach Auffassung der Prüfer:innen gar nicht beantragt worden. Fazit des Berliner Landeslabors: Das Produkt hätte so nicht in den Handel gebracht werden dürfen.

Mehrere Behörden bemängeln Werbeaussagen – halten sich aber für nicht zuständig

Was tun mit einem solchen Befund? Nachdem der Berliner Bezirk Reinickendorf das Gutachten auf dem Tisch hatte, gab es den Untersuchungsbericht an das Lebensmittelüberwachungsamt der Stadt Bielefeld ab, „da der verantwortliche Hersteller dort seinen Sitz hat“. Gemeint ist die Dr. Kleine Pharma GmbH. Sie hatte das Nahrungsergänzungsmittel bei Markteinführung registrieren lassen.

Karlsruhe

Auch das Ordnungsamt der Stadt Karlsruhe beschaffte sich eine Probe des „Fett Burner“. Das Amt ist zuständig für die Drogeriekette dm, die das Produkt in Filialen und Onlineshop verkauft. „Bei der Prüfung der Probe wurden Mängel festgestellt“, teilt eine Sprecherin der Stadt Karlsruhe mit, ohne Details zu nennen. Darüber hinaus tätig wurden die Karlsruher Kontrolleur:innen ebenso wenig wie ihre Kolleg:innen in Berlin: „Primär verantwortlich“ sei die Behörde am Sitz des Herstellers. Karlsruhe übergab den Fall. Allerdings nicht nach Bielefeld, sondern an den Bezirk Hamburg-Nord.

Der Grund: Nachdem die Bielefelder Firma Dr. Kleine das Produkt registriert und vermarktet hatte, sind inzwischen Packungen im Handel, die die Allmedica ArzneimittelArzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die angewandt werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Es kann sich hierbei ebenfalls um Mittel handeln, die dafür sorgen, dass Krankheiten oder Beschwerden gar nicht erst auftreten. Die Definition beinhaltet ebenso Substanzen, die der Diagnose einer Krankheit nutzen oder seelische Zustände beeinflussen. Die Mittel können dabei im Körper oder auch am Körper wirken. Das gilt sowohl für die Anwendung beim Menschen als auch beim Tier. Die gesetzliche Definition von Arzneimitteln ist im § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) enthalten. GmbH mit Adresse in Hamburg als Hersteller ausweisen – beide Unternehmen gehören zur selben Muttergesellschaft, der WindStar Medical GmbH mit Sitz am Frankfurter Flughafen. Über das verästelte Firmengeflecht, das über eine Holding in Luxemburg zu einem britischen Finanzinvestor mit Wohnsitz auf den Bahamas führte, hatte MedWatch ebenfalls berichtet:

Frankfurt

Das Ordnungsamt in Frankfurt, dem Sitz der Muttergesellschaft, schaute sich die Werbung ebenfalls an und beauftragte den Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) mit einer genaueren Prüfung. Auch dem LHL fehlten die Grundlagen für zwei gesundheitsbezogene Aussagen – das Gutachten vom 2. Januar 2023 wurde MedWatch auf mehrfaches Insistieren am 1. September übermittelt (siehe Kasten „Wie MedWatch an die Informationen kam“). Für den Produktnamen „Fett Burner“ sei der erforderliche Antrag auf Zulassung demnach nie gestellt worden. Die Aussage „Guarana unterstützt die Fettverbrennung“ wiederum ist nach Einschätzung des LHL nicht durch die vom Hersteller zitierten Studien belegt. Denn sie beziehen sich nicht auf isolierten Guaranaextrakt, sondern auf ein Gemisch unter anderem mit Citrusextrakt – für dieses allerdings ebenfalls kein Health-Claim-Antrag vorliege.

Nachdem der Laborbericht vorlag, erklärte sich auch das Frankfurter Ordnungsamt für „nicht zuständig“. Es übergab die Angelegenheit – nach Hamburg. Dabei zeigt ein Blick ins Handelsregister, dass die Allmedica Arzneimittel GmbH zwar eine Adresse in Hamburg, ihren Sitz jedoch in Frankfurt angemeldet hat.

Hannover

Im Fachbereich Verbraucherschutz der Region Hannover, verantwortlich für die Überwachung des Drogeristen Rossmann, zweifelten Expert:innen ebenfalls an der Zulässigkeit der Kennzeichnung. Das geht aus einem Vermerk hervor, der MedWatch vorliegt. Eine abschließende Bewertung enthält das Dokument nicht, denn auf eine tiefergehende Prüfung verzichtete das Amt. Weil Rossmann nur „produktbegleitende Werbung“ mache, heißt es in dem Vermerk, seien weitere Maßnahmen „unverhältnismäßig“. Über alles Weitere müsse die für den Hersteller zuständige Kontrollbehörde entscheiden, also „Bielefeld bzw. Hamburg“. So genau weiß man das in Hannover offenbar auch nicht.

Wie MedWatch an die Informationen kam

Die meisten kontaktierten Behörden antworteten – teils erst auf mehrfaches Nachfassen – auf Presseanfragen durch MedWatch. Ging es um amtliche Dokumente, waren hingegen förmliche Anträge nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) erforderlich. Das VIG kann jede Privatperson nutzen: Es regelt, in welchen Fällen Verbraucher:innen Anspruch auf Übersendung amtlicher Informationen haben. Auf unseren VIG-Antrag stellte uns der Berliner Bezirk Reinickendorf den von ihm beauftragten und in diesem Artikel zitierten Prüfbericht des Landeslabors Berlin-Brandenburg zur Verfügung.

Schwieriger war es beim Ordnungsamt Frankfurt. Es ließ eine formlose Anfrage unbeantwortet und reagierte – nach unserer Auffassung klar rechtswidrig – über Monate hinweg auch nicht auf einen im Februar 2023 gestellten VIG-Antrag. Laut Gesetz hätte der nach spätestens zwei Monaten beschieden sein müssen. Auf neuerliche Nachfrage lehnte das Amt dann jegliche Auskunft ab – zunächst mit der Begründung, angeblich nicht zuständig zu sein, später unter Verweis auf das laufende Rechtsstreitverfahren. Dieses jedoch führt das Bezirksamt Hamburg-Nord, nicht das Frankfurter Ordnungsamt. Erst unter Androhung weiterer Schritte übermittelte es am 1. September schließlich den Prüfbericht des Hessischen Landeslabors.

Einen Umweg musste auch der Vermerk aus Hannover nehmen. Nach einem VIG-Antrag bei der Regionsverwaltung bat die Behörde zunächst, wie im Gesetz vorgesehen, den betroffenen Unternehmer – Rossmann – um Stellungnahme. Die Drogeriekette stimmte einer Herausgabe des Vermerks nicht zu und zog vor Gericht, um sie zu verhindern. Das Verfahren Rossmann gegen die Region Hannover ist derzeit vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Az 2 ME 62/23) anhängig. 

Als Beistand hatte das Unternehmen den Rechtsanwalt Thomas Büttner mandatiert, der auch Vorstandsmitglied des NEM e.V. ist, eines Verbands der Nahrungsergänzungsmittelhersteller. Und Büttner sorgte – womöglich unfreiwillig – dafür, dass der Autor dieses Artikels den Vermerk bereits erhielt. Als VIG-Antragsteller ist der MedWatch-Autor bei dem Verfahren beigeladen. Er erhält vom Gericht die Prozessunterlagen zugesandt – auch den Vermerk, weil Büttner selbst ihn seiner Klageschrift als Anlage beigefügt hatte.

Was tun die für den Hersteller zuständigen Ämter?

Die Lebensmittelüberwachung der Stadt Bielefeld befasste sich nach ihren Angaben bereits mit der Möglichkeit einer „Untersagungsverfügung“, stellte dann jedoch fest: Die Fett-weg-Pillen von Sheko haben – zeitlich nach der MedWatch-Berichterstattung und den Bewertungen der Landeslabore Berlin-Brandenburg und Hessen – eine neue Formel bekommen. Eine Sprecherin der Stadt Bielefeld erklärt: „Eine Rezepturänderung kann eine andere rechtliche Bewertung nach sich ziehen, wenn in diesem Rahmen Inhaltsstoffe ausgetauscht werden, zu denen z. B. Werbeaussagen zulässig sind. Ob diese Änderung dann aber zu einer veränderten Bewertung führt, kann man erst nach Abschluss der erneuten Prüfung sagen.“ Wie lange diese dauern wird, blieb offen.

Der Bezirk Hamburg-Nord hatte bereits im März dieses Jahres auf Anfrage erklärt, dass die Kritik an der Kennzeichnung „nicht unbegründet“ sei. Nun, fast ein halbes Jahr später, wollte der Bezirk aufgrund des noch „laufenden Verfahrens“ keine näheren Angaben zum Stand der Dinge machen. MedWatch erfuhr jedoch, dass der Fall inzwischen bei Gericht liegt – und erhielt von einem Sprecher der Hamburger Verwaltungsgerichte die Bestätigung dafür. 

Demnach habe das Bezirksamt Hamburg-Nord der Firma Allmedica „unter Festsetzung eines Zwangsgeldes das Inverkehrbringen“ des Nahrungsergänzungsmittels „sowie werbende Aussagen für dieses Produkt untersagt“. Gegen diese Ordnungsverfügung setzte sich das Unternehmen zur Wehr – zunächst mit überschaubarem Erfolg: „Mit Beschluss vom 12. Juli 2023 hat das Verwaltungsgericht Hamburg dem Eilantrag nur im Hinblick auf die Zwangsgeldfestsetzung stattgegeben. Im Übrigen hat es den Eilantrag abgelehnt“, teilt der Gerichtssprecher mit. Das Verkaufsverbot hätte demnach Bestand. Allerdings ging der Hersteller in die nächste Instanz, legte Ende Juli Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Hamburg ein. Dessen Entscheidung steht noch aus.

Lebensmittelrechtler: Jede Behörde kann handeln

Der Jurist Alfred Hagen Meyer, der auch Honorarprofessor an der Technischen Universität München und Herausgeber juristischer Kommentare zum Lebensmittelrecht ist, widerspricht den Behörden, die sich für nicht zuständig erklärt hatten: Jede Behörde sei handlungsbefugt, wenn in ihrem Landkreis oder Stadtgebiet das Produkt verkauft oder beworben werde. Wenn die Region Hannover sich herausziehe, weil der Händler Rossmann in seinem Onlineshop nur „produktbegleitend“ werbe, sei dies „Quatsch“: „Wenn Rossmann selbst wirbt, macht sich Rossmann Werbung zu eigen und ist dafür verantwortlich.“ Und damit auch die Kontrollbehörde in Hannover.

Meyer erneuerte die Einschätzung, dass die gesundheitsbezogenen Aussagen nicht erlaubt seien. Daran ändere auch die Rezepturänderung nichts; ohnehin sind die wesentlichen Zutaten – flavonoidhaltiger Citrusfruchtextrakt und Guarana – geblieben.

Wie reagieren die Drogerieketten?

Rossmann und dm haben die „Sheko Fett Burner“-Pillen mit ihrer neuen Rezeptur weiter gelistet. MedWatch fragte beide Händler erneut nach einer Stellungnahme, konkret auch zu den Aussagen des Prüfberichts aus dem Berliner Landeslabor.

Ein Rossmann-Sprecher kündigte an, den Inhalt „mit der gebotenen Sorgfalt“ prüfen zu wollen: „Das Gutachten war uns bisher nicht bekannt.“

Alexander Strehlau, Bereichsverantwortlicher Sortiment bei dm, sagt hingegen: Man habe das Gutachten geprüft, teile dessen Einschätzung jedoch nicht. Es sei „in der lebensmittelrechtlichen Praxis auch nicht selten, dass entsprechende amtliche Einschätzungen von den Gerichten nicht bestätigt werden können.“ Man erachte „die Kennzeichnung des Produktes nach wie vor für sachlich zutreffend“, sagt Strehlau.

Ob die beiden Handelsunternehmen von den Gerichtsverfahren in Hamburg wussten, war bei Veröffentlichung dieses Artikels noch unklar. 

Eine MedWatch-Anfrage bei den Firmen hinter Sheko blieb, wie bereits im Herbst vergangenen Jahres, ohne Antwort.


Redaktion: Sigrid März, Angela Bechthold, Nicole Hagen