Wenn es nach der Arbeitsgruppe Gesundheit der FDP-Bundestagsfraktion geht, wird der Berufsstand der HeilpraktikerHeilpraktiker Heilpraktiker*in ist ein Medizinberuf, der auf dem deutschen Heilpraktikergesetz (HPG) beruht. Es handelt sich um einen sogenannten freien Beruf, dem keine einheitliche Ausbildung zugrunde liegt. Weder eine medizinische Ausbildung noch eine berufsqualifizierende Fachprüfung sind dafür erforderlich. Folgende Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsfelder sind jedoch ausgeschlossen: Geburtshilfe, Geschlechtskrankheiten, meldepflichtige übertragbare Krankheiten, die Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die Verordnung von Betäubungsmitteln. In Österreich ist der Beruf verboten. abgeschafft. Dies verlangen sie in ein Positionspapier, das MedWatch exklusiv vorliegt.
Zwar sei es im Sinne der Privatautonomie jedem selbst überlassen, welche Dienstleistungen er kostenpflichtig in Anspruch nehmen möchte, heißt es dort: Unter der Voraussetzung einer hinreichenden Informationsversorgung seien mündige Patienten in der Lage, über ihre eigene Gesundheit zu disponieren – daher sei es zu respektieren, wenn Menschen Behandlungsmethoden in Anspruch nehmen möchten, deren Wirksamkeit wissenschaftlich unbelegt oder deren Unwirksamkeit sogar belegt ist. „Für uns ist jedoch ebenso klar, dass sich der Staat nicht zum Gehilfen für Verbrauchertäuschungen machen darf“, erklärt die Arbeitsgruppe.
„Die Krux ist, dass der Anschein erweckt wird, Heilpraktiker seien heilkundig – in Wahrheit sind sie nur darauf getestet, dass sie nicht gefährlich sind“, erklärt FDP-Gesundheitspolitikerin Katrin Helling-Plahr. Die Fachanwältin für Medizinrecht hat die Stellungnahme mit vorangetrieben. Ihrer Ansicht nach ist nicht ausreichend sichergestellt, dass die von Heilpraktikern vorgenommenen Behandlungen tatsächlich „Heilung“ ermöglichen.
Einschränkungen für Heilpraktiker seien nicht ausreichend
Um die entsprechende Erlaubnis zu erhalten, müssten Heilpraktiker lediglich eine Prüfung ablegen, die sicherstellen soll, dass von ihren Tätigkeiten keine Gefahren ausgehen. „Dies ist ein Widerspruch zwischen staatlich gesetztem Schein und der Realität“, heißt es im Positionspapier. Da Heilpraktiker anders als approbierte Ärzte vor allem in ihrer Wirksamkeit nicht wissenschaftlich belegte Methoden anwendeten, könne es ein Handeln „lege artis“ der Logik nach nicht geben. Mangels wissenschaftlicher Grundlagen der Tätigkeit könne es daher auch keine fundierte Ausbildung geben.
Wollte man den „Heilpraktiker“ in seiner jetzigen Form beibehalten, wäre es allenfalls möglich, Risikominimierung zu betreiben, heißt es in dem Papier. „Denkbar wäre, den Handlungsspielraum für Heilpraktiker gesetzlich so weit einzuschränken, dass beispielsweise invasive Behandlungen nicht mehr möglich wären.“ Allerdings würde dies die Gefahr von Diagnose- und Befunderhebungsfehlern nicht verringern. „Daher sind wir der Auffassung, dass es im Sinne der PatientensicherheitPatientensicherheit Die Patientensicherheit ist ein wichtiger Punkt im Rahmen des Gesundheitswesens und kann als Abwesenheit unerwünschter Ereignisse definiert werden. Damit sind Ereignisse gemeint, die auf der Behandlung an sich beruhen und nicht auf der Erkrankung der Patient*innen. In Deutschland fallen Aufgaben und Maßnahmen der Patientensicherheit in den Zuständigkeitsbereich der Selbstverwaltung der Ärztekammern. 2005 kam es zudem zur Gründung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit e.V. (APS) unterstützt durch das BMG. Bezüglich der Patientensicherheit existieren gesetzlich verankerte Qualitäts- und Sicherheitsvorgaben (z.B. Arzneimittel- und Medizinproduktegesetz, Infektionsschutzgesetz) sowie Verpflichtungen zur Qualitätssicherung (z.B. gemäß SGB V). Mit den Maßnahmen soll Behandlungsfehler vorgebeugt sowie eine Fehlervermeidungskultur gefördert werden. letztendlich geboten ist, die Erlaubnis zur Bezeichnung als ‚Heilpraktiker‘ mittelfristig auslaufen zu lassen“, erklären die FDP-Gesundheitspolitiker.
Um bereits tätigen Heilpraktikern nicht ihre Lebensgrundlage zu entziehen, sprechen sie sich jedoch für einen Bestandsschutz aus. Ein Auslaufen der Möglichkeit, eine Heilpraktikererlaubnis zu erlangen, bedeute jedoch nicht, dass das gegenwärtig bestehende alternativ- und komplementärmedizinische Angebot ersatzlos entfallen muss, erklärt die Arbeitsgruppe. „Es ist aus unserer Sicht entscheidend, dass ausschließlich wissenschaftlich-fundiert ausgebildete Ärzte staatlich gelabelt ‚Heilkunde‘ betreiben dürfen.“
SpahnSpahn Spahn, Jens; Bankkaufmann und Politologe, war 2018 bis 2021 Bundesminister für Gesundheit. Seit 2002 ist er Mitglied des Bundestages. will nur Herstellung von Arzneimitteln durch Heilpraktiker einschränken
Wegen dreier tragischer Todesfälle muss sich ein Heilpraktiker aus Brüggen-Bracht derzeit vor Gericht verantworten: Er hat den Patienten laut Anklage Überdosen eines nicht zugelassenen Arzneimittels als Infusion gegeben, das er selbst hergestellt hat. Das BundesgesundheitsministeriumBundesgesundheitsministerium Das Bundesgesundheitsministerium, oder auch Bundesministerium für Gesundheit, erarbeitet Gesetzesentwürfe, Rechtsverordnungen sowie Verwaltungsvorschriften. Zu seinen Aufgaben gehört es die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung zu erhalten, zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ist zuständig für die Reform des Gesundheitssystems. Wichtige Punkte sind zudem die Bereiche Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Biomedizin. Auch kümmert es sich und die Rahmenvorschriften für Herstellung, klinische Prüfung, Zulassung, Vertriebswege und Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie um die Sicherheit biologischer Arzneimittel wie Blutprodukte. Berufsgesetze für die Zulassung zu den bundesrechtlich geregelten Heil- und Gesundheitsberufen gehören ebenso zu seinem Aufgabenspektrum. hatte unter dem früheren Minister Hermann Gröhe eine Vereinheitlichung von Überprüfungsleitlinien verabschiedet. Noch kürzlich hatte es erklärt, abwarten zu wollen, ob dies den PatientenschutzPatientenschutz Der Patientenschutz wird auf verschiedenen Ebenen erwirkt. Wichtig zu wissen ist, dass Patient*innen mit ihren Behandler*innen in ein Vertragsverhältnis treten. Dieser Behandlungsvertrag besagt, dass der Behandler (Ärzt*in, Physiotherapeut*in…) seine Patienten und Patientinnen bestmöglich und nach neuestem wissenschaftlichem Standard behandelt. Dafür existieren in Deutschland Gesetzte und Regelwerke. Darin finden sich bezüglich des Patientenschutzes u.a. Rechte der Patient*innen bei Behandlungs- oder Kunstfehlern, das Recht auf Akteneinsicht, Hinweise zum Datenschutz und Vorgaben zur ärztlichen Schweigepflicht. Es ist zu beachten, dass die Beziehung zwischen einem Behandler und seinen Patient*innen zumeist nicht äquivalent ist. Es existiert ein Gefälle von der behandelnden hin zur behandelten Person. Zudem werden enge Verhältnisse erzeugt, die den Schutz der Patienten gewährleisten müssen.So vertritt z.B. die Deutsche Stiftung Patientenschutz die Interessen schwerstkranker, pflegebedürftiger und sterbender Menschen. Dafür hat sie u.a. ein bundesweites kostenfreies Patientenschutztelefon eingerichtet und engagiert sich für eine selbstbestimmte Sterbebegleitung. Die Schiedsstelle Patientenverfügung bietet zudem jedem kostenfreie Unterstützung bei Konflikten rund um die Patientenverfügung. Auch bietet sie ein Anwaltsberatungsnetz an.Die Patientenvertretung des G-BA möchte die Interessen von Patient*innen in die Politik und den G-BA einbringen und so für eine Verbesserung von Patientensicherheit und patientenorientierter Patientenversorgung sorgen. Dazu gehören u.a. eine patientenorientierte Qualitätssicherung, der gleichberechtigte Zugang für Jedermann, Barrierefreiheit und Inklusion. Auch eine unabhängige Forschung zählt hier mit rein. Der Deutsche Behindertenrat (DBR), die BundesArbeitsGemeinschaft der PatientInnenstellen (BAGP), die deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. sowie die Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. haben diesbezüglich im G-BA –Mitberatungs- und Antragsrechte, jedoch kein Stimmrecht. ausreichend verbessert.
Am Freitag kündigte Gröhes Nachfolger Jens Spahn gegenüber der Süddeutschen Zeitung einen weiteren Schritt an. „Patienten müssen sicher sein können, dass ihnen ArzneimittelArzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die angewandt werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Es kann sich hierbei ebenfalls um Mittel handeln, die dafür sorgen, dass Krankheiten oder Beschwerden gar nicht erst auftreten. Die Definition beinhaltet ebenso Substanzen, die der Diagnose einer Krankheit nutzen oder seelische Zustände beeinflussen. Die Mittel können dabei im Körper oder auch am Körper wirken. Das gilt sowohl für die Anwendung beim Menschen als auch beim Tier. Die gesetzliche Definition von Arzneimitteln ist im § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) enthalten. nicht schaden“, erklärte er. Deshalb werde die Bundesregierung einerseits die Herstellung, den Verkauf und die Anwendung von sogenannten „Frischzellen“ verbieten: Hierbei handelt es sich um einen Zellbrei, der aus Lammföten hergestellt wird und angeblich allerlei Krankheiten soll, während Gesundheitsbehörden vor fehlender Wirkung und schweren Nebenwirkungen warnen. Andererseits sollen verschreibungspflichtige Arzneimittel künftig „nur noch im Ausnahmefall“ von Heilpraktikern hergestellt werden dürfen, sagte Spahn.
Während eigentlich nur Ärzte rezeptpflichtige Medikamente verschreiben dürfen, gestattet das Arzneimittelgesetz (AMG) Heilpraktikern bislang die Verabreichung selbst hergestellter rezeptpflichtiger Arzneimittel. Die Herstellung müssen sie jedoch nach Paragraph 67 AMG der zuständigen Behörde anzeigen, sodass die Behörde notfalls die Herstellung untersagen kann. Spahns Gesetzesänderung würde aus der Anzeigepflicht praktisch eine Pflicht machen, zuvor eine Erlaubnis einzuholen.
Der Heilpraktiker aus Brüggen-Bracht hat laut Staatsanwaltschaft Krefeld gegen die Anzeigepflicht verstoßen, doch ist dies nicht strafbewehrt, sondern wird nur als Ordnungswidrigkeit geahndet. Auf Nachfrage von MedWatch ließ ein Sprecher Spahns offen, ob Verstöße gegen die angestrebte Erlaubnispflicht strafbewehrt werden soll, oder ob es nur Ordnungsgelder verhängen will: Der Gesetzentwurf werde derzeit noch erarbeitet. Rezeptfreie Arzneimittel sollen Heilpraktiker nach dem Willen des Bundesgesundheitsministers weiterhin herstellen können.
Helling-Plahr von der FDP reicht dies nicht. „Spahns Vorschlag ist zwar richtig, aber greift viel zu kurz“, sagt sie MedWatch. Auch seien Frischzellentherapien nur eines von vielen Problemen. „Wenn Spahn behauptet, durch ein Verbot die Patientensicherheit spürbar zu verbessern, ist das Augenwischerei“, erklärt die Gesundheitspolitikerin. Patienten, die Opfer von Diagnosefehlern oder Falschbehandlungen werden oder die mit anderen kuriosen Heilsversprechen gelockt werden, sei damit nicht gedient. „Wenn Spahn Patientensicherheit fördern möchte, soll er sich ehrlich machen und eine grundlegende Reform des Heilpraktikerwesens anstreben.“