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Antrag an Gesundheitsminister Heilpraktikerwesen reformieren oder abschaffen

Eingang des Heilpraktikerkongress in Karlsruhe 2016
Heilpraktikerkongress Karlsruhe 2016

HeilpraktikerHeilpraktiker Heilpraktiker*in ist ein Medizinberuf, der auf dem deutschen Heilpraktikergesetz (HPG) beruht. Es handelt sich um einen sogenannten freien Beruf, dem keine einheitliche Ausbildung zugrunde liegt. Weder eine medizinische Ausbildung noch eine berufsqualifizierende Fachprüfung sind dafür erforderlich. Folgende Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsfelder sind jedoch ausgeschlossen: Geburtshilfe, Geschlechtskrankheiten, meldepflichtige übertragbare Krankheiten, die Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die Verordnung von Betäubungsmitteln. In Österreich ist der Beruf verboten. stehen regelmäßig in der Kritik: Als der Fall des Heilpraktikers Klaus R. aus Nordrhein-Westfalen bekannt wurde, bei dem drei PatientenPatienten Patienten und Patientinnen sind Person, welche in ärztlicher Behandlung oder Betreuung stehen. Der Begriff bezieht sich nicht zwangsläufig auf kranke Menschen. Denn neben diesen, zählen z.B. auch Blutspender, Neugeborene, Schwangere, zu impfende Personen und diejenigen, welche sich einer Vorsorge-Untersuchung unterziehen zu dieser Gruppe. Ein Patient geht mit seinem Behandler eine Rechtsbeziehung ein, nachdem dem Patienten eine ordnungsgemäße Behandlung nach aktuellem wissenschaftlichem Standard zusteht. Patient*innen in Deutschland haben zudem sog. Patientenrechte, mit entsprechenden Gesetzen und Regelwerken. Im deutschen Gesundheitssystem wird zwischen Kassen- und Privatpatienten unterschieden. Für erstere kommt die Gesetzliche Krankenkasse für die Behandlungskosten auf; letztere werden von Privaten Krankenkassen finanziert. im Sommer 2016 laut nun erhobener Anklage aufgrund von Überdosen eines ungeprüften Mittels verstarben, entbrannte eine neuerliche Debatte über politische Konsequenzen.

Der Bund hat damals zwar mit einer kleinen Gesetzesänderung eine Vereinheitlichung der Heilpraktikerprüfungen angestoßen, doch reicht dies Patientenschützern und einigen Gesundheitspolitikern noch nicht: In einem Antrag an die im Juni tagende Gesundheitsministerkonferenz, der MedWatchMedWatch MedWatch ist eine gemeinnützige UG und klärt seit 2017 auf medwatch.de über gefährliche und unseriöse Heilversprechen auf. Seit 2021 wird das Online-Magazin von Nicola Kuhrt geleitet. Vor allem Gesundheitsangebote im Internet – Methoden, Arzneimittel und Produkte – sowie gesundheitspolitische Versprechen werden genau beobachtet. Denn nicht jede Gesundheitswerbung und nicht jede Koalition hält, was sie verspricht. Vor allem falsche Berichterstattungen und irreführende Marketing-Strategien können lebensbedrohliche Folgen haben. Aus diesem Grund möchte MedWatch seine Leser ausführlich, inhaltlich präzise sowie evidenzbasiert aufklären und auch auf Missstände im Gesundheitssystem hinweisen. Dafür recherchiert und arbeitet ein heterogenes Team aus Wissenschaft und Medizin sowie ein unabhängiger Beitrat. vorliegt, empfiehlt nun die Behörde für GesundheitGesundheit Gesundheit als bloßen Gegenpart zur Krankheit zu definieren, reicht nicht aus. Sie bezeichnet eher einen Idealzustand des völligen Wohlbefindens, ohne körperliche, geistige oder soziale Einschränkungen. Das Wort »Gesundheit« ist ein Konstrukt, welches sich individuell und aus der Gesellschaft heraus definiert und einem ständigen Wandel unterliegt. Prinzipiell liegt bis heute keine allgemein gültige Definition für diesen Zustand vor. und VerbraucherschutzVerbraucherschutz Verbraucherschutz ist deutschland- und europaweit ein breit gefächertes Gebiet. So gibt es ein Amt für Verbraucherschutz, ein Bundesinstitut für Risikobewertung, die EFSA – die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit – und eine Health-Claims-Verordnung. In Deutschland existieren 16 Verbraucherzentralen und weitere verbraucherpolitische Organisationen, die in einem gemeinsamen Bundesverband gebündelt sind. Verbraucherschutz beinhält Rechtsvorschriften und Verbraucherrechte die z.B. Bereiche wie Lebensmittelsicherheit, Kaufverträge und Verträge mit Banken und Geldinstituten berücksichtigen. den Landesministerien eine „zwingende Reformbedürftigkeit des Heilpraktikerwesens“ festzustellen. Infolgedessen soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet werden, um bis zum kommenden Jahr eine grundlegende Neuregelung des Berufsstands zu prüfen.

Zuvor hatte der Deutsche Ärztetag im letzten Jahr gefordert, Heilpraktikern alle invasive Therapien wie auch Krebsbehandlungen zu verbieten. Im „Münsteraner Memorandum“ hatte eine Expertengruppe auch die komplette Abschaffung des Berufsstandes ins Spiel gebracht.

Während Bundestagspolitiker zwar mehrfach Änderungen angekündigt hatten, passierte bislang praktisch nichts. Die vom früheren Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDUCDU CDU – Christlich Demokratische Union Deutschlands ist eine christdemokratische, konservative und wirtschaftsliberale Partei die im politischen Spektrum mittig-rechts verortet ist.) durchgesetzten Gesetzesänderungen zielen „nur auf eine Änderung der Voraussetzungen und Verfahren zur Erlaubniserteilung ab, nicht aber auf eine Regulierung der Tätigkeit der Heilpraktiker“, heißt es in dem von der Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz eingebrachten Antrag. Daher stehe das „nur unzureichend regulierte Heilpraktikerwesen“ mit seiner umfassenden Heilkundebefugnis unverändert in der Kritik. Das 1939 zur Abschaffung der früheren Kurierfreiheit erlassene HeilpraktikergesetzHeilpraktikergesetz Das Heilpraktikergesetz (HPG) existiert sei 1939. Dies mit der ursprünglichen Intension, den Berufsstand des Heilpraktikers und der Heilpraktikerin aussterben zu lassen. Es finden sich im Heilpraktikergesetz keine Regelungen zur Ausbildung oder zu einer staatlichen Prüfung. Es wird aktuell lediglich überprüft, ob keine Gefahr vom Behandler ausgeht. Im HPG wird der Begriff Krankheit als jede Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers definiert, die geheilt oder gelindert werden kann. Dies beinhaltet somit auch unerhebliche oder vorübergehende Störungen und ist weit auslegbar. Damit entspricht der Krankheitsbegriff nicht der Definition von Krankheit des Sozialversicherungsrechts. Eine Krankheit im Rechtssinne ist definiert durch eine erhebliche Abweichung vom idealen Zustand. und die zugehörige Durchführungsverordnung könnten den Anforderungen an den Gesundheitsschutz der Bevölkerung „nicht mehr gerecht werden“, heißt es.

„Systematische Unstimmigkeit“

Für Heilpraktiker besteht weder eine verbindliche Ausbildung noch eine einheitliche Berufsordnung, kritisiert der Antrag. Die Zulassung als Heilpraktiker bedeute die „Herstellung der allgemeinen Handlungsfreiheit“ zur Ausübung der Heilkunde. Einschränkungen bestünden nur bei beschränkten Erlaubnissen beispielsweise für Heilpraktiker, die lediglich Psychotherapie ausüben – oder im Bereiche der Geburtshilfe. So habe schon im Jahr 2009 das Bundesverwaltungsgericht eine „systematische Unstimmigkeit“ festgestellt (Az. 3 C 19/08): Manche Berufe wie die von Ärzten oder Apothekern hätten erhebliche Qualifikationsanforderungen, während Heilpraktikern auch gänzlich ohne Ausbildung die eigenverantwortliche Patientenbehandlung eingeräumt wird – allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt.

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll nun prüfen, ob und gegebenenfalls wie „eine Aufhebung des Heilpraktikergesetzes erfolgen soll“, heißt es in dem Antrag. Doch die Hamburger Behörde bringt neben der Auflösung des Berufsstands auch eine „Ausweitung der Vorbehaltstätigkeiten“ zugunsten akademischer Heilberufe und Gesundheitsfachberufe ins Spiel: Derzeit dürfen Heilpraktiker beispielsweise keine Infektionskrankheiten behandeln und keine Geburtshilfe leisten. Außerdem käme eine Beschränkung der Heilpraktiker-Erlaubnis auf bestimmte Krankheitsbilder in Frage. Bei „Fortbestehen des Heilpraktikerberufes“ soll außerdem geprüft werden, wie eine bessere Kontrolle der Heilkundeausübung gewährleistet werden kann.

Korrektur: Die GesundheitsministerkonferenzGesundheitsministerkonferenz Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) ist eine Fachministerkonferenz, welche einmal im Jahr stattfindet. Beteiligt sind die aktuell amtierenden Gesundheitsminister und -senatoren der Bundesländer. Der Bundesgesundheitsminister ist ständiger Gast der GMK. Die Gesundheitsministerkonferenz dient der Zusammenarbeit und der Koordination der Länderinteressen in gesundheitspolitischen Fragestellungen. Der Vorsitz der GMK wechselt jährlich unter den Bundesländern. findet im Juni statt, die Amtschefkonferenz im Mai.