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Liken, kommentieren, einnehmen Disease-Awareness: Wenn Influencer für Arzneimittel werben

Eine sportliche Frau hält zwei Äpfel in die Kamera
Machen auch für Arzneimittel Werbung: Influencer. Foto: iStock

Wer heute verkaufen will, setzt auf Influencer-MarketingInfluencer-Marketing Das gezielte Marketing mit Influencer*innen wird als Influencer-Marketing bezeichnet. D.h. die Influencer*innen bewerben auf ihrer sozialen Plattform Produkte und bekommen von ihren Kooperationspartnern, den Herstellerinnen oder Vertreiberinnen der Produkte, eine Aufwendungsentschädigung (z.B. geldlich oder die Produkte verbleiben als Geschenk beim Bewerber. Es handelt sich hierbei um eine neue Art der Werbung, die individueller gestaltet, auf den Konsumenten zugeschnitten und von ihm sogar gewünscht ist. Durch eine direkte und dauerhafte Interaktion des Influencers mit seinen Follower*innen wird Vertrauen zur Leser*innen-, Hörer*innen- und Zuschauer*innenschaft aufgebaut und die Bereitschaft ein Produkt zu erwerben – im Vergleich zur klassischen Werbung – massiv erhöht. Problematisch wird dies, wenn nicht eindeutig darauf hingewiesen wird, dass es sich bei den beworbenen Produkten um Werbung handelt. Es wird zwischen Makro-Influencerinnen und Micro-Influencern unterschieden. Erstere besitzen eine enorm hohe Reichweite, d.h. sie werden von vielen gesehen, gehört, abonniert und geliked. Micro-Influencer agieren hingegen in einem Bereich von mehreren Tausend Abonnent*innen. Auch sie sind besonders wichtig für Unternehmen, da sie ganz spezifisch gewisse Sparten ansprechen.. Auch im Gesundheitswesen arbeiten immer mehr Firmen mit InstagramInstagram Instagram ist ein soziales Netzwerk, der Meta Platforms, Inc. angehörig. Sie ist als Online-Plattform sowie als App kostenlos nutzbar und wird massiv für Influencer-Marketing genutzt. Begonnen hat Instagram als reine Foto-App, mittlerweile können darüber Video- sowie Foto-Beiträge verbreitet werden. Diese Beiträge werden oft mit sog. hashtags (#) versehen, um sie bestimmten Themen zuzuordnen. So werden sie anderen Nutzer spezifisch ausgespielt und zugleich leichter gefunden.-Stars zusammen, ein wichtiges Stichwort hierbei lautet: Disease-Awareness. Um das HeilmittelwerbegesetzHeilmittelwerbegesetz Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) regelt den Wortlaut im Zusammenhang mit Heilversprechen. Es darf nach dem HWG nichts behauptet werden, was nicht stimmt. Wird damit geworben, dass ein Medikament oder eine Therapie wirkt, muss diese Wirksamkeit auch wissenschaftlich belegt sein. Dafür muss der Bewerber selbst wissenschaftliche Studienergebnisse vorlegen. Da kaum eine alternativmedizinische Behandlungsmethode wissenschaftlich belegt ist, dürfen Heilpraktiker keine Heilversprechen abgeben. zu umgehen, werden sie kreativ. Marius Penzel hat sich einmal umgesehen.

Das Beispiel Jana Heinisch

Ein Bild in Pastell-Tönen auf der Plattform Instagram: Die Influencerin Jana Heinisch bereitet das Essen vor, während sich ihr Freund an sie schmiegt. Neben dem Paar steht eine kleine Flasche des Magen-Darm-Arzneimittels Iberogast®. Heinisch wurde 2014 als Kandidatin der Castingshow „Germany‘s Next Topmodel“ bekannt. Heute begleiten über 220.000 Follower ihren Alltag auf Instagram.

Im Text unter dem Foto erklärt sie: Zum ersten Mal sei sie in Kontakt mit dem Produkt gekommen, als sie mit Bauchschmerzen bei ihrem Freund saß. Damals habe zufällig jemand aus ihrer Instagram-Community im selben Haus gewohnt und die Tropfen vorbeigebracht. Zum Dank initiiert sie nun ein „Mega-Gewinnspiel“, finanziert vom Hersteller BayerBayer Bayer ist ein Chemie- und Pharmakonzern mit Sitz in Leverkusen. Bei den meisten Produkten, die das Unternehmen produziert, handelt es sich um Medikamente; hauptsächlich für Menschen, aber auch für Tiere. Zudem vertreibt es Nahrungsergänzungsmittel, Fußpflege-Produkte und Sonnencremes. Für die Landwirtschaft entwickelt Bayer Saatgut und Pflanzenschutzmittel. Wegen des Unkrautvernichters Roundup steht der Konzern immer wieder vor Gericht..

Disease-Awareness: Das Bild trägt den Hinweis „Werbung“.
Dann sieht man es: Das Bild der Influencerin trägt den Hinweis „Werbung“.

InfluencerInfluencer Influencer*innen sind Personen mit einem Internetauftritt, die aus eigenem Antrieb Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) produzieren und dieses auf Instagram, Facebook, Twitter, TikTok oder YouTube öffentlich zugänglich machen. Die Bezeichnung wird seit den 2000er Jahren benutzt und leitet sich aus dem englischen to influence, also beeinflussen ab. Damit ist gemeint, dass Influencer*innen zu Produkten, Meinungen und Lebensstilen ihre Hörer- und Leserschaft beeinflussen können und dies teils auch gezielt machen. Vor allem findet der Begriff Verwendung, wenn es um Werbekooperationen geht. D.h. die Influencer*innen bewerben auf ihrer sozialen Plattform Produkte und bekommen von ihren Kooperationspartnern, den Herstellern oder Vertreibern der Produkte, eine Aufwendungsentschädigung (z.B. geldlich oder die Produkte verbleiben als Geschenk beim Bewerber). Es wird zwischen Makro-Influencern und Micro-Influencerinnen unterschieden. Erstere besitzen eine enorm hohe Reichweite, d.h. sie werden von vielen gesehen, gehört, abonniert und geliked. Micro-Influencer agieren hingegen in einem Bereich von mehreren Tausend Abonnenten. Auch sie sind besonders wichtig für Unternehmen, da sie ganz spezifisch gewisse Sparten ansprechen. Das gezielte Marketing mit Influencerinnen wird als Influencer-Marketing bezeichnet. Es handelt sich hierbei um eine neue Art der Werbung, die individueller gestaltet, auf den Konsumenten zugeschnitten und von ihm sogar gewünscht ist. Durch eine direkte und dauerhafte Interaktion mit den Follower*innen wird Vertrauen zur Leser*innen-, Hörer*innen- und Zuschauer*innenschaft aufgebaut und die Bereitschaft ein Produkt zu erwerben im Vergleich zur klassischen Werbung massiv erhöht. Problematisch wird dies, wenn nicht eindeutig darauf hingewiesen wird, dass es sich bei den beworbenen Produkten um Werbung handelt.:innen wie Jana Heinisch verdienen ihren Lebensunterhalt, indem sie Reichweite auf sozialen Medien an Werbetreibende verkaufen. Firmen zahlen dafür, dass Influencer:innen ihre Produkte in Posts einbauen und so ihren Fans präsentieren. Laut einer Umfrage der „Influencer Marketing Hub“ verdienten US-amerikanische Unternehmen 5,78 US-Dollar mit jedem Dollar, den sie in Influencer-Marketing stecken. „Statista“ schätzte das Marktvolumen für Influencer-Marketing in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Jahr 2020 auf knapp eine Milliarde Euro. Bis 2024 soll die Branche in Deutschland jährlich um 23 Prozent wachsen.

Mit den Influencern ändert sich nicht nur der Konsum von Waren, sondern auch der von Werbung fundamental: Plötzlich wird sie freiwillig, bewusst, ja, gern geschaut.“ Was Werbung ist und was nicht, wird nicht bloß (trotz Kennzeichnungspflicht) schwieriger zu durchschauen, es ist auch immer mehr Menschen schlichtweg egal, beschreiben es die Kulturkritiker Wolfgang M. Schmitt und Ole Nymoen in ihrem Buch „Influencer: Die Ideologie der Werbekörper“.

Wann ist ein Influencer „berühmt“?

Auch im Gesundheitswesen arbeiten immer mehr Firmen mit Influencern zusammen. Bayer, NovartisNovartis Die Novartis AG ist ein Biotechnologie- und Pharmakonzern. In Deutschland ist das Unternehmen durch die Novartis Pharma GmbH in Nürnberg vertreten., Sanofi, Merck – fast jeder große Arzneimittelhersteller stieß bereits solche Marketing-Kooperationen an. Zudem setzen KrankenkassenKrankenkassen Eine Krankenkasse ist der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Krankenkassen stellen den Versicherten Leistungen zur Verfügung, die nach Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte in Anspruch genommen werden können. Die meisten dieser Leistungen sind im SGB V festgeschrieben. Historisch bedingt existieren in Deutschland verschiedene Krankenkassen; seit 1992 kann jeder Versicherte frei wählen zu welcher Kasse er möchte. Die Kassen hingegen müssen Versicherte unabhängig ihres Gesundheitszustandes aufnehmen. Krankenkassen sind organisatorisch sowie finanziell unabhängig und unterstehen der Aufsicht von Bund oder Ländern. Seit 2009 fixiert der Gesetzgeber den allgemeinen Beitragssatz. Zusatzbeiträge sind allerdings kassenspezifisch. Im Gegensatz zu gesetzlichen Krankenversicherungen sind private Krankenversicherungsunternehmen Aktiengesellschaften oder Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG). wie die AOKAOK Allgemeine Ortskrankenkasse. Krankenkasse mit 11 Regionalkassen. mehr und mehr auf Blogger:innen. Selbst das Bundesministerium für GesundheitGesundheit Gesundheit als bloßen Gegenpart zur Krankheit zu definieren, reicht nicht aus. Sie bezeichnet eher einen Idealzustand des völligen Wohlbefindens, ohne körperliche, geistige oder soziale Einschränkungen. Das Wort »Gesundheit« ist ein Konstrukt, welches sich individuell und aus der Gesellschaft heraus definiert und einem ständigen Wandel unterliegt. Prinzipiell liegt bis heute keine allgemein gültige Definition für diesen Zustand vor. investierte 2020 immerhin 17.000 Euro in Influencer-Marketing.
Arzneimittelhersteller müssen auch bei der Werbung mit Influencern das Heilmittelwerbegesetz (HWG) beachten. Das GesetzGesetz Ein Gesetz benennt ein festes Ordnungsprinzip z.B. in der Natur. Rechtlich gesehen handelt es sich um eine verbindliche Vorschrift wie sich einzelne Mitglieder einer Gesellschaft (Rechtsgemeinschaft) zu verhalten haben. Die Legislative ist die Gesetzgebung, hier wird ein Recht wird gesetz. Die Judikative hingegen ist die Rechtsprechung durch Gerichte. Die Exekutive ist die Ausübung, also der Vollzug des Gesetzes durch Verwaltungsbehörden. soll generell verhindern, dass Verbraucher:innen unsachgemäß beeinflusst werden.

Nach §11 HWG dürfen etwa bei der Werbung für rezeptfreie ArzneimittelArzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die angewandt werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Es kann sich hierbei ebenfalls um Mittel handeln, die dafür sorgen, dass Krankheiten oder Beschwerden gar nicht erst auftreten. Die Definition beinhaltet ebenso Substanzen, die der Diagnose einer Krankheit nutzen oder seelische Zustände beeinflussen. Die Mittel können dabei im Körper oder auch am Körper wirken. Das gilt sowohl für die Anwendung beim Menschen als auch beim Tier. Die gesetzliche Definition von Arzneimitteln ist im § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) enthalten. keine Experten oder Krankengeschichten vorgeschoben werden, die den Verbrauch anregen könnten. Auch Prominente dürfen Arzneimittel nicht unmittelbar empfehlen. 2015 hatte aus diesem Grund das Oberlandesgericht KarlsruheKarlsruhe Karlsruhe, Stadt in Baden-Württemberg, ist unter anderem der Sitz des Bundesgerichtshofes sowie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). eine Werbung der Schauspielerin Ursula Karven für Schüßler-Salze für unzulässig erklärt.

Unter dieses Verbot können auch Influencer mit einer großen Reichweite fallen”, erklärt das BundesgesundheitsministeriumBundesgesundheitsministerium Das Bundesgesundheitsministerium, oder auch Bundesministerium für Gesundheit, erarbeitet Gesetzesentwürfe, Rechtsverordnungen sowie Verwaltungsvorschriften. Zu seinen Aufgaben gehört es die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung zu erhalten, zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ist zuständig für die Reform des Gesundheitssystems. Wichtige Punkte sind zudem die Bereiche Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Biomedizin. Auch kümmert es sich und die Rahmenvorschriften für Herstellung, klinische Prüfung, Zulassung, Vertriebswege und Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie um die Sicherheit biologischer Arzneimittel wie Blutprodukte. Berufsgesetze für die Zulassung zu den bundesrechtlich geregelten Heil- und Gesundheitsberufen gehören ebenso zu seinem Aufgabenspektrum. (BMGBMG BMG ist die Abkürzung für das Bundesministerium für Gesundheit. Es erarbeitet Gesetzesentwürfe, Rechtsverordnungen sowie Verwaltungsvorschriften. Zu seinen Aufgaben gehört es die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung zu erhalten, zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ist zuständig für die Reform des Gesundheitssystems. Wichtige Punkte sind zudem die Bereiche Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Biomedizin. Auch kümmert es sich und die Rahmenvorschriften für Herstellung, klinische Prüfung, Zulassung, Vertriebswege und Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie um die Sicherheit biologischer Arzneimittel wie Blutprodukte. Berufsgesetze für die Zulassung zu den bundesrechtlich geregelten Heil- und Gesundheitsberufen gehören ebenso zu seinem Aufgabenspektrum.) auf Anfrage. Aber was bedeutet „große Reichweite“ – etwa bei Jana Heinisch mit ihren 220.000-Instagram-Nutzern?

Heinisch gehört per Definition zu den „Makro-Influencern”, bei weniger als 10.000 Followern spricht man von Mikro- oder Nano-Influencern. Oft bedienen diese spezielle Interessen ihrer Community und sind dafür umso wertvoller, wenn Firmen ausgewählte Zielgruppen adressieren können: Von Reisebloggern wie Bolle und Marco, Kräuter-Influencern wie Kräuterkeller oder selbst „Petfluencer“ wie die Dogge Ella (bzw. deren Besitzer:innen) – es gibt kaum ein Thema, auf das sich nicht bereits ein Instagram-Nutzer spezialisiert hat.

Was als prominent gilt, wird in der juristischen Fachwelt rege diskutiert”, sagt Matthias Rudolph im Gespräch mit Medwatch. Rudolph ist Fachanwalt für Medienrecht. „Früher oder später wird es sicherlich zu einem Urteil kommen.

Disease-Awareness mit Promis, Ärzten und PatientenPatienten Patienten und Patientinnen sind Person, welche in ärztlicher Behandlung oder Betreuung stehen. Der Begriff bezieht sich nicht zwangsläufig auf kranke Menschen. Denn neben diesen, zählen z.B. auch Blutspender, Neugeborene, Schwangere, zu impfende Personen und diejenigen, welche sich einer Vorsorge-Untersuchung unterziehen zu dieser Gruppe. Ein Patient geht mit seinem Behandler eine Rechtsbeziehung ein, nachdem dem Patienten eine ordnungsgemäße Behandlung nach aktuellem wissenschaftlichem Standard zusteht. Patient*innen in Deutschland haben zudem sog. Patientenrechte, mit entsprechenden Gesetzen und Regelwerken. Im deutschen Gesundheitssystem wird zwischen Kassen- und Privatpatienten unterschieden. Für erstere kommt die Gesetzliche Krankenkasse für die Behandlungskosten auf; letztere werden von Privaten Krankenkassen finanziert.

Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel vor einem Laienpublikum ist nach dem Heilmittelwerbegesetz verboten. Das HWG gilt aber nur, wenn sich die Werbung auf ein konkretes Produkt bezieht. Pharma-Unternehmen konzentrieren sich in Kampagnen daher auf „Disease-Awareness“. Darin lassen Arzneimittelhersteller kooperierende Influencer unter anderem kommunizieren, wie man Zugang zu Therapien bekommt. Im Rahmen einer Kampagne zu Depressionen arbeitete RTL-Moderatorin Eva Imhof mit dem Hersteller Janssen-Cilag zusammen.

Bei Janssen-Cilags Kampagne mit dabei: RTL-Moderatorin Eva Imhof
Bei Janssen-Cilags Kampagne mit dabei: RTL-Moderatorin Eva Imhof

Die auf Instagram bekannte Kinderärztin Snježana-Maria Schütt kooperierte mit Wachstumshormon-Hersteller Novo Nordisc, um zu erklären, was man unter gesundem Wachstum im Kindesalter versteht.

Kinderärztin Snježana-Maria Schütt kooperierte mit Wachstumshormon-Hersteller Novo Nordisc.
Kinderärztin Snježana-Maria Schütt kooperierte mit Wachstumshormon-Hersteller Novo Nordisc.

Die Bloggerinnen kennzeichneten die bezahlte Kooperation mit dem Hinweis „Anzeige“. In der Beschreibung zum Post ergänzten sie den Text der Hersteller zur Erkrankung und verwiesen auf Webseiten, die die Pharma-Firmen für ihre Kampagne erstellt hatten. Auch wenn die Firmen rezeptpflichtige Arzneimittel für genau diese Erkrankungen herstellen – ihre konkreten Produkte nannten sie nicht. Weil sie kein Arzneimittel explizit empfehlen, ist die Werbung zulässig.
In einem anderen Fall warb eine an Schuppenflechte erkrankte Influencerin für ein Patientenmagazin des Pharmaunternehmens Abbvie, das Arzneimittel für diese Erkrankung herstellt.

Disease-Awareness: An Schuppenflechte erkrankte Influencerin wirbt für ein Patientenmagazin des Pharmaunternehmens Abbvie.
An Schuppenflechte erkrankte Influencerin wirbt für ein Patientenmagazin des Pharmaunternehmens Abbvie.

Möglicherweise könnten Gerichte in Zukunft darüber diskutieren, ob eine vergleichbare bezahlte Werbekooperation den Arzneimittelverbrauch angeregt hat. Medienanwalt Matthias Rudolph stellt fest, dass in der Rechtsprechung Influencer-Marketing im Heilmittelwesen bisher keine große Relevanz erlangt hat. „Bis heute findet man in juristischen Datenbanken kein Urteil, dass sich um Influencer und das Heilmittelwerbegesetz dreht.” Die Entwicklung muss hier abgewartet werden.

Agentur vermittelt erkrankte Influencer

Samira Mousa erfuhr 2013 von ihrer Diagnose: schubförmige multiple Sklerose. Sie begann, Beiträge zu ihrer Erkrankung auf Instagram zu veröffentlichen. Wenig später folgte die erste Anfrage eines Pharmaunternehmens. Bis heute ging sie über 25 Werbe-Kooperationen ein.
2019 gründete sie eine eigene Agentur. Dort vermittelt sie chronisch erkrankte Mikro- und Nano-Influencer an Unternehmen und hilft ihnen, Preise für die Kooperationen zu verhandeln. Von anfangs 50 Euro pro 1.000 erreichtem Instagram-Nutzer sei heute dank ihrer Agentur ein viermal so hohes Honorar üblich, erklärt Mousa.

Ihr Schwerpunkt: Disease-Awareness-Kampagnen. Diese gestalteten sich oft subtil und können aufwendig sein, schreibt Mousa im Fachmagazin „Werben und Verkaufen”. Wege zum Ziel seien Videocontent, persönliche Krankheitsberichte, Events und Workshops. „Ich liebe es, an solchen Kampagnen mitzuwirken“, erklärt sie gegenüber MedWatch, „wenn ich die Beiträge gestalte, kann ich meine eigene Botschaft als Betroffene verpacken.“ Dies würde nicht nur die Wünsche der PatientPatient Ein Patient / eine Patientin ist eine Person, welche in ärztlicher Behandlung oder Betreuung steht. Der Begriff bezieht sich nicht zwangsläufig auf kranke Menschen. Denn neben diesen zählen z.B. auch Blutspender, Neugeborene, Schwangere, zu impfende Personen und diejenigen, welche sich einer Vorsorge-Untersuchung unterziehen zu dieser Gruppe. Ein Patient geht mit seinem Behandler eine Rechtsbeziehung ein, nachdem dem Patienten eine ordnungsgemäße Behandlung nach aktuellem wissenschaftlichem Standard zusteht. Patient*innen in Deutschland haben zudem sog. Patientenrechte, mit entsprechenden Gesetzen und Regelwerken. Im deutschen Gesundheitssystem wird zwischen Kassen- und Privatpatienten unterschieden. Für erstere kommt die Gesetzliche Krankenkasse für die Behandlungskosten auf; letztere werden von Privaten Krankenkassen finanziert.:innen einbeziehen, sondern auch den erkrankten Influencern ermöglichen, weniger arbeiten zu müssen.

Sie sei dankbar, dass das Heilmittelwerbegesetz einen strengen Rahmen vorgibt. Denn das Gesetz gebe ihr vor, was moralisch vereinbar sein. Außerdem würden die Rechtsabteilungen der Firmen penibel darauf achten, dass es zu keinem Verstoß kommt.

Aber wer kontrolliert hier, ob alles rechtens ist?

Disease-Awareness-Kampagnen verbieten

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft kritisiert, dass PharmaunternehmenPharmaunternehmen In einem Pharmaunternehmen werden Arzneimittel erforscht, entwickelt, produziert und / oder vermarktet. Es kann sich hierbei um eigens neu entwickelte Medikamente oder um Generika (Nachahmungen) handeln. Für die Herstellung von Arzneimitteln oder Arzneistoffen brauchen pharmazeutische Unternehmen eine behördliche Erlaubnis und unterliegen speziellen arzneimittelrechtlichen Verpflichtungen, um Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit ihrer Produkte zu gewährleisten. Zu dem Produktsortiment der Pharmaunternehmen gehören verschiedenste verschreibungspflichtige und rezeptfreie Arzneimittel für die Human- und Veterinärmedizin, wie z.B. Medikamente, Blutprodukte und Impfstoffe. Influencer für ihre Reklame einbinden: Werbung für Produkte pharmazeutischer Unternehmer auf sozialen Netzwerken lehne die Fachgesellschaft ab, schreibt eine Sprecherin MedWatch. Denn Risiken und Nutzen würden hier nicht korrekt dargestellt werden. „Wir empfehlen, dass die Werbung für Arzneimittel strenger reguliert wird, zum Beispiel durch ein Verbot von Disease-Awareness-Kampagnen“.

In naher Zukunft scheint es allerdings eher mehr als weniger gesponserte Kampagnen zu geben. Auf zahlreichen Blogs etwa aus dem Ärzte-Bereich schreiben Marketing-Experten, warum Pharma-Unternehmen mit Influencern zusammenarbeiten sollten. Trotz Heilmittelwerbegesetz sei die PR-Maßnahme effektiv, um den Umsatz von OTC-Arzneimitteln zu steigern und dem Firmennamen einen positiven Anstrich zu verleihen.

Zusätzlich würden Disease-Awareness-Kampagnen dafür sorgen, dass mehr Arzneimittel verkauft werden. 2018 untersuchten Wissenschaftler der Universität Tokio, wie eine Awareness-Kampagne zur Reizblase die Menge verschriebener Arzneimittel beeinflusste. Drei Monate nach der Kampagne verschrieben Ärzt:innen siebenmal mehr Arzneimittel als im vorherigen Zeitraum. Welche Auswirkungen dies auf die Patienten habe, müsse noch erforscht werden, schreiben die Autoren.


Wo „Werbung“ drauf steht, ist Werbung drin

Man sollte immer bedenken: Wenn ein Blogger medizinische Inhalte als Werbung kennzeichnet, verbirgt sich dahinter das Interesse eines Unternehmens. Die Firmen selbst investieren Geld in Influencer-Marketing, um den Absatz ihrer Produkte zu erhöhen oder ihren Firmennamen in der Gesellschaft zu verankern. Kleinere Influencer:innen bestreiten einen Teil ihres Einkommens durch diese Partnerschaften, größere Influencer leben ausschließlich davon. Sie sind davon abhängig, langfristig mit den Unternehmen zusammenarbeiten zu können. Die Post-Inhalte sind von den wirtschaftlichen Interessen gefärbt.

Seriöse Inhalte lassen sich daran erkennen, dass die Blogger in ihren Informationen Leitlinien, Fachgesellschaften oder hochrangig publizierte Studien zitieren und die Quellen benennen.
Auch Blogger mit medizinisch-naturwissenschaftlicher Ausbildung wissen oft, wie sie Informationen und Daten aus Studien einordnen können. Ihnen können Nutzer ein größeres Vertrauen schenken.


Redaktion: Nicole Hagen