Gemeinsam mit dem ARD-Politmagazin Kontraste recherchierten wir im Fall MMSMMS MMS ist die Kurzform für Miracle Mineral Supplement. Damit wird eine Chlordioxid-Lösung, auch CDL genannt, bezeichnet. Der Begriff geht auf Jim Humble zurück, welcher ein ehemaliges und langjähriges Scientology-Mitglied war und 2010 eine weitere Sekte gründete (Genesis II, Church of Health & Healing). Chlordioxid, ClO2, ist bei Raumtemperatur ein bernsteinfarbenes Gas, welches bei einer Konzentration von über 10% in der Luft explosiv ist. Deshalb wird es zumeist in wässriger, nicht explosiver, Lösung angeboten (MMS / CDL). Chlordioxid besitzt eine oxidative Wirkung, so dient es z.B. als Bleichmittel von Zellstoff (z.B. Papier) oder auch der Desinfektion von Trinkwasser. Auf vielen Foren wird es als Allheilmittel – auch gegen Corona – beschrieben, oft mit verehrenden gesundheitlichen Folgen. Die Anrufe beim Giftnotruf häufen sich und auch die Gabe von CDL / MMS an kleine Kinder wird propagiert. Für die angepriesene Heilung der verschiedensten Krankheiten gibt es aktuell keine wissenschaftliche Grundlage.. Ein Investigativteam war auch bei Lutz R., einem Arzt mit eigener Praxis in Thüringen. Er hatte vor gut vier Jahren auf einem Vortrag erklärt, große Erfolge mit dem vermeintlichen Wundermittel „Miracle Mineral SupplementMiracle Mineral Supplement Miracle Mineral Supplement – MMS bezeichnet eine Chlordioxid-Lösung, auch CDL genannt. Der Begriff geht auf Jim Humble zurück, welcher ein ehemaliges und langjähriges Scientology-Mitglied war und 2010 eine weitere Sekte gründete (Genesis II, Church of Health & Healing). Chlordioxid, ClO2, ist bei Raumtemperatur ein bernsteinfarbenes Gas, welches bei einer Konzentration von über 10% in der Luft explosiv ist. Deshalb wird es zumeist in wässriger, nicht explosiver, Lösung angeboten (MMS / CDL). Chlordioxid besitzt eine oxidative Wirkung, so dient es z.B. als Bleichmittel von Zellstoff (z.B. Papier) oder auch der Desinfektion von Trinkwasser. Auf vielen Foren wird das Miracle Mineral Supplement als Allheilmittel – auch gegen Corona – beschrieben, oft mit verehrenden gesundheitlichen Folgen. Die Anrufe beim Giftnotruf häufen sich und auch die Gabe von CDL / MMS an kleine Kinder wird propagiert. Für die angepriesene Heilung der verschiedensten Krankheiten gibt es aktuell keine wissenschaftliche Grundlage.“ (MMS) erzielt zu haben. Dabei handelt es sich jedoch um einen gesundheitsgefährlichen Stoff, der Verätzungen hervorrufen kann und vor dem die Behörden warnen.
Lutz R. empfahl das Mittel gegen KrebsKrebs Statt eine spezifische Krankheit zu benennen, handelt es sich bei Krebs um einen Sammelbegriff für verschiedene Krankheiten. Ihnen allen gemeinsam ist jedoch das unkontrollierte Wachstum von Körperzellen, aufgrund eines Ungleichgewichts zwischen Zellwachstum und Zelltod. Die Folge daraus ist – außer bei Blutkrebsarten – eine Geschwulst ohne organspezifische Funktion. Dringt diese in das umliegende gesunde Gewebe ein, spricht man von bösartigen Tumoren; ausschließlich bösartigen Tumore werden als Krebs bezeichnet. Krebs kann zudem metastasieren, d.h. er breitet sich im Körper aus, indem die Krebszellen über Blut- und Lymphbahnen wandern und infolgedessen in anderen Organen Tochtergeschwülste bilden., bei Lungenentzündungen oder AutismusAutismus Autismus ist ein Sammelbegriff, der verschiedene Entwicklungsstörungen benennt: die sog. Autismus-Spektrum-Störungen. Dabei handelt es sich um tiefgreifende neurologische Entwicklungsstörungen, die das soziale Leben erschweren, zu Problemen mit sozialen Kontakten führen, und auch Einfluss auf die Kommunikation und Sprache haben. Sie wirken sich ebenso auf das Verhaltensrepertoire aus uns führen zu stereotypen Handlungen. Autismus äußert sich in Art, Ausprägung und Schwere sehr individuell. Manche entwickeln nur leichte Symptome, andere sind schwer beeinträchtigt. Es gibt z.B. den frühkindlichen Autismus, das Asperger-Syndrom und den atypischen Autismus. Es kann zu Intelligenzminderung oder zu Inselbegabungen (Savant-Syndrom) kommen.. Eine Testpatientin suchte ihn im Rahmen der Recherche mit einem achtjährigen Kind auf, das vermeintlich Autismus hatte. Die Mutter habe von MMS gehört – könne R. sie beraten? Impfungen seien der Haken, „an dem die Kinder heutzutage aufgehängt werden“, sagte der Arzt damals – diese enthielten Affenniere, Karnickelhirn und Konservierungsmittel sowie Aluminiumoxide. Nach Behandlung mit MMS hingegen hätte eine 90-Jährige keine Erkältungen mehr gehabt, ein Kind mit Autismus habe nachdreimonatiger Behandlung eine Stunde lang spielen können. „Er ist dadurch kindergartenfähig geworden“, sagte R. „Ich bin gespannt, was wir noch alles schaffen werden“, sagte der Arzt damals.
„Lassen Sie es langsam reinlaufen“
„Sie werden MMS-Patienten, sie werden nämlich Einläufe machen“, sagte R.: Auf diesem Anwendungswege empfehlen auch andere Menschen die gefährliche MMS-Behandlung bei Kindern mit Autismus, die die Darmschleimhaut ablösen kann. Er verkaufte das Mittel sogar direkt in der Praxis. „Lassen Sie es langsam reinlaufen, dann ist das drin, und dann kommt das wieder raus, und der Wirkstoff ist drin“, sagte R.
Die Staatsanwaltschaft Erfurt nahm in Folge unserer Recherche zwar im April 2018 Ermittlungen auf – stellte diese aber vor kurzem wieder ein. Es seien keine konkreten und verfolgbaren Straftaten nachweisbar, ein Verdacht ließe sich „nicht begründen“. Für die von R. selbst geschilderten Fälle sei ein möglicher Tatzeitpunkt unbekannt, außerdem seien sie vielleicht bereits verjährt. Für den Testkauf machten wir von unserem journalistischen Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch, um die Identität der Testpatienten zu schützen.
„Bei Ärzten gehört die ApprobationApprobation Die Approbation (lateinisch approbatio ‚Anerkennung‘, ‚Genehmigung‘) entspricht der Genehmigung zur eigenverantwortlichen Berufsausübung entsprechend der jeweiligen Approbationsordnung. Wichtige Voraussetzungen für eine Approbation ist ein erfolgreich abgeschlossenes Studium, auch ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis gehört dazu, ebenso gesundheitliche Eignung und ausreichende Sprachkenntnisse. Weitere Voraussetzungen für die Berufserlaubnis variieren und unterscheiden sich je nach Heilberuf. Approbationen werden für die Bereiche Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Apotheker oder Tierarzt erteilt. Die dazugehörigen Approbationsordnungen erlässt das Bundesministerium für Gesundheit. entzogen“
Der Arzt bestritt später auf Nachfrage, MMS empfohlen zu haben. „Ich behandle niemanden mit ChlordioxidChlordioxid Chlordioxid, ClO2, ist bei Raumtemperatur ein bernsteinfarbenes Gas, welches bei einer Konzentration von über 10% in der Luft explosiv ist. Deshalb wird es zumeist in wässriger, nicht explosiver, Lösung angeboten (CDL). Chlordioxid besitzt eine oxidative Wirkung, so dient es z.B. als Bleichmittel von Zellstoff (z.B. Papier) oder auch der Desinfektion von Trinkwasser. Auf vielen Foren wird es als Allheilmittel – auch gegen Corona – beschrieben, oft mit verehrenden gesundheitlichen Folgen. Die Anrufe beim Giftnotruf häufen sich und auch die Gabe von CDL (oder MMS) an kleine Kinder wird propagiert. Für die angepriesene Heilung der verschiedensten Krankheiten gibt es aktuell keine wissenschaftliche Grundlage.-Lösung“, schrieb er MedWatch. „Ausführungen über die Chlordioxid-Anwendung bei einem autistischen Kind waren private Erfahrungen.“ Seine Ehefrau erklärte gegenüber „Kontraste“: „Solange wir hier als Kassenarzt tätig sind, würde es uns nie einfallen, irgendwelche Substanzen anzuwenden, die jetzt nicht offiziell erlaubt sind.“
„Der Verkauf von solchen Substanzen ist meiner Ansicht nach ein klarer Rechtsverstoß“, erklärte Bernd Mühlbauer, Institut für Pharmakologie Bremen. „Denn Ärzte dürfen keine Substanzen, ArzneimittelArzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die angewandt werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Es kann sich hierbei ebenfalls um Mittel handeln, die dafür sorgen, dass Krankheiten oder Beschwerden gar nicht erst auftreten. Die Definition beinhaltet ebenso Substanzen, die der Diagnose einer Krankheit nutzen oder seelische Zustände beeinflussen. Die Mittel können dabei im Körper oder auch am Körper wirken. Das gilt sowohl für die Anwendung beim Menschen als auch beim Tier. Die gesetzliche Definition von Arzneimitteln ist im § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) enthalten. oder solche Dinge verkaufen.“ Die Behörden müssten in Sachen MMS eingreifen, um Schaden abzuwenden, erklärte der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann gegenüber MedWatch. „Leute, die das vertreiben, begehen Körperverletzung und sie müssten bestraft werden.“ Bei Ärzten, die MMS verkaufen, müsse die Kammer eingreifen und gegebenenfalls die Approbation entziehen. „Wenn solche Verhaltensweisen bekannt werden, gehört für mich bei Ärzten die Approbation entzogen“, erklärte auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar, gegenüber MedWatch.
Polizei macht Undercover-Besuch
Dabei unternahmen die Ermittlungsbehörden durchaus einige Schritte, um herauszufinden, ob R. MMS verkauft. Die Polizei sprach laut Staatsanwaltschaft unter einer gleichlautenden Legende wie unsere Testperson beim Arzt vor – allerdings erst gut drei Monate nach Veröffentlichung der Recherche. „Zu der Empfehlung einer MMS-Behandlung kam es nicht“, heißt es im Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft, der MedWatch vorliegt. Auch aus dem in der Praxis ausliegendem Informationsmaterial habe es keine Anhaltspunkte auf eine MMS-Behandlung gegeben. Eine Durchsuchung der Praxis käme nicht in Betracht, schreibt der Staatsanwalt – hierfür müsste einerseits mindestens ein Anfangsverdacht vorliegen, außerdem unterlägen Patientenunterlagen eines Arztes der Beschlagnahmefreiheit.
Obwohl im „Kontraste“-Beitrag dokumentiert ist, wie R. zur Autismus-Behandlung MMS verkauft, schreibt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, dass für ein Inverkehrbringen solcher Stoffe durch den Arzt selbst „keine ausreichenden Anhaltspunkte“ vorliegen: Zu den Inhaltsstoffen lägen nämlich keine laboranalytischen Untersuchungen vor. Zudem stünde nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für die „Tatprovokation“ ein Beweisverwertungsverbot im Raum. „Weitere Angaben zu diesem Sachverhalt kann ich nicht mehr machen“, erklärt der Sprecher.
Ärztekammer prüft seit mehr als einem Jahr
MedWatch fragte in Folge der Recherche auch bei der LandesärztekammerLandesärztekammer Die 17 deutschen Landesärztekammern dienen der Selbstverwaltung der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. Für jeden Arzt und jede Ärztin besteht eine Pflichtmitgliedschaft in ihrer oder seiner jeweiligen Ärztekammer. Welche Kammer zuständig ist, hängt davon ab, in welchem Bundesland er oder sie seine ärztliche Tätigkeit ausübt. Die Aufgaben der einzelnen Landesärztekammern sind durch die jeweiligen Kammergesetze des Landes geregelt. Dazu gehören Aufgabenbereiche aus der Berufs- und Gesundheitspolitik, ärztliche Weiter- und Fortbildung und Qualitätssicherung. Die einzelnen Landesärztekammern haben die Bundesärztekammer als Spitzenorganisation. Thüringen nach, der die früheren Äußerungen R.s noch unbekannt waren – die Kammer werde aber „die notwendigen Schritte zur berufsrechtlichen Überprüfung einleiten“. Nach gut einem halben Jahr erklärte eine Sprecherin, der Fall befände sich im Stadium eines berufsrechtlichen Ermittlungsverfahrens: Vorermittlungen seien abgeschlossen und es lägen Anhaltspunkte vor, die den Verdacht auf einen Verstoß gegen die Berufsordnung nahelegen.
Jetzt erklärte die Sprecherin, dass das Verfahren kurz vor dem Abschluss stände. Bei diesem sei die Frage, ob es sich bei MMS um ein Arzneimittel handelt. Jedoch regelt Paragraph 2 des Arzneimittelgesetzes, dass zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmte Stoffe, die zur Heilung oder Linderung von Krankheiten bestimmt sind, als Arzneimittel zu werten sind.
Was sagt die für den Wohnort zuständige Kreisverwaltung, bei der etwa bei Gefahr im Verzug auch das Jugend-, Gesundheits- oder Ordnungsamt eingreifen könnte? „Sowas habe ich noch nie gehört“, erklärt der Sachgebietsleiter im Jugendamt. „Wir wissen davon nichts.“ Nach Rücksprache mit der Leiterin des Gesundheitsamtes erklärte auch die Sprecherin des Landrats, „dass wir nicht zuständig sind und Ihre Anfragen nicht beantworten können“ – sie verwies wiederum allgemein auf die Ärztekammer. Kinder müssten außerdem „hauptsächlich von Eltern geschützt werden“, sagt die Sprecherin. Wenn diese nicht auf das Jugendamt zukämen, „können wir als Behörde nichts machen“.