„Ich glaube an die LichtnahrungLichtnahrung Das sehr gefährliche esoterische Konzept der Lichtnahrung beruht auf den Verzicht von Essen und Trinken über einen langen Zeitraum sowie auf der Behauptung, dass es möglich sei, sich ausschließlich von Licht zu ernähren. Lichtfasten wird auch als Bretharianism bezeichnet. Der Begriff des Lichtfastens wurde von der Australierin Ellen Greve etabliert. Sie propagiert, seit mehreren Jahren nach diesem Konzept zu leben. Es findet sich häufig der Begriff Prana, der die Lichtnahrung eher als Absorption metaphysischer Kraft erklärt und nicht den Konsum wirklichen, sichtbaren Lichtes meint. Buchpublikationen, Workshops und Filme sorgen für die Verbreitung des Themas. Der deutsche Chemiker Michael Werner ist prominenter Verfechter des Lichtfastens, hat sich dafür sogar tagelang von Wissenschaftlern beim Nichtessen beobachten lassen. Seine Behauptungen wurden in diesem Zusammenhang als Scharlatanerie entlarvt. Wissenschaftliche Beweise können für das Lichtfasten nicht erbracht werden. Aus medizinischer Sicht ist es unmöglich für den menschlichen Körper über einen längeren Zeitraum ohne Nahrung auszukommen. Ganz im Gegenteil, vor dem Lichtfasten ist ausdrücklich abzuraten, denn bereits nach drei Tagen ohne feste und flüssige Nahrung steigt das Risiko einer tödlichen Dehydratation massiv an.“: Anhänger des esoterischen Konzepts behaupten, dass Menschen sich allein von Licht ernähren und auf materielle Nahrung verzichten können. Obwohl aufgrund der Diäten immer wieder Todesfälle auftreten, propagieren manche Anhänger das Konzept weiter – erst kürzlich fand ein deutschsprachiger Online-Kongress zur „Lichtnahrung“ statt, der auf Facebook beworben wurde und rund 6.000 Teilnehmer gehabt haben soll. „Es können auch Spontanheilungen geschehen“, schreibt die Organisatorin auf ihrer Homepage. „Ich bin hier, um Dich zurück zu Deiner Quelle zu begleiten, Dich von Innen genährt und erfüllt zu erleben.“
Ein Hamburger hat offenbar den Glauben an das esoterische Konzept mit dem Tode bezahlt, berichtet der NDR in einer Dokumentation der Autoren Christian Deker und Hristio Boytchev, die am heutigen Dienstag um 21:15 Uhr ausgestrahlt wird. Er hatte – wie auch eine gleichfalls verstorbene Schweizerin – einen österreichischen Film gesehen, der 2010 in die Kinos kam und 2013 zu bester Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Sender ORF eins ausgestrahlt wurde: „Am Anfang war das Licht“, heißt er. „Ich glaube an die Lichtnahrung. Die Fähigkeit, ohne physische Nahrung gesünder, besser und energetischer zu leben“, schrieb der Hamburger laut NDRNDR NDR – Norddeutsche Rundfunkanstalt – produziert Inhalte für das Fernsehen, den Hörfunk sowie Online mit Sitz in Hamburg (Lokstedt). Der NDR ist eine gemeinsame Landesrundfunkanstalt der Länder Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen sowie Schleswig-Holstein. an seine Mutter. „Und es gibt tausende Menschen, die das schon vorleben. Siehe: ‚Am Anfang war das Licht.‘“
Heute neue Reportage! Um 21:15 im NDR-Fernsehen und ab 17:00 bei @STRG_F. Gemeinsam mit @hristio, Claudia Qualmann, @zztriw, Dietmar Schiffermüller uvm. #lichtnahrung pic.twitter.com/4vcEIWm5Mt
— Christian Deker (@ChristianDeker) 12. März 2019
Im November 2017 wurde der 22-Jährige auf der karibischen Insel Dominica gefunden – noch atmend, doch kurz darauf starb er. Die oberste Staatsanwältin von Dominica bestätigte laut NDR, dass der Hamburger vorher gefastet habe und dass dies die wahrscheinliche Todesursache sei. Diese muss noch in einem Gerichtsverfahren offiziell festgestellt werden.
2010: „Es dürfte aufgrund dieses Filmes weitere Todesfälle geben“
Der Film „Am Anfang war das Licht“ wurde 2011 mit dem Negativpreis „Goldenes Brett“ ausgezeichnet: In ihm warnen Protagonisten teils zwar auch vor tödlichen Gefahren der vermeintlichen „Lichtnahrung“ – gleichzeitig werden vermeintlich wissenschaftlich Versuche angeführt, das Konzept zu erklären. „Es gibt Menschen, die nicht essen müssen. Glauben Sie das?“, heißt es im Trailer zum Film, der auch generell behauptet, der „Geist“ sei imstande, „Effekte hervorzurufen“. Begleitend zum Film hatten auch andere Medien berichtet, dass einige Menschen sich angeblich von Licht ernähren würden. „Es dürfte aufgrund dieses Filmes weitere Todesfälle geben“, sagte der Physiker und frühere Präsident der Gesellschaft für Kritisches Denken Heinz Oberhummer im Jahr 2010 bei einer Sendung von „Maischberger“, das Filmmagazin EPD Film stellte „manipulative Tendenzen“ fest. Warum hat der Regisseur Peter-Arthur Straubinger das Thema überhaupt aufgegriffen? „Weil es wissenschaftlich faszinierend ist“, sagte er 2010 im ORF.
Auf Anfrage des NDR teilte der Regisseur nun mit, der Tod des Mannes sei für ihn nicht nachvollziehbar. Vielleicht sei die Ursache eher in dessen Drogenkonsum und einer damit verbundenen Psychose zu finden, erklärte Straubinger laut dem Sender. Der Ende 2017 auf Dominica verstorbene Hamburger war laut seinen Eltern 2015 für zwei Wochen in stationärer psychiatrischer Behandlung. Im Falle der verhungerten Schweizerin habe der zuständige Staatsanwalt erklärt, dass keine Dritten für den Tod verantwortlich gemacht werden können, betonte Straubinger gegenüber dem „Tagesanzeiger“. Der ORF erklärte auf Nachfrage des NDR, Generaldirektor Alexander Wrabetz habe sich von dem Dokumentarfilm distanziert: Laut einem Bericht der Tageszeitung „Der Standard“ hat er gesagt, dass der Film „inhaltlicher Schwachsinn“ sei – der ORF habe versucht, dies in einer anschließenden Fernsehdiskussion herauszuarbeiten.
„Wir halten die Methode für sehr gefährlich“
Anhänger propagieren Konzepte rund um die „Lichtnahrung“ trotz der Gesundheitsgefahren – so die Betreiberin des Online-Kongresses, die hiermit offenbar erhebliche Einnahmen erzielt. „Der Kongress ist eine wunderbare Gelegenheit, die Tatsache von Licht-, Prana- und Qi-Nahrung (Bi Gu Fu Qi) weiter zu verbreiten und einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen“, erklären Referentinnen des Kongresses auf dessen Homepage. „Wir sind sehr dankbar für dein Engagement und bieten bereits jetzt unsere Mithilfe für dein nächstes Projekt zur Unterstützung für Kinder und Jugendliche an“, schreiben sie an die Organisatorin gerichtet. „Unsere Kinder sind unsere Zukunft und wenn sie mit dieser neuen Energie aufwachsen, wird die Erde einen großen Schritt in ihrer Entwicklung machen können.“
„Die Lichtnahrung ist eine gefährliche esoterische Ernährungsform“, erklärte Sabine Riede von der Beratungsstelle „Sekteninfo NRW“ gegenüber dem NDR. Nachdem die Methode einige Jahre um die Jahrtausendwende viel Leid verursacht und für Aufklärungsbedarf gesorgt habe, sei sie danach zunächst in den Hintergrund gerückt. Doch besonders seit der Ausstrahlung von „Am Anfang war das Licht“ sei das Konzept wieder beliebter geworden. „Wir halten die Methode für sehr gefährlich, weil beim vollständigen Verzicht auf feste und flüssige Nahrung bereits ab dem dritten Tag das Risiko einer tödlichen Dehydratation steigt“, erklärt Riede. Bei Kindern müsse sofort das Jugendamt informiert werden.
Ausstrahlung
- Dienstag, 12. März 2019, 21:15 Uhr
- Donnerstag, 14. März 2019, 02:05 Uhr