Sie fragen, wir antworten: Zusammen mit der Berliner Zeitung und der Westdeutschen Zeitung beantworten wir die drängendsten offenen Punkte zu Covid-19Covid-19 COVID-19 ist ein Akronym für die englische Bezeichnung Coronavirus Disease 2019, was so viel wie Corona-Virus-Krankheit 2019 heißt. Sie wird von dem neuen Beta-Coronavirus SARS-CoV-2 und seinen Varianten ausgelöst. Eine Erkrankung mit COVID-19 äußert sich zumeist – ca. vier bis sechs Tage nach Infektion – relativ unspezifisch durch Husten, Schnupfen, Halsschmerzen und Fieber sowie Störungen des Geruchs- und/oder Geschmackssinns. Atemnot, Kopf- und Gliederschmerzen, allgemeine Schwäche oder auch Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall können hinzukommen. Die Symptome können je nach Virusvariante variieren. Auch schwere Verläufe mit Aufenthalten auf der Intensivstation bis hin zum Tod sind möglich.. Ein Leser wollte wissen: Stimmt es, dass Männer häufiger an CoronaCorona Mit Corona bezeichnet die Allgemeinbevölkerung zumeist SARS-CoV-2 (Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2). Es ist ein neues Beta-Coronavirus, welches zu Beginn des Jahres 2020 als Auslöser der Krankheit COVID-19 identifiziert wurde. Coronaviren waren schon vor 2020 altbekannt. In Menschen verursachen sie vorwiegend milde Erkältungskrankheiten (teils auch schwere Lungenentzündungen) und auch andere Wirte werden von ihnen befallen. SARS-CoV-2 hingegen verursacht wesentlich schwerere Krankheitsverläufe, mit Aufenthalten auf der Intensivstation bis hin zum Tod. Der Virusstamm entwickelte und entwickelt seit seiner Entdeckung verschiedene Virusvarianten, die in ihren Aminosäuren Austausche aufweisen, was zu unterschiedlichen Eigenschaften bezüglich ihrer Infektiosität und der Schwere eines Krankheitsverlaufes führt. Seit Dezember 2020 steht in Deutschland ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zur Verfügung. erkranken als Frauen?
Klar ist: Männer trifft Covid-19 schwerer als Frauen. Zu den Risikofaktoren für einen schweren Verlauf der Erkrankung zählt das Robert-Koch-Institut (RKIRKI Das RKI – Robert-Koch-Institut – ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Seine Kernaufgaben sind die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, insbesondere von Infektionskrankheiten. Das RKI wirkt bei der Entwicklung von Normen und Standards mit. Es informiert und berät die Fachöffentlichkeit, sowie die breite Öffentlichkeit.) ein höheres Alter, Rauchen, starkes Übergewicht und Vorerkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes. Gleich an zweiter Stelle der Risikofaktoren führt das Institut das männliche Geschlecht auf .
In einer aktuellen Zusammenfassung des RKI und des statistischen Bundesamts über vorläufige Erkenntnisse zum Thema scheint es für manche dieser Faktoren jedoch noch keine belastbaren wissenschaftlichen Beweise zu geben. So konnten die Forscher bislang keine Hinweise für eine höhere Infektionsrate bei Rauchern und Raucherinnen feststellen.
Die Beweislage für eine unterschiedliche Sterblichkeit bei Männern und Frauen ist durchaus vorhanden: Männer leiden unter schwereren Verläufen, müssen häufiger auf die Intensivstation und sterben öfter an Covid-19. Dabei infizieren sich die Geschlechter in etwa gleich häufig: In der Kalenderwoche 42 meldete das RKI 40.934 Infizierte. Davon waren 51 Prozent Männer und 49 Prozent Frauen – und so ähnlich verteilen sich die Infektionszahlen seit Monaten.
Frauen unter Hochbetagten in der Überzahl
Bei der Sterblichkeit aber gehen die Zahlen auseinander. Am 20. Oktober 2020 meldet der Lagebericht des RKI 9.831 an Covid-19 Verstorbene. Schlüsselt man diese Zahlen nach Geschlecht auf, so starben im Alter zwischen 30 und 59 Jahren 349 Männer und 132 Frauen – die Todesrate in dieser Altersgruppe liegt für Männer also mehr als zweieinhalb Mal so hoch. Im hohen Alter ab 90 scheint sich die Zahl umzukehren: Es starben 1158 über 90-jährige Frauen und 625 Männer. Als 90-Jährige werden Männer aber nicht plötzlich resistenter gegen das Virus. Diese Veränderung liegt daran, dass Frauen im Durchschnitt länger leben. Das bedeutet: Frauen sind unter Hochbetagten eindeutig in der Überzahl, weshalb die Sterberate dementsprechend höher ist.
Dies sind die Absolutzahlen. Doch wie sieht es aus in Bezug auf die Frage, welcher Anteil der Männer und Frauen, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben, versterben? Aus England stammt eine der größten Studien zur Sterblichkeit durch Covid-19. Hier bezogen die Forscher die Sterblichkeit auf alle Infektionen, nicht nur auf die gemeldeten Fälle. Die britischen Forscher führten an rund 100.000 zufällig ausgewählten Jugendlichen und Erwachsenen einen Antikörpertest durch und nahmen sie in die Analyse auf. Insgesamt errechneten die Forscher eine Infektionssterblichkeit von 0,9 Prozent. Auch hier lag bei Männern die Infektionssterblichkeit mit 1,07 Prozent deutlich höher als bei Frauen, bei denen der Wert 0,71 Prozent betrug.
Doch warum sind Männer stärker betroffen?
Die Gründe für diese Unterschiede sind offenbar sowohl sozialer als auch biologischer Natur. Vera Regitz-Zagrosek, Professorin für Gendermedizin an der Berliner Charité, hat im Mai gemeinsam mit Kollegen aus der Schweiz und den USA eine Studie über epidemiologische und klinische Daten zum Coronavirus veröffentlicht.1https://edoc.rki.de/handle/176904/6895
Daraus geht unter anderem hervor, dass sich das männliche Immunsystem grundsätzlich mit Viren schwerer tut. Dass der Schnupfen eines Mannes wie die Grippe einer Frau sei, ist also nicht nur ein Spruch. So haben Männer im Schnitt bei fast allen Virusinfektionen schwerere Verläufe. Die weibliche Immunantwort unterscheidet sich von der männlichen. Das liegt einerseits daran, dass das weibliche Sexualhormon Östrogen die Immunantwort der Frau steigert. Zusätzlich liegen viele Gene, die für das Immunsystem wichtig sind, auf dem X-Chromosom, von dem Frauen ja bekanntlich zwei besitzen, Männer nur eines. Evolutionsbiologen vermuten, dass sich das weibliche Immunsystem auch deshalb anders entwickelt hat, weil der Nachwuchs über die Muttermilch vor Infektionen geschützt werden muss und Frauen durch Infektionen, die bei Geburt erfolgen, insgesamt einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Auch bei früheren Epidemien wie MERS2https://applications.emro.who.int/docs/EMRPUB-CSR-241-2019-EN.pdf?ua=1&ua=1&ua=1 und SARS starben weniger Frauen als Männer.3https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/S/SARS/Klinik.html
Männer und Frauen reagieren unterschiedlich auf PandemiePandemie Pandemie bezeichnet eine globale Epidemie, eine zeitlich begrenzte und zugleich weltweit stattfindende Infektionskrankheit. Fehlende Grundimmunitäten gegen, z.B. neu mutierte, Bakterien- oder Virenstämme erhöhen Infektions- und Todesraten. Während einer Pandemie mit schweren Krankheitsverläufen sind Überlastungen von Gesundheitsversorgungsstrukturen und des öffentlichen Lebens schnell erreicht. Bekannte Beispiele für durch Viren hervorgerufene Pandemien sind HIV (seit den 80er Jahren), das Influenza-A-Virus (H1N1) von 2009 sowie Corona (seit 2019). Der weltweite Handel, eine globale Mobilität sowie immer weniger Rückzugsorte für andere Lebewesen begünstigen nicht nur die Entstehung von Infektionskrankheiten, sondern auch deren Ausbreitung. Die WHO kontrolliert in einem ständigen Prozess das Auftreten und die Verbreitung von Infektionskrankheiten, die potentiell epidemisch oder pandemisch werden könnten.
Doch die Hormone können nicht allein den Unterschied ausmachen. Denn der Schutz für Frauen scheint auch nicht nach der Menopause zu verschwinden, wenn der Östrogenspiegel niedrig ist. Auch in höherem Alter versterben Männer mit höherer Wahrscheinlichkeit als Frauen an Covid-19. Deshalb vermuten die Forscher, dass der Lebensstil ein weiterer Faktor ist. Eine durch jahrelanges Rauchen vorgeschädigte Lunge, Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bei all diesen Gebrechen liegen aktuell die Männer noch vorne. Allerdings ändert sich das langsam.
Und auch aus soziologischer Sicht gibt es Unterschiede: Eine Studie des Sozialwissenschaftlers Vincenzo Galasso, die im Fachmagazin PNAS veröffentlicht wurde, ergab etwa, dass Männer und Frauen unterschiedlich auf die Pandemie reagieren. Der Mailänder Forscher und sein Team haben im März mehr als 21.000 Menschen aus acht Ländern befragt – darunter Teilnehmer aus Frankreich, Deutschland, den USA und Neuseeland. Es zeigte sich, dass mehr Frauen das neuartige Coronavirus als ernstes Problem für die Gesundheit ansahen: 59 Prozent hielten Covid-19 als wichtig, dagegen nur 49 Prozent der Männer. Frauen stimmten demnach häufiger den mit der Pandemie verbundenen Maßnahmen zu: 88 Prozent stehen hier 83 Prozent bei den Männern gegenüber.
Sie können uns gerne auch Ihre Fragen an kontakt@medwatch.de schicken.
Das Projekt wird von der Robert-Bosch-Stiftung unterstützt.
- 1https://edoc.rki.de/handle/176904/6895
- 2https://applications.emro.who.int/docs/EMRPUB-CSR-241-2019-EN.pdf?ua=1&ua=1&ua=1
- 3https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/S/SARS/Klinik.html